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600 Stunden aus Edwards Leben

600 Stunden aus Edwards Leben

Titel: 600 Stunden aus Edwards Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Lancaster
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wird. Richter Robeson wedelt mit der Hand, und der Staatsanwalt tritt neben Mike und seinen Verteidiger und händigt ihnen die Anklageschrift aus.
    Der Verteidiger, Sean Lambert, sagt: »Wir verzichten auf die Verlesung der Schrift, Euer Ehren.«
    Richter Robeson späht über den Rand seiner Brille zu Mike. »Haben Sie den Anklagevorwurf verstanden, Mr Simpson?«
    »Yeah«, sagt Mike.
    »Das heißt: ›Ja, Euer Ehren‹«, korrigiert Richter Robeson.
    »Ja, Euer Ehren.«
    »Und wie lautet Ihre Erwiderung auf die erste Anschuldigung, Verstoß gegen eine einstweilige Verfügung?«
    »Nicht schuldig, Euer Ehren.«
    »Und Ihre Erwiderung auf die zweite Anschuldigung, tätlicher Angriff?«
    »Nicht schuldig, Euer Ehren.«
    Jetzt beginnt das Aushandeln der Kaution. Der Staatsanwalt – ich kenne ihn nicht – sagt: »Das Volk beantragt eine Kaution in Höhe von fünfundzwanzigtausend Dollar, Euer Ehren. Mr Simpson hat auf drastische Weise gegen die einstweilige Verfügung verstoßen, ist vor dem Haus der Klägerin erschienen, hat sie in einen Streit verwickelt, der in einen tätlichen Angriff mündete, und sie gewürgt, was Körperverletzung bedeutet. Wir meinen, dass die Schwere des Sachverhalts und Mr Simpsons deutliche Missachtung der gesetzlichen einstweiligen Verfügung diese Kautionshöhe rechtfertigen.«
    Wieder drückt Donna Middleton meine Hand.
    »Was meinen Sie, Mr Lambert?«, fragt Richter Robeson und macht eine Geste in Richtung des Verteidigers Sean Lambert.
    »Nun, ich hätte einige Einwände, Euer Ehren«, erwidert Sean Lambert. »Bei Mr Simpson besteht keine Fluchtgefahr. Er ist Inhaber eines Kleinbetriebs, Geschäftsführer und einziger Angestellter eines wachsenden Unternehmens. Er ist nicht vorbestraft. Er ist an einem schnellen Verfahren interessiert. Vor dem Prozess würde er gern zu seiner Arbeit zurückkehren und wichtige Dinge regeln. Er hat nicht die Absicht, den Prozess zu behindern, aber fünfundzwanzigtausend Dollar sind zu viel. Wir beantragen eine Kaution von fünftausend Dollar.«
    Donna Middleton umklammert meine Hand mit fast übermenschlicher Kraft, was schrecklich wehtut.
    »Mr Lambert, es ist nicht meine Aufgabe, Ihrem Klienten zu helfen, seine Geschäfte in Ordnung zu bringen«, sagt Richter Robeson. »Nach Ansicht dieses Gerichts und der Bürgerschaft dieses Bezirks sind einstweilige Verfügungen rechtswirksame Dokumente, die befolgt werden müssen, keine Vorschläge, die man je nach Laune einfach vernachlässigen kann. Vielleicht hätte Mr Simpson das bedenken sollen, bevor er sich in diesen Schlamassel hineingeritten hat. Die Kaution wird auf fünfundzwanzigtausend Dollar festgesetzt. Wir sehen uns in zwei Wochen wieder, um einen Verhandlungstermin zu vereinbaren und das weitere Vorgehen zu beraten. Nächster Fall.«
    Richter Robeson schlägt seinen Hammer.
    Donna Middleton löst ihren Griff.
    »War’s das?«, will sie wissen.
    »Das war’s.«
    »Warum nur Körperverletzung? Ich dachte, er würde mich umbringen.«
    »Das ist ein Balanceakt. In der Zeit, als ich hier arbeitete, habe ich nur ganz wenige Fälle von versuchtem Mord erlebt. Eine Absicht ist schwer nachzuweisen. Der Staatsanwalt hat sich die Anklage ausgesucht, von der er denkt, dass er sie gewinnen kann, falls es zum Prozess kommt.«
    »Was meinen Sie mit ›falls‹?«
    »Oft gibt es einen …« Meine Worte fallen ins Leere, als ich sehe, dass Mike Simpson, während er abgeführt wird, auf Donna zuspringt.
    »Ist das dein Neuer, du Schlampe?«, faucht er, während Donna schreiend zu Boden stürzt. »Ich werd euch verdammt noch mal beide umbringen. Ihr seid tot.«
    Donna liegt auf dem Rücken am Boden und strampelt mit den Beinen, um von Mike wegzukommen. Sie schreit und weint und schiebt sich rückwärts zwischen die Sitzreihen, dann dreht sie sich um und krabbelt unter eine Bank. Die beiden Justizwachtmeister packen Mike und ringen ihn vor mir zu Boden. Einmal, mitten in dem Gewühl, biegt er den Kopf zurück und starrt mich an. Seine Halsvenen treten hervor, und sein Gesicht ist ganz rot. »Du bist tot!«, keucht er.
    Richter Robeson steht auf und klopft mit seinem Hammer auf den Block. »Keine Kaution! Antrag abgelehnt!«, ruft er. »Schafft ihn hier raus.«
    So schnell, wie es begonnen hatte, ist das Chaos wieder vorbei. Die Wachtmeister haben Mike Simpson überwältigt, ziehen ihn auf die Füße und schaffen ihn durch eine Seitentür aus dem Gerichtssaal, von wo aus er über einen Sicherheitsfahrstuhl nach

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