Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1980 Die Ibiza-Spur (SM)

1980 Die Ibiza-Spur (SM)

Titel: 1980 Die Ibiza-Spur (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
Vom Netzwerk:
im Café MONTESOL. Dort ließen sie sich jeder einen doppelten Espresso kommen und dazu eine Schale mit gerösteten Mandeln.
»Trotz unseres Streifzugs durch das Gewimmel habe ich nachdenken können«, sagte Klaus, »oder vielleicht gerade wegen des Gewimmels. Weil wir uns nicht unterhalten konnten. Und bin zu einer Erkenntnis gekommen, die nicht gerade ermutigend ist.« Er nahm einen Schluck Kaffee, und so unterbrach Christiane ihn:
»Ich habe auch nachgedacht, aber für eine Erkenntnis reichte es nicht, nur für Verwirrung und Ratlosigkeit.«
»Wir haben es falsch angefangen«, fuhr er fort, »oder vielmehr ich war es, der das tat. Hielt die Idee für fabelhaft, hier unter falschem Namen aufzutauchen und einfach Draufloszuforschen. Und hab völlig übersehen, daß es gerade so nicht geht. Wir können noch so sehr Augen und Ohren aufsperren, die Nasen dazu, wir werden nichts sehen, nichts hören, nichts riechen, weil wir nicht eine einzige Frage stellen können. Niemandem. Es ist dilettantisch zu erwarten, in irgendeinem Winkel unseres Hotels würden heimliche Gespräche geführt, über Bomben oder Bleiminen oder gar über meinen Bruder, und wir brauchten bloß zuzuhören. Auch in dem Laden der Julia Potter kamen wir nicht einen einzigen Schritt weiter. Es stimmt zwar, was du gesagt hast, daß wir da mit deiner Hilfe genau das tun können, was man dort tut, nämlich Pelze anprobieren, aber sonst gilt. Sie werden uns keine Gelegenheit geben, etwas anderes zu beobachten als das, was zu ihrem Geschäft gehört, dem legalen, versteht sich. Das ist das Dilemma.«
»Du hast recht. Es war der falsche Ansatz. Aber was wäre der richtige gewesen? Etwa aufzutreten als Bruder und Frau des Verschollenen?«
»Vielleicht ja. Aber dann nicht so, daß wir ihnen mit unseren Zweifeln gekommen waren und womöglich von einem Verbrechen gesprochen hatten. Das wäre auch keine Chance gewesen. Im Gegenteil, damit hätten wir die Gefahr geradezu heraufbeschworen. Nein, wir hatten auftreten müssen als die nächsten Angehörigen, die den Abschiedsbrief bekommen haben, ihn für absolut authentisch halten und nun nichts weiter im Sinn haben als den Wunsch zu helfen. Zum Beispiel, den Abtrünnigen zur Besinnung zu bringen und ihn zur Umkehr zu bewegen. Dazu wäre als erstes nötig, daß man ihn findet. Also muß man nach ihm suchen. Wo setzt man an mit der Suche? Natürlich dort, wo er seine letzte Spur hinterlassen hat. Also im EL CASTILLO. Wir hätten hier mit völlig unverdächtigen Absichten auftauchen und jeden, vom Boy bis zum Chef, ohne Bedenken ausfragen können. Man würde uns die Rolle der besorgten Verwandten abgenommen haben, die ihren verlorenen oder ins alternative Leben abgedrifteten Sohn – Bruder – Ehemann wiederhaben wollen. Wirklich, wir hätten jeden befragen können und doch niemals unsere Position gefährdet, weil sie nun mal plausibel gewesen wäre. Jetzt sind wir durch unsere Tarnung zum Schweigen verurteilt. Schon mit der ersten Frage würden wir uns den Mund verbrennen, denn was sollte ein im Hotel CASTILLO abgestiegenes Ehepaar namens Klaus und Christiane Mehring wohl veranlassen, nach Victor Hemmerich zu fragen? Du, wir haben uns verrannt!«
»Aber was bleibt uns? Wir können doch nicht zu den Leuten gehen und sagen. Wir sind gar nicht die Mehrings, sondern die Hemmerichs, und suchen nach einem Familienmitglied, nach Victor Hemmerich, von dem wir wissen, daß er, bevor er verschwand, in Ihrem Haus gewohnt hat.«
»Nein«, sagte Klaus, »das können wir nicht. Jetzt nicht mehr. Trotzdem. Wir müssen uns eine Position verschaffen, die es uns erlaubt, nach Victor zu fragen. Wohlgemerkt, immer nur auf der Ebene des fingierten Briefes, der ja von ihnen stammt. Und wir müssen auf der Hut sein, dürfen uns nicht verraten durch Informationen, die wir aus seinem echten Brief haben. Aber wer könnten wir sein? Als was könnten wir auftreten, ohne groß an unserer nun einmal gewählten und sogar schriftlich festgehaltenen Identität herumzukorrigieren?«
»Nichts Offizielles, würde ich sagen. Nicht sein Anwalt und seine Kollegin von der Presse, denn dann stimmt’s nicht mit der Sorge. Etwas Familiäres müßte es schon sein. Ich hab’s! Ich bin seine Schwester, Christiane Mehring, geborene Hemmerich, und du bist also sein Schwager. Und morgen früh gehen wir zum Besitzer des Hotels und fragen ihn, ganz harmlos-direkt, nach Victor. Und nennen ihm außer der Sorge noch ein paar Gründe mehr. Die müßten sich finden

Weitere Kostenlose Bücher