24 Stunden
dass sie das gleiche Verbrechen schon mehrmals verübt hätten. Das habe ich ihr geglaubt. Sie sagte auch, dass bisher noch nie jemand Anzeige erstattet hätte. Und aufgrund des Wissens, das ich jetzt über die Taktik des Anführers habe, glaube ich das auch. Wir haben ja auch keine Anzeige erstattet.
Der Mann - Joe, oder wie immer er hieß -, der diesen Plan ausgeheckt hat, ist mit Sicherheit ein Psychopath. Er kidnappt Kinder, um Lösegeld zu erpressen, und vergewaltigt dann die Mutter als eine Art Prämie. Und bisher ist er damit durchgekommen. Welchen Grund sollte er also haben, damit aufzuhören?«
Chalmers legte den Stift aus der Hand und presste seine Handflächen auf den Schreibtisch. McDill meinte, die Gedanken des Agenten lesen zu können; sie bewegten sich darum, ob er mitten in der Nacht das ganze FBI mobilisieren oder eine zurückhaltendere Annäherung an den Fall wählen sollte.
»Mrs. McDill, Sie haben mit dem Mann ziemlich viel Zeit verbracht. Denken Sie, dass der Name, den er Ihnen genannt hat, sein richtiger Name war?«
Margaret liefen Tränen über die Wangen. McDill und Chalmers warteten.
»Ich glaube, Joe war sein richtiger Name«, sagte sie. »Mir kam es so vor, als wäre er stolz darauf gewesen, mir seinen richtigen Namen zu sagen. Als könnte er sich alles erlauben, ohne Angst haben zu müssen, dass wir Anzeige erstatten. Er verriet mir seinen richtigen Namen, um mir seine Überlegenheit zu beweisen. Das Gefühl hatte ich jedenfalls.«
»Hat er irgendetwas darüber gesagt, woher er stammte? Aus welchem Staat zum Beispiel?«
»Nein.«
»Hat er gesagt, ob die anderen Verbrechen auch in Mississippi verübt wurden?«
»Nein, aber ich nehme es an.«
»Haben Sie eine Ahnung, aus welcher Gegend er stammen könnte?«
»Aus dem Süden«, erwiderte Margaret. »Zweifellos aus dem Süden. Ich würde nicht unbedingt Mississippi sagen, denn er hatte einen ziemlich harten Akzent. Als wenn er aus dem Süden stammte, aber lange Zeit woanders gelebt hat. Oder umgekehrt. Er könnte auch woanders herstammen und lange Zeit im Süden gelebt haben. Ergibt das einen Sinn?«
»Ja«, meinte Chalmers. »Und was ist mit Ihnen, Doktor? Hat die Frau, die bei Ihnen war, gesagt, woher sie stammte? Hat sie über ihre Familie oder sonst irgendetwas gesprochen?«
»Keine brauchbaren Informationen. Die ganze Sache schien ihr Angst zu machen. Sie war offensichtlich gezwungen, mitzumachen. Ich hatte das Gefühl, dass dieser Joe sie unter Druck setzte. Mehrmals entstand bei mir auch der Eindruck, die beiden könnten verheiratet sein. Sie hat es zwar nicht ausdrücklich gesagt, aber sie sprach über ihn wie über einen Ehemann.«
»Wie alt war sie?«
»Anfang, Mitte zwanzig.«
»Tatsächlich?«
»Ehrlich gesagt war sie ziemlich attraktiv.« McDill schaute seine Frau ein wenig verlegen an. »Damit will ich nur sagen, dass man von einer Frau, die so aussieht, nicht erwarten würde, an so einem Verbrechen beteiligt zu sein. Sie sah aus wie eine gut situierte Frau oder sogar wie ein Model. Zumindest ein Katalogmodel.«
Agent Chalmers wandte sich wieder an Mrs. McDill. »Und Joe? Der Anführer? Wie alt war er?«
»Fünfzig. Um die fünfzig.«
»Könnten Sie ihn beschreiben?«
»Ja.«
»Würden Sie ihn auf einem Foto wiedererkennen?«
»Ja.«
»Irgendwelche Auffälligkeiten?«
Margaret schlug die Hände vors Gesicht. »Er hatte eine Tätowierung auf dem Arm. Einen ziemlich stümperhaft gemachten Adler.«
»Erinnern Sie sich, welcher Arm es war?«
»Der linke. Ja, der linke.«
»Und die junge Frau?«, frage Chalmers McDill.
»Ich würde sie sofort wiedererkennen. Wenn Sie mich jetzt in ein Flugzeug setzen und an die Küste fliegen würden, könnte ich durch das ganze Hotel gehen und sie suchen.«
»Ich glaube nicht, dass das der beste Weg ist, die Sache anzugehen. Wenn sie sich in dem Hotel aufhält, wird sie jetzt sicher in einem der Zimmer sein. Wir können nicht jedes Zimmer in dem Hotel durchsuchen. Wir wissen ja noch nicht einmal mit Sicherheit, ob sie überhaupt da ist.«
»Auch nicht, wenn es um eine Entführung geht?«
»Das Beau Rivage hat achtzehnhundert Zimmer. Kein Richter würde mir einen Durchsuchungsbefehl ausstellen, wenn nicht mehr Beweise vorliegen.«
»Wie wäre es mit einer Bombendrohung?«, fragte McDill.
»Wie bitte?«
»Sie sind FBI-Agent. Sie könnten behaupten, es läge eine Bombendrohung fürs Kasino vor. Dann müsste das Hotel evakuiert werden. Ich könnte mich draußen
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