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2 - Wächter des Tages

2 - Wächter des Tages

Titel: 2 - Wächter des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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nicht«, bat Tolik mit belegter Stimme.
    Der Shiguli flog zielstrebig über den Leningradski Prospekt, dem heraufziehenden Tag voraus.
    Bis zum Büro fuhren sie schweigend. Entweder weil niemand unken wollte oder weil sie etwas spürten.
    Vor dem Haus trat Garik nervös von einem Bein aufs andre. Neben ihm stand ein unausgeschlafener Ilja, der sie über die Brille hinweg anblinzelte.
    »So«, sagte Tolik freudlos. »Jetzt heißt es, die Zähne zusammenbeißen ...«
    Ilja und Garik stiegen rasch zu. Sie setzten sich und nahmen Tigerjunges in die Mitte. Anton begriff sofort, was sie damit beabsichtigten und was der blasse, verwirrte und deshalb sehr zurückhaltende Garik jetzt sagen würde.
    »Hotel Kosmos. Leute, Andrjucha ist tot...«
    Tolik trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch, doch selbst dem schnellsten Auto stand es nicht zu Gebote, den Tod einzuholen. Tigerjunges zitterte leicht, doch ihre Freunde drückten sich fest gegen sie, und sie erstarrte.
    »Wie ist das passiert?«, fragte Anton tonlos.
    »Gerade hat ein Dunkler angerufen, Witali Rohosa. Er behauptet, er habe in seinem Zimmer die Leiche eines Anderen gefunden.«
    »Ich beiß ihm höchstpersönlich die Kehle durch«, versprach Tigerjunges mit heiserer Stimme. »Soll mal jemand versuchen, mich daran zu hindern!«
    »Ich habe für alle Fälle Bär angerufen«, sagte Ilja sehr neutral. »Ich glaube, er ist schon im Kosmos.«
    Nach Antons Auffassung hatten seine Kollegen bereits vorab eins begriffen und sich mit diesem Gedanken auch abgefunden: Ein Kampf würde sich nicht vermeiden lassen. Auch er strich heimlich über die Pistole in seinem Achselhalfter. Die Waffe, die er bisher noch nie wirklich gebraucht hatte. Das Gefühl, die Ereignisse dieser Nacht seien bei weitem noch nicht zu Ende, wollte nicht von mir weichen. Offenbar vermochte ich allmählich, die nächste Zukunft vorauszusehen. Nicht in Details, das bestimmt nicht: eher wie ein wirres Knäuel von Wahrscheinlichkeitslinien. Und ich begann zu fühlen, wohin die dicksten Fäden führten.
    Sorge, Leid, Unruhe, Gefahr - das hielt die heutige Nacht für mich bereit. Zunächst hatte ich unten, neben dem BMW vorm Hauseingang, auf die Dunklen warten wollen. Dann begriff ich jedoch, dass das nicht nötig war. Sie brauchten nicht eingeweiht zu werden... in, nun, in meine völlige Unkenntnis. Sollten sie ruhig denken, ich beherrschte das Spiel wirklich. Der Chef der Tagwache weilte nicht in Moskau, die Übrigen stellten für mich anscheinend keine Gegner dar...
    Aber was rede ich da? Das war doch wohl anmaßend, oder? Als ob es in Moskau nicht genug starke Magier gäbe! Selbst wenn sie nicht in den Wachen arbeiteten. Schließlich würde es mich nicht ewig die Treppe hochziehen - endlose Treppen gibt es nicht. Irgendwann würde ich auf meinen Meister treffen, zumal diese Moskauer erfahrene Magier sind, viele von ihnen mit jahrhunderterlanger Praxis. Und ich wusste ja selbst noch nicht, was ich vermochte und was nicht. Noch war ich ein Wilder. Und wer konnte schon sagen, ob meine Kraft nicht auf genau so wundersame Weise wieder verschwinden würde, wie sie aufgetaucht war?
    Also überstürze nichts, Witalik, immer hübsch sachte. Denk lieber erst nach, was die ausklingende Nacht dir Schlechtes bringen könnte. Und lass es nicht darauf ankommen, leg lieber einen Zahn zu...
    Eilig ging ich zur Schtschelkowskoe Chaussee, verschwand in der Unterführung und baute mich an der gegenüberliegenden Seite auf, um zu trampen.
    Was mir an Moskau gefällt, ist, dass es sich selbst in tiefster Nacht, selbst am frühen Morgen lohnt, den Arm auszustrecken: Schon im nächsten Moment würde am Straßenrand ein Auto anhalten. In Nikolajew kann man eine halbe Stunde den Daumen raushalten, und niemand kommt auch nur auf den Gedanken stehen zu bleiben. Hier entscheidet dagegen allein das Geld. Das brauchen alle.
    Fünfzig Rubel bis zu den »Errungenschaften«. Der Standardpreis.
    Ich stieg in den gut erhaltenen Volkswagen ein und fuhr meinen fast mit Händen zu greifenden Unannehmlichkeiten entgegen.
    Bereits unten, vor dem Hotel, spürte ich, dass der Schutzschild meines Zimmers beschädigt worden war. Der Schutz hatte zwar funktioniert, genauso wie er es sollte, aber gerade das stellte mein Hauptproblem dar. Ohne auf jemanden zu achten, begab ich mich in den fünften Stock, ging zu meinem Zimmer, steckte den Schlüssel ins Schloss und verharrte einen Augenblick vor der Tür.
    Gut. Komme, was wolle.
    Er lag mit ausgebreiteten

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