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64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

Titel: 64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Beantwortung Ihrer Fragen zu verweigern. Aber zwei Bitten habe ich.“
    „Ich erfülle sie gern.“
    „Lassen Sie den Schuhmacher August Seidelmann, welcher noch in Rollenburg inhaftiert ist, nach hier translozieren, und bemächtigen Sie sich auch der Person des Apothekers Horn. Über den Riesen Bormann wird man sich ärztlichen Bericht erbitten müssen. Ich bin imstande, ihn sofort zu heilen. Horn hat die betreffende Arznei.“
    Er ging, und nach kurzer Zeit wurde der Baron hereingebracht. Er war gefesselt, grüßte nicht, nahm aber sofort auf einem Stuhl Platz.
    „Ich habe Ihnen nicht erlaubt, sich zu setzen, stehen Sie auf!“ gebot ihm der Anwalt.
    Er antwortete nicht. Der Beamte klingelte, und als der Wachtmeister eintraf, befahl er:
    „Nehmen Sie dem Angeklagten den Stuhl weg!“
    Der einstige brave Schließer Christian gehorchte und zog dem Baron den Stuhl fort, so mußte er stehen.
    „Herr Staatsanwalt, was erlauben Sie sich!“ sagte er zornig. „Noch bin ich nicht verurteilt!“
    „Aber Sie stehen unter Anklage!“
    „Ich muß sitzen. Ich bin krank!“
    „Ich werde Sie vom Gerichtsarzt untersuchen lassen. Hält er den Stuhl für Sie unvermeidlich, so werden Sie ihn haben, eher aber nicht.“
    „Ich bin ferner gefesselt!“
    „Aus triftigen Gründen.“
    „Ich weiß aber, daß kein Untersuchungsgefangener gezwungen werden kann, seine Aussagen unter Fesseln abzugeben!“
    „Es herrscht allerdings die humane Gepflogenheit, dem Gefangenen während des Verhöres die Fesseln abzunehmen; aber der Beamte ist trotzdem ermächtigt, dieselben beizulassen, wenn er triftige Gründe dafür hat.“
    „Haben Sie diese vielleicht?“
    „Gewiß!“
    „Welche?“
    „Ich bin Ihnen keineswegs Auskunft schuldig, sage Ihnen aber, daß Sie des Fluchtversuches verdächtig sind.“
    „Ah! Was hat mich verdächtig gemacht?“
    „Die Drohungen, welche Sie heute Nacht gegen den Herrn, welcher Sie gefangennahm, aussprachen.“
    „Ach so. Das waren freilich keine leeren Drohungen; ich werde sie vielmehr wahrmachen.“
    „So behalten Sie die Hand- und Fußschellen.“
    „Dann werde ich Ihnen keine einzige Antwort geben!“
    „Um so schlimmer für Sie. Machen wir aber wenigstens den Versuch. Ich werde Ihnen –“
    „Ah, pah! Geben Sie sich keine Mühe! Ich gebe Ihnen mein Wort, daß ich keine Silbe antworte!“
    „Ich werde dies zu Protokoll nehmen!“
    „Meinetwegen!“
    „Und Sie haben es zu unterschreiben!“
    „Fällt mir nicht ein.“
    „Sie verweigern mir also Antwort und Unterschrift?“
    „Ja.“
    „Sie handeln zu Ihrem eigenen Schaden, und Sie irren sich in mir, wenn Sie glauben, mir in dieser Weise imponieren zu können. Herr Wachtmeister, hat der Gefangene Brot in seiner Zelle?“
    „Ja.“
    „Nehmen Sie es wieder heraus. Franz von Helfenstein bekommt zwar Wasser, zu essen aber bis auf weiteres keinen Bissen. Notorische Mörder und Räuberhauptleute dürfen ihre Ansprüche nicht übertreiben. Führen Sie ihn ab. Er hat seinen Anzug abzulegen und ein Anstaltsgewand aus Drillich zu tragen. Ich werde in einer Stunde nachsehen, ob diesem Befehl nachgekommen worden ist!“ –
    Der Akrobat Bormann lag noch am späten Vormittage schlafend in seinem Bett, als er von seinem Wirt Wunderlich geweckt wurde.
    „Steh auf!“ sagte dieser. „Es sind außerordentliche Dinge geschehen, Dinge, die du gar nicht glauben wirst.“
    „Was denn?“ fragte der Langschläfer gähnend.
    „Der Hauptmann ist arretiert worden.“
    Sofort saß Bormann aufrecht in seinem Bett.
    „Wann?“ fragte er.
    „Drei Uhr morgens.“
    „Wo?“
    „Beim Fürsten von Befour.“
    „Alle Donnerwetter! So weiß man nun wohl auch, wer der Hauptmann ist?“
    „Man munkelt von dem Baron von Helfenstein.“
    „Da schlage doch das Wetter drein! Wie hat man ihn denn erwischen können?“
    „Er ist mit seiner ganzen Bande dort eingebrochen.“
    „Heiliges Pech! Sind außer ihm noch mehr gefangen?“
    „Alle, alle! Und man vermutet, daß noch mancher andere arretiert werden wird, von dem man es gar nicht ahnt und denkt.“
    „Etwa du?“
    „Oder du!“
    „Pah! Aber nun weiß ich, was ich wissen will. Höre, mein bester Wunderlich, du hast mich gestern abend mit so unendlicher Freude willkommen geheißen, daß es mir wirklich noch unendlicher leid tut, deine Gastfreundschaft nur bis heute Abend genießen zu dürfen. Ich mache mich unsichtbar!“
    „Zieh ab mit hellem Klang der Lieder, und komme mir ja niemals wieder!“
    „Kerl,

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