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Titel: 19 Minuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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an der Küste.
    »Wieso sind Sie schon auf?«, fragte Alex. »Golfrunde vor dem Frühstück?«
    »Nein, der Gärtner macht so einen Lärm. Was verpass ich denn so?«
    »Eigentlich nichts. Außer dass das Büro ohne Sie nicht mehr dasselbe ist. Es fehlt eine ... gewisse Energie.«
    »Energie? Sie sind doch wohl nicht auf den New-Age-Esoteriktrip geraten, AI?«
    Alex grinste. »Nein —«
    »Gut. Ich rufe nämlich aus einem bestimmten Grund an: Ich hab einen Job für Sie.«
    »Ich hab schon einen. Mit so viel Arbeit, dass es locker für zwei reichen würde.«
    »Drei Bezirksgerichte haben im Anwaltsblatt eine Stelle ausgeschrieben. Sie sollten sich drauf bewerben, Alex.«
    »Um Richterin zu werden?« Sie lachte auf.
    »Sie wären eine gute Richterin, Alex. Sie sind entscheidungsfreudig, Sie sind ausgeglichen. Sie lassen sich in Ihrer Arbeit nicht durch Emotionen beeinflussen. Sie kennen die Perspektive der Verteidigung, können sich in beide Parteien eines Prozesses hineinversetzen. Und Sie waren schon immer eine ausgezeichnete Prozessanwältin.«
    »Danke für Ihr Vertrauen«, sagte Alex, »aber ich bin absolut nicht die Richtige für den Job.«
    Das wusste sie, weil ihr Vater Richter am Kammergericht gewesen war. Und sie war nicht wie er, hatte ihn immer nur gestört.
    Alex' Piepser vibrierte erneut. »Ich muss jetzt leider zu einem Gerichtstermin.«
    »Richter haben regelmäßige Arbeitsstunden«, schob Whit hinterher. »Wann kommt Josie immer aus der Schule?« »Whit -«
    »Denken Sie drüber nach«, sagte er und legte auf.
    »Peter«, seufzte seine Mutter, »das kann doch nicht sein, dass du sie schon wieder verloren hast.« Sie ging zum Schrank und fischte eine braune Lunchtüte heraus, während sein Vater sich eine Tasse Kaffee eingoss.
    Peter konnte diese Tüten nicht ausstehen. Die Banane passte nie ganz rein, und das Sandwich wurde immer zerquetscht.
    »Was hat er denn verloren?«, fragte sein Vater.
    »Seine Lunchdose. Das dritte Mal in diesem Monat.« Seine Mutter füllte die braune Tüte - Obst und Saftpackung unten, Sandwich oben drauf. Sie blickte Peter an, der nicht frühstückte, sondern seine Papierserviette mit einem Messer bearbeitete. »Wenn du trödelst, verpasst du noch den Bus.«
    »Du musst langsam lernen, Verantwortung für deine Sachen zu übernehmen«, sagte sein Vater.
    Wenn sein Vater sprach, hatte Peter immer für einen Augenblick das Gefühl, Qualm vernebele den Raum.
    »Herrje, Lewis, er ist fünf.«
    »Ich kann mich nicht erinnern, dass Joey seine Lunchdose in den ersten vier Schulwochen gleich dreimal verloren hat.«
    Manchmal schaute Peter zu, wenn sein Vater mit Joey im Garten Fußball spielte. Ihre Beine stampften wie Kolben - vorwärts, rückwärts, vorwärts - als würden sie mit dem Ball zwischen ihnen tanzen. Wenn Peter mitspielte, ging immer alles daneben. Beim letzten Mal hatte er ein Eigentor geschossen.
    Er sah zu seinen Eltern hoch. »Ich bin nicht Joey«, sagte er, und obwohl keiner etwas erwiderte, konnte er die Antwort hören: Das wissen wir.
    »Alex!« Ihre Sekretärin stand in der offenen Tür. »Die Schule Ihrer Tochter hat angerufen, Josie musste zur Schulleiterin kommen.«
    Josie? Ärger in der Schule? »Weshalb denn das?«, fragte Alex.
    »Sie hat einen Jungen auf dem Schulhof verprügelt.«
    Alex eilte zu ihrem Wagen. »Sagen Sie denen, ich bin unterwegs.«
    Eine gute Stunde später, auf der Fahrt nach Hause, warf Alex immer wieder verstohlene Blicke auf ihre Tochter im Rückspiegel. Josies Khakihose war völlig verdreckt. Ihr Pferdeschwanz hatte sich aufgelöst, ihr Pullover hatte ein Loch am Ellbogen und ihre Lippe blutete noch immer. Und-was das Erstaunliche war-sie war noch in einem besseren Zustand als der Junge, mit dem sie sich angelegt hatte.
    Zu Hause angekommen, führte Alex ihre Tochter gleich nach oben ins Badezimmer und verarztete sie. Dann setzte sie sich vor Josie auf den Boden und sagte: »Also, was war los?«
    Josies Unterlippe zitterte, und dann fing sie an zu weinen. »Es ist wegen Peter«, sagte sie. »Drew ärgert ihn dauernd und tut ihm weh, und heute wollte ich, dass es mal umgekehrt ist.«
    »Gibt's denn keine Pausenaufsicht?«
    »Doch, eine Lehrerin.«
    »Der hättest du doch sagen können, das Peter gepiesackt wird. Wenn du Drew verprügelst, bist du eigentlich nicht besser als er.«
    »Wir sind ja zu der Lehrerin gegangen«, erwiderte Josie. »Sie hat zu Drew und den anderen gesagt, sie sollen Peter in Ruhe lassen, aber die hören gar

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