2163 - Die Media-Ritter
anzunehmen schien. Verflogen war die Begeisterung. Nur noch lähmendes Entsetzen beherrschte sie. Sie sah die Bilder im Okular, doch die Vielfalt der Farben, in denen die verschiedenen Bruchstücke des Wracks verbrannten, hinterließ keinen Eindruck mehr. Mutter hatte ihr Urteil gefällt, und da Woj ihr gegenüber nicht gehorsam gewesen war, wie es ihre Pflicht gewesen wäre, traf sie die gerechte Strafe. Woj dachte an den unendlichen Ruhm und die Ehre, die ihr hätten zuteil werden können, und an die vielen Veranstaltungen, auf denen sie im Mittelpunkt hätte stehen können.
Als die ersten Trümmerstücke einige hundert Schritte von ihr entfernt aufschlugen, begannen ihre Hände zu zittern. Sie erinnerte sich daran, dass der Wassergraben um ihr Haus Lücken aufwies, durch die die Geister vordringen konnten.
Plötzlich meinte sie, Nebelschleier um ihre drei Füße sehen zu können. Eine Eiseskälte stieg von dort auf. Offenbar hatte sie die Macht der Geister unterschätzt. Sie mussten die Sinne Mutters vergiftet haben.
Bevor sie die Kamera senken konnte, war ein Wrackteil heran, so hoch und so mächtig wie Mutters Wohn- und Herrschaftshügel in der Stadt.
Woj merkte nichts mehr. Sie verspürte einen wuchtigen Schlag, dann war auch schon alles vorbei. Ihr Körper grub sich mit dem Wrackteil in den weichen Boden und verbrannte zusammen mit dem Material des Raumschiffs.
4.
„Die letzten Bilder waren ein wenig verwackelt", kritisierte Jobonne Jokogi. Ihre Stimme schwankte, ließ erkennen, dass sie neidisch auf Woj war, weil diese eine weitaus bessere Aufnahmeposition gehabt hatte als sie. Sie hatte das abstürzende Raumschiff ebenfalls gefilmt, hatte sich jedoch um Sekunden zu spät bei Mutter gemeldet. Echturda-V-Cam hatte ihr beschieden, dass Woj im Gespräch sei, und sie hatte daraus den Schluss gezogen, dass die Bilder gesendet werden würden. Einige davon waren automatisch im Inneren des Wohnhügels aufgezeichnet worden. Es waren die wenigen Aufnahmen, die sie nun sehen konnte. Mutter hatte den Datentransfer nach einiger Zeit unterbrochen. Eine Schrift wies darauf hin, das Woj Opfer eines Unfalls geworden war und nicht mehr lebte. „Ich habe Woj schon immer gesagt, dass sie ihre Hände ruhig halten muss. Aber davon abgesehen war es eine ansehnliche Leistung." Ostrug Magaga hob bestätigend die Hände. Er widersprach ihr so gut wie niemals. Diskussionen ging er nach Möglichkeit aus dem Wege. Erstens war Jobonne eine Frau, und zweitens war sie ihm überlegen. Ihre Gunst hing davon ab, dass er sich ihr unterordnete. Also tat er ihr den Gefallen und ging nicht das Risiko ein, ihre Zuneigung zu verlieren. Es gab Partnerschaften, in denen sich der männliche Teil insgeheim auflehnte. Das geschah jedoch nie in der Öffentlichkeit, sondern stets nur in der Verschwiegenheit der Kristallhügel. Schließlich gab es auch schwache Kechtinnen; nicht alle konnten stark sein.
Jobonne Jokogi und Ostrug Magaga verließen ihren Hügel und erreichten wenig später den Landeplatz der Flugschrauber. Sie winkte kurz zu den Masten hinauf, die am Rande des kleinen Feldes standen. Dann stieg sie in die Kabine, setzte sich hinter die Steuerelemente und startete den Motor. Ihr Mann musste auf dem Sitz außerhalb der Kabine Platz nehmen, obwohl neben ihr noch genügend Raum für zwei weitere Passagiere gewesen wäre, Er erhob keinen Widerspruch, sondern schnallte sich an und wartete geduldig, bis sich die Maschine in die Luft erhob. Beide wussten, dass irgendwo in der Stadt jemand vor wenigstens einem Monitor saß, die Tatsache registrierte, dass sie den Flugschrauber nahmen, sie anhand der Tätowierungen identifizierte, die auf der Rückseite ihrer mit zwei mächtigen Höckern versehenen, von Stachelkränzen umsäumten Köpfe befanden, ihr Konto ermittelte und den Preis abbuchte. Überall auf dem Planeten Kechta wirkten Kameras. Auf Masten, an Häusern, an und in Fahrzeugen und Fluggeräten, in allen nur erdenklichen Räumen, auf Plätzen und in Straßen, an jedem einzelnen Kechten - in einem Ring vielleicht, einem Zahn, einem Knopf oder gar in einem Auge - und sogar am Körper vieler Tiere. Es gab keinen besiedelten Winkel auf dieser Welt, der nicht mit wenigstens einer Kamera versehen war. Das betraf selbst die intimsten Räume der Häuser. Davon ausgenommen war lediglich der Essraum in jedem Kristallhügel.
Ansonsten existierte keine Nische, in der sich ein Bewohner dieses Planeten unbeobachtet fühlen konnte; jeder
Weitere Kostenlose Bücher