33 - Die Werwölfe von Kregen
finden.«
»Und kein Blut.«
»Durchaus.«
Der Widerspruch zwischen diesen militärischen Regularien – dem brüllenden Deldar, dem stammelnden Jungsoldaten, der Routine und Ordnung und Klarheit im Leben – und den unheimlichen Geschehnissen, die einen Atemhauch des Okkulten durch die Gasse streichen ließen, machte mir zu schaffen. Ich nahm nicht an, daß man diesem verdammten Werwolf mit militärischem Drill beikommen konnte.
Meine Stimme hatte wieder einmal ihren altgewohnten unduldsamen Klang, als ich sagte: »Kehren wir zurück, um unsere Angelegenheit mit Strom Volgo zu Ende zu bringen.«
Meine Gefährten stimmten mir zu, und Nath sagte leise: »Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie einen Fellfetzen finden.«
»Dabei habe ich das Ungeheuer getroffen, davon bin ich überzeugt«, warf Seg ein.
»Da du getroffen hast, was du treffen wolltest, das Ungeheuer aber nicht getötet wurde und kein Blut vergoß – muß etwas anderes dahinterstecken –, aber was, Seg?« Nath schüttelte den Kopf. »Ich ahne Schlimmes.«
»Wir müssen die Identität des armen Mädchens feststellen.« Noch immer sah ich die bedauernswerte Gestalt in der Schnauze des Werwolfs: mit baumelnden Armen und Beinen, das weiße Kleid wie ein Mottenflügel.
»Und wir müssen erfahren«, fügte Seg mit beinahe drohender Stimme hinzu, »was sie um diese Zeit allein auf der Straße zu suchen hatte!«
Als wir in das Obergeschoß der Gescheckten Zorca zurückkehrten, hatte Strom Volgo die schwarze Eisenmaske wieder angelegt.
Offenbar war er zu dem Schluß gekommen, daß die Angelegenheit ihn nichts anging.
Ich sah nun folgende Prioritäten: Zuerst mußte Turko Verstärkung erhalten, um die Front zu halten, gleichzeitig war Inchs Lage zu überprüfen. Zweitens mußte ich gegen den Werwolf vorgehen, während ich drittens Natyzha Famphreon und ihrem Sohn Nath nach besten Kräften helfen wollte.
Dies erklärte ich Strom Volgo.
»Diese bedauerliche Reihenfolge muß ich akzeptieren, Majister, denn ich verstehe deine Lage. Ich bin es zufrieden, daß du dein Wort gegeben hast.«
Seg zupfte sich bei diesen Worten am Kinn, aber die Sache war abgeschlossen, und es gab nichts mehr daran zu rütteln.
»Strom Volgo«, sagte ich, als er sich schon zur Tür wenden wollte, »gestatte mir, dir eine halbe Schwadron zum sicheren Geleit aus Vondium mitzugeben!«
Er zögerte und sagte dann: »Wie du willst, Majister. Mein Dank.«
Ein vernünftiger Bursche ...
Für die erste Aufgabe auf meiner Liste hatte ich in der Gestalt Naths na Kochwold das perfekte Werkzeug gleich bei mir. Wir ritten zum Palast zurück, gefolgt von den Wächtern. Es amüsierte mich ein wenig zu beobachten, daß sie die Waffen blank gezogen hatten. Wenn Seg auf das verdammte Wesen schießen konnte, ohne daß es tot umfiel, konnten diese Burschen auch nicht viel ausrichten, mochten sie auch noch so gut kämpfen ... »Nath«, sagte ich, »was Turko betrifft ...«
»Ha!« rief er. »Du willst mich losschicken ...«
»Ich möchte, daß du die Ausbildung der Fünften Phalanx beendest.«
Finster starrte er mich an.
»Na gut. Wie du weißt, mag ich im Leben nur eine Sache lieber als die Ausbildung einer Phalanx – und das ist ihre Leitung während einer Schlacht.«
»Du bist ein blutrünstiger Schurke, Nath!«
»Oh, aye, manchmal mag das wohl sein.«
Während meiner Abwesenheit hatte man die Phalangen neu verteilt. Die Halb-Phalanx, auch Flügel geheißen, wurde allerdings selten bei diesem Namen genannt, weil sie eigentlich keine unselbständige Hälfte darstellte – vielmehr hatten wir ihr den Namen Kerchuri gegeben – eine selbständige Einheit, von denen zwei eine Phalanx bildeten.
Ich erklärte Nath na Kochwold mein Vorhaben.
»Ich nehme die Sechste mit zu Turko. Vondium kann ohne weiteres von der Neunten und Zehnten bewacht werden.«
Der Dritten Phalanx galt unsere besondere Zuneigung. Die Sechste Kerchuri der Dritten Phalanx war im entscheidenden Augenblick der Schlacht von Kochwold in die Lücke vorgedrungen, die die wilden Klansleute auf dem Rücken ihrer Voves zu reißen drohten. Dieser Schlacht entlehnte Nath seinen Namen.
»Na schön. Schließlich kann man die Fünfte wohl kaum eine unerfahrene Einheit nennen. Viele Männer haben schon in der alten Fünften gedient.«
»Gut.«
»Und wenn du uns rufst, drille ich die Burschen noch weiter, während wir dir schon nachmarschieren.«
»Nath, ich hoffe sehr, daß ich das Problem lösen kann, ohne dich um Hilfe zu
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