47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)
Lächeln boten ihm ein Bouquet aus Schwertlilien dar:
ihre Dankbarkeit, ihr Glaube und ein Band des Vertrauens, das bis in alle Ewigkeit halten würde
.
Er nahm ihr Geschenk mit der Andeutung eines Lächelns an, bevor er sich abmühte, seinen schmerzenden, müden Körper aufzusetzen und schließlich aufzustehen. Er schien ihr unwillkürliches Strecken und ihre Seufzer, bevor sie die Decke wegschob und geschmeidig aufstand, nicht zur Kenntnis zu nehmen. Er glaubte, er hörte sie leise singen, als sie barfuß durch das taufeuchte Gras zu der Stelle ging, an der Kai noch immer tief und fest schlief wie jeder normale Mann, der die halbe Nacht wach gewesen war.
Doch als Oishi die beiden unauffällig beobachtete, bemerkte er, dass sie Kai nicht einmal ansprechen musste, um ihn aufzuwecken. Er hob seinen Kopf und schaute sie an, noch bevor sie die Hände in die Hüften stemmte und ihn scheinbar für seine Faulheit schalt. Ein Lächeln breitete sich bei ihren Worten auf seinem Gesicht aus, dann lachte sie. Das Geräusch war so unerwartet, dass Oishi ungläubig den Kopf schüttelte.
Kai verbeugte sich, als würde er sich für sein Benehmen entschuldigen, und zog sich an dem Baumstamm hoch, an dessen Fuß er geschlafen hatte. Er unternahm keinen Versuch, Mika zu berühren, die ebenfalls respektvollen Abstand hielt und ihm nur dadurch half, dass sie seine Decke faltete. Sie übergab sie ihm, als sei sie ein geliebter Schatz, von dem sie sich kaum trennen konnte, doch Oishi war sicher, dass selbst Chikara nicht aufmerksam genug war, um ihren Gesichtsausdruck zu sehen.
Mika kam zurück zu der Stelle, an der Oishi jetzt seine eigene Decke einrollte. Kai schaute ihr nach, bis sein Blick Oishis traf, der ihn beobachtete. Er verbeugte sich in einer normalen Geste zwischen Gleichgestellten, doch Oishi konnte sich nicht erinnern, dass Kai sich jemals freiwillig vor ihm verbeugt hatte. Und Kais Gesicht zeigte das außergewöhnlichste Gefühl, das Oishi je gesehen hatte.
Schließlich wandte Kai sich ab und ging zu der Stelle, an der die Ronin sich versammelt hatten und darauf warteten, dass ihr Morgenreis gar wurde. Mika hob ihre Decke auf und faltete sie zusammen, als sei es ein Morgen wie jeder andere für sie und sie ein Ronin wie jeder andere.
Die Tage ihrer Reise zurück nach Ako verliefen mehr oder weniger gleich. Die Ronin erfreuten sich an trüben Regentagen genauso wie an Sonnentagen, wenn der Himmel sein Spiegelbild in unzähligen, neu gefluteten Reisfeldern bewundern konnte. Alles, was es auf Erden zu sehen gab, selbst die kleinsten Dinge, erschienen neu und wundervoll, wenn man nicht wusste, ob man sie je wieder sehen würde.
Kai und Mika ritten noch immer zufrieden nebeneinander her, sprachen ein wenig mehr und lächelten wahrscheinlich etwas öfter. Ansonsten war ihnen nicht anzumerken, dass sich etwas zwischen ihnen verändert hatte. Doch jede Nacht schlüpfte Mika in Kais Bett und war bei Sonnenaufgang wieder auf ihrem Platz an Oishis Seite. Die Nacht hütete ihr Geheimnis gut, und falls irgendeiner der Ronin außer Oishi und Chikara etwas vermutete, wagte niemand, es zu äußern.
Die Ronin überquerten die Grenze zu Akos Ländereien, als die Kirschbäume in voller Blüte standen. Berichte über ihre Rache waren ihnen vorausgeeilt, wie sie es geahnt – aber nicht, wie sie es erwartet hatten. Die Nachricht ihrer Tat schien sich wie der Jahreszeitenwechsel über das ganze Land ausgebreitet zu haben. Sie hatten bereits gehört, dass ganz Kyoto und Edo darüber sprachen. Doch genauso überraschend war für sie, dass im abgelegenen Ako die Bewohner in jedem Dorf und die Bauern auf jedem Reisfeld genau wussten, wer sie waren, und innehielten, um sich zu verbeugen, ihnen zuzuwinken oder ihnen im Vorbeigehen Segenswünsche zuzurufen.
Als sie schließlich das Dorf unterhalb von Burg Ako erreichten, hatte sich eine riesige Menge entlang der Dorfstraße versammelt. Alle Ronin, die dazu in der Lage waren, stiegen ab und führten ihre Pferde, weil sie Angst hatten, sie könnten jemanden niedertrampeln.
Oishi bestand darauf, dass Mika auf dem Pferd blieb, damit bei dieser Volksmenge ihre Würde und ihre Sicherheit gewahrt blieben. Sie führte die lange Prozession an und war noch immer die Dame Asano, Erbin von ganz Ako. Dafür spielte es keine Rolle, ob die Gerechtigkeit der Götter den Shogun dazu bewegen konnte, sie wieder in ihren rechtmäßigen Stand zu erheben oder nicht.
Neben ihr stieg Kai wortlos ab und zog dabei
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