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222 - Angriff auf die Wolkenstadt

222 - Angriff auf die Wolkenstadt

Titel: 222 - Angriff auf die Wolkenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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und betrachteten seine Fußsohle. Die blutete aus einer tiefen Schnittwunde. Sorgfältig suchten sie den Sand an der Stelle ab, wo der Mann sich die Wunde zugezogen hatte.
    Der Anführer war es schließlich, der die Dolchspitze entdeckte. Sie ragte etwa eine Daumenbreite aus dem Sand.
    Der Anführer legte den linken Zeigefinger auf die Lippen und deutete mit dem rechten auf eine Stelle etwa einen halben Meter neben der Klinge. Dort ragte der Rand eines papierenen Rohres aus dem Sand.
    Sie warfen sich auf die Knie und fingen an, mit bloßen Händen den Sand aufzuwühlen.
    ***
    Im Westen ging die Sonne unter. Wieder krachten Schüsse.
    Vier, fünf Meter vor und über Victorius und Prinz Akfat stieg Pulverdampf auf.
    Es konnte nur die Tat des schwarzen Hünen sein, denn in Wimereux waren Explosivwaffen verboten. Aber wie hatte er sie an den Wachen vorbeischmuggeln können?
    Schon wieder fiel ein Schuss. Sie legten die Köpfe in die Nacken und starrten zu den Stabilisierungsballons hinauf. Der erste verlor bereits seine Tropfenform, das eben noch straffe Ballongewebe erschlaffte sichtbar. Das Trageseil unter ihm büßte seine Spannung ein, schon begann der Ballon zu sinken.
    Zweihundert Meter weiter westlich leuchtete ein Explosionsblitz auf, dann die Detonation. »Sie haben die Halterung des mittleren Stabilisierungsballons gesprengt!«, schrie Lysambwe, der Kommandant des Schutzbataillons.
    Entsetzt starrten die Prinzen Akfat und Victorius zu den beiden Ballons: Der an der Ostecke fiel weiter in sich zusammen und sank rascher, der zweite stieg in den Himmel hinauf und zog das abgesprengte Verbindungstau hinter sich her. Erneut krachten Schüsse.
    »Zu den Propellern!«, schrie Victorius. Er blickte sich um: Am Nordrand stieg die Stadt nach oben, weil die Attentäter den nördlichen Ankersockel gesprengt hatten. Hier im Süden senkte sich die Wolkenstadt bereits merklich ab, weil zwei Stabilisierungsballons ausgefallen waren und sie nicht mehr hielten.
    Nein, drei: In diesem Moment trafen Schüsse den Ballon zweihundert Meter weiter im Westen. Der linsenförmige Trägerballon im Inneren Wimereux-à-l’Hauteurs neigte sich.
    »Wir müssen die Dampfmaschinen der Stabilisierungspropeller anwerfen, sonst sackt die Stadt im Süden ab!«, schrie Victorius.
    Jemand stieß die Tür auf, die zu den Maschinenräumen der Propeller hinabführte – Rauch quoll aus den Treppenabgängen!
    »Feuer!«, kam es aus vielen Männerkehlen. »Löschzüge nach Süden!«
    Feuer war so ziemlich der schlimmste Notfall, den man sich auf einer Wolkenstadt denken konnte. Wenn die Flammen sich erst durch die Bambuskonstruktion fraßen und das Material des Trägerballons erreichten, bestand höchste Explosionsgefahr.
    Victorius schickte einen Boten los, um einen Löschzug anzufordern. Akfat packte Rönees Arm. »Lauf zum Kaiser! Er muss die Landung einleiten! Diesen Schaden können wir nur am Boden reparieren!«
    Der junge Leibgardist rannte los. Den Befehl zur Landung konnte allein der Kaiser geben. Und der hielt sich an der Nordseite bei den Batterien der Dampfdruckkanonen auf.
    Rönee lief deutlich sichtbar eine Steigung hinauf.
    Wenn man den Eindringlingen – nach Lage der Dinge mussten es mindestens zwei sein – nicht sofort das Handwerk legte, würden sie ihr Zerstörungswerk fortsetzen, und dann war Wimereux-à-l’Hauteur verloren.
    Die Schräglage der Wolkenstadt nahm immer schlimmere Ausmaße an. Victorius, Akfat und die Männer um sie herum torkelten haltlos. Überall brach Panik aus. Die Männer hörten den Donner von Dampfdruckkanonen. Auf dem Landeplatz, wo die Luftschiffe mit Glasbomben beladen wurden, rutschten die Gondeln gegeneinander.
    Victorius blickte zum Stadtrand – und erstarrte. Dort lehnte Grao’sil’aana an den Aufbauten einer Dampfdruckkanone und zielte mit einer Faustfeuerwaffe auf die Wachsoldaten!
    Der Gestaltwandler war hier!
    Victorius traf es wie ein Schlag. Und zum ersten Mal fragte er sich ernsthaft, ob die Stadt vielleicht tatsächlich verloren war.
    ***
    In der ersten Abenddämmerung führte Daa’tan seine Kavallerievorhut aus knapp sechzig Dampfbaiks und Roulern gegen die nördlichste Abwehrstellung der Kaiserlichen, eine Geschützbatterie, die von etwa zwei Dutzend Speerwerfern verteidigt wurde. Der Nordrand der Wolkenstadt war nicht einmal mehr zwei Kilometer entfernt. Deutlich sah man, dass die Stadt in Schräglage im Himmel hing. Statt sechshundert Meter über dem Wald und dem Ufer des Sees schwebte

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