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1976 - Das Jesus-Papier

1976 - Das Jesus-Papier

Titel: 1976 - Das Jesus-Papier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Beweismaterial neu ordnen, sich eine zweite Aussage besorgen; es war sinnlos, nur mit einer Namensliste zum Generaladjutanten zu gehen.
    Es war nicht sinnlos. Dies war der richtige Augenblick, das Militär zu konfrontieren und eine sofortige Untersuchung zu fordern. Ein Mann war ermordet worden und das Beweismaterial, das er bei sich trug, vom Schauplatz seines Todes entfernt worden. Und dieses Beweismaterial war die Anklageschrift gegen das Eye Corps. Hier sind die Namen! Dies ist der Inhalt der Aussage!
    Und jetzt unternehmen Sie etwas!
    Aber das konnte er nicht tun. Der Name seines Bruders stand ganz oben auf der Liste. Jetzt die Vorladung zu überbringen, hieß, seinen Bruder unter Mordanklage zu stellen. Es gab keinen anderen Schluß. Andrew war sein Bruder, sein Zwillingsbruder, und er war nicht bereit, ihn einen Mörder zu nennen.
    Adrian verließ die Telefonzelle und ging die Straße hinunter zu seinem Hotel. An drew befand sich auf dem Rückweg aus Saigon. Er hatte das Land am letzten Montag verlassen. Es gehörte nicht viel Fantasie dazu, um sich den Grund dafür auszumalen. Sein Bruder war nicht dumm. Andrew baute seine Verteidigung am Ursprung seiner Verbrechen auf. Verbrechen, zu denen Verschwörung, Unterschlagung von Beweismaterial und Behinderung der Justiz gehörten. Motive: kompliziert und nicht ohne Substanz und dennoch Verbrechen.
    Aber nicht ein nächtlicher Mord in einer Straße von Washington.
    Selbst jetzt belog er sich selbst. Oder, um es barmherzig auszudrücken, weigerte sich, den Möglichkeiten ins Auge zu sehen. Komm schon! Sag es doch, denk es!
    Das Wahrscheinliche.
    In Washington gab es ein achtes Mitglied des Eye Corps. Wer auch immer jener Mann war, er war Nevins' Mörder. Und Nevins' Mörder konnte nicht ohne das Wissen gehandelt haben, das der Bruder dem Bruder in einem Bootshaus am North Shore von Long Island gegeben hatte.
    Wenn Andrews Maschine landete, würde er erfahren, daß die Vorladung nicht überbracht worden war. Das Eye Corps war noch eine Weile intakt, war frei, zu manövrieren und zu manipulieren.
    Aber eines gab es, das es aufhalten würde. Es sofort aufhalten und gleichzeitig dazu führen würde, daß sich eine Gruppe verängstigter Anwälte neu formierte, die sich fragten, ob das, was Nevins widerfahren war, auch ihnen widerfahren konnte. Sie waren Anwälte, keine Dschungelkämpfer.
    Adrian würde seinem Bruder in die Augen sehen, und wenn er Jim Nevins' Tod in ihnen entdeckte, würde er ihn rächen. Wenn der Soldat den Exekutionsbefehl gegeben hätte, würde der Soldat vernichtet werden.
    Oder belog er sich wieder? Konnte er seinen Bruder einen Mörder nennen? Konnte er das wirklich?
    Was, zum Teufel, wollte sein Vater? Und welchen Unterschied machte es?
24
    Die beiden Stühle standen zu beiden Seiten des Bettes. So war es angemessen. Auf diese Weise würde er seine Aufmerksamkeit zwischen seinen Söhnen teilen. Sie hatten unterschiedliche Charaktere, ihre Reaktionen würden also unterschiedlich sein. Jane zog es vor, zu stehen. Er hatte etwas Schreckliches von ihr verlangt: Er hatte verlangt, daß sie seinen Söhnen die Geschichte von Saloniki erzählte, alles, ohne etwas wegzulassen. Das Verständnis mußte ihnen nahegebracht werden, daß mächtige Männer, Institutionen, ja sogar Regierungen, durch die Kassette von Konstantin bewegt werden konnten. So wie sie vor drei Jahrzehnten bewegt worden waren.
    Er konnte die Geschichte nicht selbst erzählen. Er war dem Tod nahe; sein Geist war klar genug, das zu wissen. Er brauchte die Energie, um ihre Fragen zu beantworten. Er mußte die Stärke haben, seinen Söhnen seinen Auftrag zu übergeben. Denn bei ihnen lag jetzt die Verantwortung der Fontini-Cristis.
    Sie betraten den Raum mit ihrer Mutter. So groß, so ähnlich und doch so unterschiedlich. Der eine in Uniform, der andere in einer unauffälligen Tweedjacke und Flanellhosen. Der blondhaarige Andrew war zornig. Man konnte es an seinem Gesicht ablesen, an dem Zucken seiner Kinnmuskeln, an der Art seiner Mundhaltung, an dem neutralen, umwölkten Blick seiner Augen.
    Adrian andererseits schien unsicher. Seine blauen Augen blickten fragend, er hatte die Lippen halb geöffnet. Mit der Hand fuhr er sich durchs dunkle Haar und starrte seinen Vater an. Und in seinem Gesichtsausdruck mischten sich zu gleichen Teilen Mitgefühl und Erstaunen.
    Victor wies auf die Stühle. Die Brüder sahen einander kurz an. Es war unmöglich zu definieren, was zwischen ihnen vorging. Was

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