19 Minuten
in ihrer Kehle anschwoll.
Hölzern stakste Lacy auf den erstbesten Polizisten zu. »Ich suche meinen Sohn«, sagte sie.
»Lady, da sind Sie nicht die Einzige. Wir tun, was wir können-«
Lacy holte tief Luft, als ahnte sie, dass von diesem Augenblick an alles anders sein würde. »Er heißt«, sagte sie, »Peter Houghton.«
Alex geriet mit einem Absatz in einen Spalt auf dem Gehweg und schlug hart auf ein Knie. Sie rappelte sich hoch, packte den Arm einer Mutter, die an ihr vorbeihetzte. »Die Namen der Verletzten ... wo find ich die?«
»In der Eishockeyhalle hängt eine Liste.«
Alex eilte über die Straße, die inzwischen abgesperrt war, um den Bereich für die Rettungswagen freizuhalten. Als sie mit ihren Pumps nicht schnell genug weiterkam, streifte sie sie kurzerhand von den Füßen und lief auf Strümpfen über das nasse Pflaster.
Die Eishockeyhalle, die sich die Teams von der Sterling Highschool und vom College teilten, lag fünf Minuten zu Fuß von der Schule entfernt. Alex war nach nur zwei Minuten da und wurde sogleich von der Menge besorgter Eltern mitgerissen, die alle zum Eingang drängten, wo die handgeschriebenen Listen mit den Namen der Opfer ausgehängt waren, die man in umliegende Krankenhäuser gebracht hatte. Es gab keine Informationen, ob sie schwer verletzt waren... oder Schlimmeres. Alex las die ersten drei Namen: Whitaker Obermeyer. Kaitlyn Harvey. Matthew Royston.
Matt?
»Nein«, stammelte eine Frau neben ihr. Sie war zierlich, hatte die dunklen huschenden Augen eines Vogels und rotes Haar. »Nein«, wiederholte sie, und Tränen liefen ihr über die Wangen.
Alex starrte sie an, unfähig, Trost zu spenden, dafür hatte sie selbst viel zu furchtbare Angst. Plötzlich wurde sie von der drängenden Menge unsanft zur Seite geschoben, auf einmal stand sie vor einer Liste mit den Verletzten, die ins Dartmouth-Hitchcock Medical Center gebracht worden waren.
Alexis, Emma.
Horuka, Min.
Pryce, Brady.
Cormier, Josephine.
Alex spürte ihre Beine nicht mehr. Das dichte Gedränge ängstlicher Eltern hielt sie aufrecht. »Verzeihung«, murmelte sie und überließ ihren Platz einer anderen panischen Mutter. Sie kämpfte sich durch das Gewühl. »Verzeihung«, sagte Alex erneut, ein Wort, das keine höfliche Floskel mehr war, sondern eine Bitte um Absolution.
»Captain«, sagte der Sergeant am Empfang, als Patrick ins Präsidium kam, und schielte zu der Frau hinüber, die auf der anderen Seite des Raumes wartete. »Das ist sie.«
Patrick drehte sich um. Peter Houghtons Mutter war klein und hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit ihrem Sohn. Sie hatte dichte, dunkle Locken, die sie auf dem Kopf zusammengedreht und festgesteckt hatte. Sie trug eine Krankenhausmontur und ein Paar Clogs. Er fragte sich kurz, ob sie Ärztin war, und dachte, wie makaber das wäre.
Sie sah nicht aus wie ein Mensch, der ein Monster herangezüchtet hatte, und Patrick war durchaus klar, dass die Wahnsinnstat ihres Sohnes sie wahrscheinlich genauso unvorbereitet getroffen hatte wie den Rest der Stadt. »Mrs. Houghton?«
»Ich möchte zu meinem Sohn.«
»Das geht leider nicht«, erwiderte Patrick. »Er wurde festgenommen.«
»Er bekommt einen Anwalt.«
»Ihr Sohn ist siebzehn - also nach dem Gesetz ein Erwachsener. Das bedeutet, er muss selbst darauf bestehen, sich von einem Anwalt vertreten zu lassen.«
»Aber vielleicht weiß er nicht...«, sagte sie mit zittriger Stimme. »Vielleicht weiß er nicht, was er tun muss.«
Diese Frau war gleichfalls ein Opfer der Tat ihres Sohnes, wenn auch auf andere Weise. Patrick hatte schon mit vielen Eltern von jugendlichen Straftätern gesprochen, und nie hatte sich ein Elternteil von seinem Kind abgewandt. »Ma'am, wir sind selbst noch dabei herauszufinden, was heute passiert ist. Und ehrlich gesagt, ich hoffe, dass Sie bereit sind, später mit mir zu sprechen - damit ich besser verstehen kann, was in Peter vor sich gegangen ist.« Er zögerte und fügte dann hinzu: »Es tut mir sehr leid.«
Patrick ging weiter, schloss die Tür zum nicht öffentlichen Teil des Präsidiums auf und eilte die Treppe zu den Arrestzellen hinauf. Peter Houghton saß auf dem Boden, den Rücken an die Gitterstäbe gelehnt, und wiegte sich langsam vor und zurück.
»Peter«, sagte Patrick. »Soweit alles in Ordnung?«
Langsam drehte der Junge den Kopf. Er starrte Patrick an.
»Erinnerst du dich an mich?«
Peter nickte.
»Möchtest du eine Tasse Kaffee oder so?«
Ein Zögern, dann nickte
Weitere Kostenlose Bücher