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1Q84: Buch 1&2

Titel: 1Q84: Buch 1&2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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weigerte sich, dies zu akzeptieren, und drängte mit aller Gewalt dagegen. Wollte leugnen, dass so etwas möglich war. Heftig stritten diese beiden einander entgegengesetzten Kräfte in ihr. Jede bemühte sich, Aomame auf ihre Seite zu zerren. Dabei rissen sie ihr Fleisch in Fetzen, kugelten ihr die Gelenke aus und brachen ihr die Knochen.
    Am liebsten wäre sie, so wie sie war, in den Park gerannt, auf die Rutschbahn gestiegen und hätte Tengo angesprochen. Aber was sollte sie ihm sagen? Ihre Sprechmuskeln waren wie gelähmt. Vielleicht könnte sie trotzdem irgendetwas herauspressen. Hallo, ich bin’s, Aomame. Ich habe vor zwanzig Jahren in der Grundschule in Shinagawa mal deine Hand gehalten. Erinnerst du dich an mich?
    Konnte man so etwas sagen?
    Da musste es doch eine zumindest etwas bessere Möglichkeit geben.
    »Versteck dich weiter hier auf dem Balkon!«, befahl ihr anderer Teil. »Es gibt nichts, was du tun kannst. Oder? Du hast gestern Abend einen Pakt mit dem Leader geschlossen. Du verzichtest auf dein eigenes Leben, dafür wird Tengo gerettet und kann weiter in dieser Welt leben. So lautet die Vereinbarung. Der Vertrag ist bereits unterzeichnet. Du hast den Leader ins Jenseits befördert und zugestimmt, dein Leben zu opfern. Was soll es also bringen, Tengo wiederzusehen und über alte Zeiten zu plaudern? Außerdem, was machst du, wenn er sich gar nicht oder nur als ›diese Irre mit dem komischen Gebet‹ an dich erinnert? Wie willst du es dann auf dich nehmen zu sterben?«
    Bei diesem Gedanken verkrampfte sich alles in Aomame, und sie begann unkontrollierbar zu zittern. Frostschauer überliefen sie wie bei einer schweren Grippe. Sie fror bis ins Mark. Bebend legte sie beide Arme um sich. Doch während dieser ganzen Zeit ließ sie Tengo, der noch immer auf der Rutschbahn saß und in den Himmel schaute, keinen Moment aus den Augen. Sie hatte das Gefühl, er würde verschwinden, sobald sie den Blick abwandte.
    Sie stellte sich vor, es seien Tengos Arme, die sie umschlangen. Wie sehr sehnte sie sich danach, von seinen großen Händen liebkost zu werden. Und überall seine Wärme zu spüren. In jedem Winkel ihres Körpers von ihm berührt und gewärmt zu werden. Ich will, dachte sie, dass er diese Kälte vertreibt, die mich bis ins Innerste durchfährt. Dass er in mich eindringt und mich aufrührt. Wie ich mit dem Löffel den Kakao verrühre, langsam und bis auf den Grund. Dann würde es mir nichts ausmachen, auf der Stelle zu sterben. Wirklich.
    Wirklich?, fragte sie sich noch einmal. Nein, wenn das geschähe, würde ich bestimmt nicht mehr sterben wollen, sondern mir wünschen, für immer und ewig mit Tengo zusammen zu sein. Meine Entschlusskraft würde verdunsten wie Tau in der Morgensonne. Oder ich würde ihn mit mir nehmen. Mit der Heckler & Koch zuerst ihn erschießen und dann mir selbst das Hirn wegpusten. Es ist unvorhersehbar, was passieren könnte und was ich vielleicht anrichten würde.
    WAS SOLL ICH TUN ?
    Sie konnte einfach zu keiner Entscheidung gelangen. Ihr Atem ging heftig. Ein Gedanke nach dem anderen raste ihr durch den Kopf und verschwand. Keinen konnte sie richtig zu fassen bekommen. Was war richtig, was war falsch? Sie wusste nur eines: Sie wollte sich sofort hier und jetzt in Tengos Arme werfen. Alles andere kam später. Darüber sollte von ihr aus Gott oder der Teufel entscheiden.
    Aomames Entschluss stand fest. Sie ging ins Bad und wischte sich mit einem Handtuch die letzten Tränenspuren aus dem Gesicht. Ordnete vor dem Spiegel rasch ihr Haar. Ihre Miene wirkte abwesend. Ihre Augen waren blutunterlaufen. Selbst ihre Kleidung war unansehnlich, und die 9-mm-Automatik im Hosenbund ihres verwaschenen Trainingsanzugs rief eine sonderbare Beule an ihrem Rücken hervor. Nicht gerade die ideale Aufmachung für eine Begegnung mit dem Mann, nach dem sie sich seit zwanzig Jahren verzehrte. Sie hätte sich gern etwas Besseres angezogen. Aber dazu war es jetzt zu spät. Ihr blieb keine Zeit mehr zum Umziehen. Hastig schlüpfte sie in ihre Turnschuhe und rannte, ohne die Tür hinter sich abzuschließen, über den Notausgang die zwei Stockwerke hinunter. Sie ging quer über die Straße und lief durch den menschenleeren Park. Aber Tengo war nicht mehr da. Die vom Licht der Laterne beschienene Plattform der Rutschbahn war leer. Und abweisender, kälter und leerer als die Rückseite des Mondes.
    Hatte sie sich alles nur eingebildet?
    Nein, auf keinen Fall, dachte sie atemlos. Eben hatte Tengo noch

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