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Einzelheiten«, sagte sie. »Näheres von Ann Curry. Ann?«
Die Nachrichtensprecherin am Nachbarpult nickte. »Inzwischen steht fest, dass der Täter vier Waffen bei sich hatte, aber nur zwei davon benutzte. Außerdem verdichten sich die Hinweise darauf, dass Peter Houghton, der mutmaßliche Täter, glühender Fan einer Hardrock-Punkband namens Death Wish ist, häufig Fanwebseiten besuchte und sich die Texte auf den PC heruntergeladen hatte. Die Texte der Band geben im Rückblick Anlass zu der besorgten Frage, wie sie sich auf Jugendliche auswirken können.«
Der grüne Bildschirm hinter ihrer Schulter füllte sich mit Text:
Black snow falling
Stone corpse Walking
Bastards laughing
Gonna blow them all away, on my Judgement Day.
Bastards don 't see
The bloody beast in me
The reaper rides for free
Gonna blow them all away, on my Judgement Day.
»Der Death-Wish-Song >Judgement Day<, also >Jüngster Tags und besonders die Zeile, >Ich knall sie alle ab, an meinem Jüngsten Tags hat durch den Amoklauf in Sterling, New Hampshire, gestern Morgen erschreckend reale Formen angenommen«, sagte Curry. »Der Leadsänger der Band, Raven Napalm, gab gestern Abend eine Pressekonferenz.«
Auf dem Bildschirm erschien ein Mann mit schwarzem Irokesenschnitt, goldenem Lidschatten und fünf Piercingringen durch die Unterlippe vor einer Reihe von Mikrofonen. »Wir leben in einem Land, das junge Amerikaner nach Übersee schickt, damit sie für Ol sterben und Menschen töten. Aber wenn ein einziges, verwirrtes Kind, das nicht sehen kann, wie schön das Leben ist, aus Wut in einer Schule ein Massaker anrichtet, zeigen alle gleich mit dem Finger auf die Heavy-Metal-Musik. Das Problem sind nicht die Rockmusik-Texte, das Problem ist die Gesellschaft selbst.«
Ann Currys Gesicht wurde wieder eingeblendet. »Wir halten Sie natürlich über die Tragödie in Sterling weiter auf dem Laufenden. Jetzt zu den bundesweiten Meldungen. Der Senat lehnte letzten Mittwoch den Antrag auf ein Waffenkontrollgesetz ab, doch für Senator Roman Nelson ist der Kampf noch längst nicht ausgefochten. Wir schalten zu einem Gespräch mit ihm nach South Dakota. Senator?«
Peter meinte, die ganze Nacht kein Auge zugetan zu haben, aber er hatte nicht mitbekommen, wie der Aufseher sich seiner Zelle genähert hatte. Er erschrak beim Geräusch der sich öffnenden Metalltür.
»Da«, sagte der Mann und warf Peter etwas hin. »Anziehen.«
Er wusste, dass er heute dem Haftrichter vorgeführt werden sollte. Jordan McAfee hatte es ihm erzählt. Wahrscheinlich war es ein Anzug oder so. Trugen nicht alle, die vor Gericht erscheinen mussten, einen Anzug? Selbst wenn sie direkt aus dem Knast kamen? Das hatte ihn schon immer gewundert.
Aber es war kein Anzug. Es war eine kugelsichere Weste.
Als Jordan zu der Wartezelle unter dem Gerichtssaal kam, lag sein Mandant ausgestreckt auf dem Boden, einen Arm über die Augen gelegt. Peter trug eine kugelsichere Weste. Keine Frage, manch einer auf den überfüllten Zuschauerrängen im Saal würde ihn am liebsten töten. »Guten Morgen«, sagte Jordan, und Peter setzte sich auf.
»Oder auch nicht«, murmelte er.
Jordan erwiderte nichts. Er beugte sich näher zu den Gitterstäben. »Hör gut zu. Du wirst in zehn Fällen wegen Mordes und in neunzehn Fällen wegen versuchten Mordes angeklagt. Ich verzichte auf die Verlesung der einzelnen Anklagepunkte - die sprechen wir später zusammen durch. Wir gehen da jetzt rein und plädieren auf nicht schuldig. Dabei sagst du kein einziges Wort. Wenn du Fragen hast, flüsterst du sie mir zu. Du bist in der nächsten Stunde praktisch stumm. Verstanden?«
Peter starrte ihn an. »Alles klar«, sagte er düster. Jordan sah, dass die Hände seines Mandanten zitterten.
Aus der Liste mit den in Peter Houghtons Zimmer sichergestellten Gegenständen:
1. Laptop der Marke Dell
2. Computerspiele: Doom 3, Grand Theft Auto: Vice City
3. Drei Poster von Waffenherstellern
4. Diverse Rohrstücke
5. Bücher: Der Fänger im Roggen, Salinger; Vom Kriege, Clausewitz; Comic-Romane von Frank Miller und Neil Gaiman
6. DVD - Bowling for Columbine
7. Ein Schuljahrbuch, diverse Gesichter mit schwarzem Text-marker umkringelt. Ein umkringeltes Gesicht durchgestrichen, unter dem Foto die Worte LEBEN LASSEN. Name der Schülerin: Josie Cormier
Das Mädchen sprach mit leiser Stimme in das Mikro, das an einem Galgen über ihrem Kopf hing. »Mr. McCabe hat immer in der Nachbarklasse unterrichtet, wenn wir
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