4 Meister-Psychos
Kopf.
»Komische Dinger. Ich würde sie
nicht anziehen, wenn ich einen Mord vorhätte.«
»Das ist es ja eben. Aber Ihre
Freundin — ich darf doch wohl so sagen — behauptet steif und fest, diese Schuhe
im Paternoster gesehen zu haben.«
Er beugte sich vor und sprach
leise weiter. »Wir sind nun soweit, Dr. Marohn, daß wir Ihren Fall dem
Staatsanwalt übergeben müssen. Neue Ermittlungsergebnisse sind nicht zu
erwarten. Der Staatsanwalt ist kein Kriminalist, Marohn. Für ihn hatten Sie
nach Lage der Dinge das größte Interesse, Dr. Randolph zu beseitigen. Sie waren
kurz vor seinem Tod bei ihm. Sie brachten die tödliche Waffe mit. Daß Fräulein
von Herlyn Interesse hat, Sie zu entlasten, ist verständlich. Sie hätte sonst
sofort die Wahrheit sagen können. Außerdem ist sie nächst Ihnen die
Hauptbelastete. Verstehen Sie? Das Gericht hat gar nicht nötig, auf irgendeinen
Unbekannten zurückzugreifen, der diese mohammedanischen Latschen getragen hat.«
Peter nickte. »Ich verstehe,
Herr Kommissar. Ich danke Ihnen. Sie haben mehr getan als irgendein anderer an
Ihrer Stelle.«
»Marohn«, sagte der Kommissar
eindringlich. »Ich glaube nicht an Ihre Schuld — auch nicht an die Ihrer
Freundin. Ich weiß nicht, ob Sie das tröstet, aber es ist so. Nur — dem Gericht
denselben Glauben beizubringen, ist Sache Ihres Verteidigers — nicht meine.
Gebe Gott, daß er Erfolg hat.« Im Zimmer blieb es still, aber die Welle der
Sympathie zwischen den beiden Männern strömte spürbar durch den Raum, verband
sie wie eine Brücke.
»Morgen gehen die Akten weg«,
begann Nogees wieder. »Sie können sich dann mit Ihrem Anwalt in Verbindung
setzen. Wir suchen weiter, und sobald etwas Neues anfällt, erfahren Sie es.« ,
Er stand auf, reichte Peter die
Hand. »Wiedersehen, Doktor. Vielleicht fällt uns doch noch etwas ein. Nur nicht
weich werden.«
»Sie meinen, Kopf hoch, wer
noch einen hat«, sagte Peter ruhig. »Ich merke es mir. Wiedersehen.«
Als er fort war, setzte sich
Nogees und starrte auf die Sandalen, die noch auf seinem Schreibtisch standen.
Dann fegte er sie mit einer wütenden Bewegung vom Tisch.
In seiner Zelle warf Peter sich
auf das Feldbett und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Ja, nun war es
soweit. Als Mörder angeklagt und wahrscheinlich verurteilt. Selbst wenn er
einigermaßen glimpflich davonkam, was nützte ihm das noch. Wie eine Ratte in
der Falle saß er da. Er lachte lautlos auf. Der Staatsanwalt würde ihm etwas
husten von wegen großem Unbekannten und Opfer unglückseliger Zusammentreffen
und so weiter. Kaltblütiger, vorsätzlicher Mord!
Manchmal kam ihm der unsinnige
Gedanke, er könne es vielleicht doch gewesen sein, doch diese Tat begangen
haben, er wollte sie nur nicht wahrhaben, hätte sie vergessen, verdrängt. Das
kam doch vor. Wahrscheinlich würde er noch ganz verrückt werden.
Ein schöner Start war das! Wäre
er doch bloß drüben geblieben! Viel mehr hätte schließlich nicht passieren
können. Warum mußte er dem Randolph wieder über den Weg laufen! Und Julia!
Jetzt würde sie durch den ganzen Kram mitgeschleift werden, würde seine
Verurteilung miterleben und am Ende vielleicht selbst noch als Mitwisserin
angeklagt werden. Bei den Juristen war alles möglich.
Noch nie, solange er in dieser
Zelle saß, war ihm seine fürchterliche Lage so drohend zu Bewußtsein gekommen.
Die konnten ihn glatt zum Tode verurteilen! Gab es überhaupt noch die
Todesstrafe? Er wußte es nicht genau. Mußte ja ein großartiges Gefühl sein,
morgens im Frühnebel in einen modrigen Hof geführt zu werden und die Silhouette
des Gerüstes mit dem Fallbeil vor sich zu sehen.
Unwillkürlich schüttelte er
sich. So weit war er schon, daß er die Tatsache seiner Unschuld gering
einschätzte gegenüber der Gewalt, der er ausgeliefert war. Er wollte sich zu
ruhigem Nachdenken zwingen, aber es gelang nicht. Randolph, Julia, Paternoster,
Sandalen, um acht, zehn nach acht, alles ging durcheinander und war nicht in
die richtige Reihenfolge zu bringen.
Zum Teufel, es mußte doch
irgendeinen Ausweg geben! Aber wenn der Kommissar keinen fand, wie sollte er
ihn finden?
Wieder und wieder durchdachte
er die Ereignisse des verhängnisvollen Abends, fand neue Umstände und erkannte
sie als alte, ahnte neue Lösungen und verwarf sie wieder. Die Gedanken
verschwammen und schweiften ab, es war nichts zu machen.
So lag er geraume Zeit. Draußen
dämmerte es, im Gebäude wurde es stiller und stiller. Die Beamten
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