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313

313

Titel: 313 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Tewaag
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du auf dem Gang auch niemals reden. Du würdest nicht sagen, ich hab hier ’n Steak, und das ist von ’nem Beamten. Niemals. Du hast deine Steaks, du machst deine Steaks, und die Leute, die zu dem Zeitpunkt in der Küche sind, sehen nur, du hast ’n Steak, aber sie können gucken, wie sie wollen, sie wissen nicht, woher du’s hast.
    In dem Moment war mir eigentlich vollkommen klar, dass ab jetzt für mich im Geschlossenen dieselben Gesetze herrschen wie im Regelvollzug, weil ich an Leute rankomme, die Freigang haben und von da Sachen mitbringen können. Normalerweise kannst du als Gefangener aus dem Geschlossenen nicht in der Metzgerei rumlaufen. Aber ich darf hier sein, ich bin der Essenausgeber von Haus A. Darüber hinaus hab ich hier früher gearbeitet, ich kenne jeden Raum in dem Gebäude, ich kenne Mitgefangene, die hier immer noch arbeiten. Das sind alles Sachen, die an sich ’ne Vollkatastrophe sind für die Sicherheit. Das hatte ich schon kapiert, als ich mich noch nicht umgeguckt und gedacht habe, wen von den Jungs kann ich denn mal für irgendwas anheuern.
    Der Ufuk macht die riesige Tür vom Lager hinter sich zu, das Lager, in dem sich alle Lebensmittel für die komplette JVA befinden, und führt mich zu dem Regal, wo die Kisten mit den Bananen liegen. Er greift in seine Hosentasche und gibt mir vorsichtig einen Aufziehfüller in die Hand. Da drin ist die schwarze Tätowierfarbe, die ich bestellt hatte. Er nimmt sich eine Banane aus der Kiste, macht ein Loch in die Spitze und drückt den Füller hinein. Dann legt er sie wieder zurück zu den anderen.
    »Wer keine Höhle hat, versteckt sich auf dem Markt«, sagt er.
    Wir nehmen die Kiste und bringen sie nach draußen, wo Andi schon den halben Bollerwagen mit Zeug vollgeladen hat. Kisten mit vakuumverpackter Wurst und Käse, geschnittenes Brot, dazu achtzig Liter Milch, weil heute Milchtag ist. Das komplette Frühstück für das Haus wiegt gerne mal zweihundert Kilo, was aus dem Job doch eine harte Schlepperei macht. Als wir wieder rauskommen aus der Metzgerei, merken wir, dass wir fast den Hopp vergessen hätten. Er steht immer noch da.
    »Schön, dass Sie überhaupt wiederkommen«, sagt er genervt.
    »Ja, die Behälter sind schon recht schwer«, sage ich.
    Er würde nie auf die Idee kommen, den Wagen zu kontrollieren. Keiner der Beamten, mit denen ich bisher unterwegs war, hat das gemacht. Würden sie anfangen, den Wagen zu untersuchen, müsste das Frühstück realistisch gesehen zwei Stunden später beginnen, so vollgepackt ist der. Im Grunde kannst du darauf alles verstecken, aber vor allem für Substanzen jeglicher Art ist es natürlich ideal. Bis du die Haschischplatte findest, die zwischen den Scheiben im dritten Brotpacken vierte Reihe links steckt, vergeht ’ne Ewigkeit. Da wärst du in den Fässern mit den Küchenabfällen schneller, die wir jeden Morgen aus dem Haus transportieren und leer wieder hineinbringen, doch nicht mal dort schaut einer rein. Das ganze Bollerwagending ist eine fahrende Sicherheitslücke. Aber das erkennst du erst, wenn du ’ne Weile sitzt, und umso heller du bist, umso schneller siehst du’s. Ich sitz jetzt seit drei Monaten im Geschlossenen, und so langsam raffe ich, was eigentlich abgeht. Es gibt viele Leute hier drin, die nicht verstehen, warum es einigen Gefangenen besser geht als anderen. Aber die verstehen auch das Leben draußen nicht. So Leute wie Andi und ich aber, die werden Essenausgeber und sehen sofort: Treffer!
    Seit ich wusste, dass ich ins Gefängnis gehen werde, hatte ich mir vorgenommen, dass ich mich da auch tätowiere. Natürlich ist eine Tätowiermaschine in einer JVA ein absolut illegaler Gegenstand, was eher hygienetechnische Gründe hat. Wenn sie dich aber beim Tätowieren eines anderen erwischen, kommen sie dir juristisch und werten es als schwere Körperverletzung, weil es sozusagen einen Schaden hinterlässt, der nicht mehr weggeht. Tätowieren kann daher also mordsmäßig Probleme nach sich ziehen, aber ich dachte mir, wo ich nun schon auf alle Eskapaden in Richtung Drogen oder Alkohol verzichte, ist das das bisschen Freiheit, auf der ich bestehe.
    In den letzten Wochen hatte ich mich bei ein paar Leuten umgetan, was man alles braucht. Der Pitbull war in der Hinsicht ’ne echte Quelle. Keine Ahnung, wie der Typ wirklich heißt. Alle nennen ihn Pitbull, sogar die Beamten. Er ist 165 Zentimeter groß und exakt so breit. Sein ganzer Körper ist tätowiert, und jedem Tattoo siehst du an,

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