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1980 Die Ibiza-Spur (SM)

1980 Die Ibiza-Spur (SM)

Titel: 1980 Die Ibiza-Spur (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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nicht.«
Er stieg ein, fuhr davon. Von der Tür aus verfolgte sie das Licht, beobachtete, wie es langsam den Hang hinaufkroch und hinter einer Biegung verschwand. Dann kehrte sie ins Haus zurück, setzte sich ins Wohnzimmer, schenkte sich den Rest Kaffee ein.
Ein Bruderpaar, dachte sie, wie es in den Märchenbüchern vorkommen könnte. Da gibt es einmal die feindlichen, die einander nach dem Spielzeug trachten, dann nach dem Erbe, schließlich nach dem Leben. Und dann die anderen, die Victor und Klaus Hemmerich heißen könnten und die sich lieben und füreinander zu jedem Opfer bereit sind.
Am Anfang, in den ersten Monaten ihrer Ehe, war sie manchmal eifersüchtig auf den jüngeren Bruder ihres Mannes gewesen, weil sie meinte, es sei nicht normal, daß längst erwachsene Brüder so beharrlich und selbstlos füreinander einstanden. Bis sie spürte, daß es keine Konvention war, sondern viel tiefer saß, ja, daß die beiden über alle räumliche Ferne hinweg eine untrennbare Gemeinschaft bildeten. Als sie das begriffen hatte und dann auch Klaus näher kennenlernte, wandelte sich ihr Gefühl für ihn, und nun war es so, daß trotz der Scheidung von Victor die beiden Hemmerich-Brüder ihre besten Freunde waren.
Als sie den Kaffee ausgetrunken hatte, ging sie hinüber in ihr Schlafzimmer und packte den Koffer aus. Dann ging sie in das andere Zimmer, legte sich auf Klaus’ Bett, stand nach wenigen Minuten wieder auf und begann, es auseinanderzunehmen. Sie trug die Teile durch die Verbindungstür nach nebenan, setzte sie wieder zusammen und schob das Bett ganz dicht an das ihre heran.

XVII.
    Diesmal wollte er den Wagen nicht in Ca’n Jordi auf der Straße abstellen, sondern so nah wie möglich an den Turm heranfahren. Das war inkonsequent, aber er hatte dafür zwei Gründe. Wenn es in der vergangenen Nacht weit und breit keinen Wächter gegeben hatte, warum sollte dann heute einer da sein? Und außerdem fand er es unklug, vor dem anstrengenden Abstieg die schwere Taucherausrüstung eine halbe Stunde lang durchs Gelände zu tragen.
    Aber von allem, was sonst an Vorsicht geboten schien, ließ er nichts außer acht. Schon beim Einbiegen in den Feldweg schaltete er die Scheinwerfer aus. Zwar war dann immer noch das Geräusch des Motors da, doch das mußte er in Kauf nehmen. Das Licht wäre viel verräterischer gewesen, weil man es in weitem Umkreis hätte sehen können.
    Er fuhr sehr langsam, fast im Schrittempo, hatte sein Fenster heruntergekurbelt und orientierte sich an dem linkerhand verlaufenden Steinwall, den er ganz schwach im Mondschimmer erkennen konnte und an dem er in geringem Abstand entlangfuhr.
    Etwa zwanzig Meter vor dem Ziel hielt er. Voraus hatte er den Turm erkannt, das heißt, er hatte die dunkle Silhouette ausgemacht, die sich gegen den nicht ganz so dunklen Nachthimmel abhob.
    Er wendete den Wagen, machte es, da er vorn nur wenig und hinten fast gar nichts sehen konnte, in der ihm wohlbekannten Art, wie man in den südamerikanischen Städten das Einparken praktiziert, nämlich nach der Devise: El Choque me Avisa. Der Stoß sagt mir Bescheid. Als das Heck des Seat ganz leicht den Steinwall berührt hatte, setzte er wieder ein Stück nach vorn. Mit mehrmaligem Hin und Her schaffte er es schließlich, das Fahrzeug auf dem schmalen Weg in die entgegengesetzte Richtung zu bringen. Er ließ den Zündschlüssel stecken, stieg aus, entkleidete sich, behielt nur die Badehose an und streifte die Gummischuhe über. Er packte das Kleiderbündel auf den Rücksitz des Wagens, legte seine Armbanduhr dazu, und dann drückte er, so leise es ging, die Autotür zu.
    Er trat ans Heck, öffnete den Kofferraum, holte die Taucherausrüstung heraus, schnallte das Sauerstoffgerät auf den nackten Rücken und befestigte Brille, Lampe und Seil an den Gurten der Stahlflasche. Er schloß den Kofferraum, ging langsam hinüber zum Turm.
    Er war, was das Tauchen betraf, nicht vorschriftsmäßig ausgerüstet, hatte sich weder Schwimmflossen noch Bleigürtel ausgeliehen, da er mit einer nur geringen Wassertiefe rechnete. Der Verkäufer hatte ihn auf die mit dem Tauchen verbundenen Gefahren hingewiesen, doch er hatte darauf erwidert, er kenne sich aus und die fehlenden Utensilien bekäme er von einem Freund. Fast wäre die Aushändigung des Geräts dann noch am Taucherpaß gescheitert, den der Mann sehen wollte. Er hatte seine ganze Überredungskunst aufbieten müssen, um das Geschäft doch noch zu einem Abschluß zu bringen, hatte

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