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2 - Wächter des Tages

2 - Wächter des Tages

Titel: 2 - Wächter des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Armen mitten im Zimmer. Sein Gesicht zeigte den Ausdruck eines erstaunten und verletzten Kindes, als habe man ihm statt der heiß begehrten Schokowaffel eine wilde Hornisse in buntes Papier gewickelt, die ihm unverzüglich den Stachel in den unvorsichtig ausgestreckten Finger gejagt hatte.
    Er hatte den »Ring des Schaab« aufgebrochen. Diese simple, aber wirkungsvolle Magie. Und natürlich hatte er das notwendige Wort nicht gekannt. Dieser junge, glücklose Detektiv Andr-jucha Tjunnikow, der mich des Mordes an einer jungen Frau überführen wollte, dieser Lichte aus der Nachtwache.
    Mit etwas mehr Erfahrung wäre er niemals in einen mit dem Ring geschützten Raum eingedrungen. Ich hatte noch nicht mal das ganze Zimmer damit gesichert, sondern nur den Schrank mit der Tasche darin.
    Das konnte ich jetzt am allerwenigsten gebrauchen. Betrachteten die Lichten den Tod normaler Menschen lediglich als Wilderei, konnten sie den Mord an einem Anderen nicht so ohne weiteres abtun. Hier drohte das Tribunal.
    Dabei hatte ich doch alles abgesperrt, hatte mein Territorium auf eine Weise abgesichert, die jeder Andere verstand! Das ist meins! Kümmert euch nicht darum, das ist meins! Ihr dürft hier nicht ran!
    Aber nein, er musste seine Nase da reinstecken! Was das Aus bedeutete, den Tod im Zwielicht... Dieser minderjährige Neunmalkluge! Wollte er sich etwa hochdienen?
    Ich musste Meldung machen. Sonst würden sie noch fragen, warum ich das nicht angezeigt hatte.
    Ich griff nach dem Telefon, nicht nach dem Handy, sondern einem gewöhnlichen Apparat, der auf dem Tisch stand. Gehorsam purzelte die Nummer unverzüglich aus meinem Gedächtnis.
    »Nachtwache? Witali Rohosa hier, Anderer, Dunkler. Ihr Mitarbeiter ist hier bei mir. Andrej Tjunnikow, wenn ich mich nicht täusche. Er ist tot. Könnten Sie wohl... Hotel Kosmos, Zimmer 612.«
    Seltsamerweise tauchten als Erste nicht die Lichten auf. Kaum betraten die Anderen den Stock - sie kamen zu zweit - überflutete mich förmlich ein Energiestrom. Bei den beiden handelte es sich um Dunkle Magier, die jeweils randvoll mit einer finsteren Kraft waren, die mich an das Zwielicht erinnerte, allerdings fester und dunkler war. Eine lange, sich allmählich zuspitzende Zunge des Zwielichts kroch direkt durch den Fußboden des Hotels weiter nach unten, zur Erde hin. Und, wie mir schien, noch tiefer. In die Erde hinein.
    An der Tür klopfte es, und zwar betont korrekt.
    »Ja, ja«, rief ich, ohne mich vom Sessel zu erheben. »Es ist offen, kommen Sie herein!«
    Sie traten ins Zimmer. Mein Bekannter aus der Wohnung in der Perwomaika, Schagron. Und noch ein Mann, ebenfalls ein Magier, soweit ich es erkennen konnte. Genauso untersetzt wie Schagron, aber dunkelhaarig. Und stark. Stärker als sein Partner. Dennoch übernahm das Reden entgegen meinen Erwartungen Schagron. Offenbar handhaben die Wachen das so: Der Anführer einer Gruppe schweigt sich eher aus - Anton hatte es auch vorgezogen zuzuhören.
    »Guten Abend, Kollege.«
    Ich schnaubte. »Was ist an diesem Abend gut? Sie scherzen wohl, Kollege?«
    Das Wort Kollege brachte ich absichtlich im selben Ton heraus wie Schagron. Aber der ließ sich einfach nicht aus der Fassung bringen, was eben seinen Vorteil mir gegenüber ausmachte. Den Vorteil an Erfahrung. Ich konnte nur mit billigen Finten wie diesen vorpreschen, auf plötzliche Erleuchtung und meine mystische Treppe hoffen, die sich gehorsam Stufe um Stufe für mich erbaute und mir den richtigen Stoß gab, damit ich zum richtigen Ort gelangte.
    »Ich scherze nicht, Kollege, ich begrüße Sie nur. Sie hätten da auf uns warten sollen... Sie wissen schon, wo. Ich hatte sehr darauf gehofft, mit Ihnen sprechen zu können.«
    »Ich wollte niemanden stören«, gestand ich, und das entsprach zumindest mehr als zur Hälfte der Wahrheit. Es war für einen Anderen - sei er nun ein Dunkler oder ein Lichter - ganz normal.
    »Ich habe mit Hilfe gerechnet. Von einem Mitstreiter. Aber Sie haben es vorgezogen zu verschwinden.«
    Und dieses Ich zeugte durch und durch von einem Dunklen. Jeder Lichte an Schagrons Stelle hätte unweigerlich Wir gesagt, und zwar völlig aufrichtig. Dabei hätte er aber genau das Gleiche gemeint wie Schagron. Und auch das selbstverständlich nicht weniger aufrichtig.
    »Gut. Stellen wir uns erst einmal vor. Das ist Edgar. Unser Kollege aus Estland, der seit einiger Zeit in der Moskauer Wache arbeitet. Was gibt es denn?«
    »Ich bin schon wieder auf eine Leiche gestoßen«, gestand

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