66095: Thriller (German Edition)
Kopf.
»Sie haben gehört, was Lyons gesagt hat«, sagte Kelly. »Retten Sie ihn, bevor es zu spät ist.«
»Ich kann ihn nicht retten«, erwiderte Tom. »Wir haben kein zweites Seil.«
»Dann nehmen Sie das Seil, an dem er hängt.«
»Unmöglich«, entgegnete Tom. »Das Seil muss zwischen drei Bremsstegen des Abseilgeräts hindurchgeführt werden, um ein Mindestmaß an Sicherheit zu gewährleisten. Wenn jemand am Seil hängt, ist das unmöglich zu schaffen – es gibt nicht nach.«
Kelly zog seine Pistole und hielt sie Tom vors Gesicht. »Ich habe nicht den ganzen Weg bis hierher zurückgelegt und ein solches Risiko auf mich genommen, um am Ende ohne das Gold zurückzukehren«, sagte er. »Es muss eine Möglichkeit geben, ihn zu retten. Denken Sie nach, sonst werdet ihr beide sterben. Das Mädchen zuerst.«
»Wenn Sie uns töten, werden Sie ebenfalls sterben«, erwiderte Tom.
»Na und?«, gab Kelly höhnisch zurück. »Ich habe nichts mehr zu verlieren. Aber ihr habt alles zu gewinnen.«
»Okay, okay«, sagte Tom und schlug mit der geballten Faust in die hohle behandschuhte Hand.
»Dann können Sie ihn also retten?« Kellys Miene hellte sich auf.
»Nein«, sagte Tom. »Sie können ihn retten. Sie sind leichter als ich. Ich sage Ihnen, was Sie zu tun haben.«
Kelly starrte auf das Seil. Toms Hoffnung wuchs. Wenn Kelly sich auf seinen Vorschlag einließ und hinunterging, könnten er und Cricket abhauen. Lyons würde es niemals schaffen, das Seil hochzuklettern, nicht, wenn bereits zwei Männer daranhingen. Es wäre zwar schwierig, aber er und seine Tochter könnten in einem gewagten Klettermanöver denselben Weg zurückgehen, auf dem sie gekommen waren. Ihre Essensrationen gingen zur Neige. Aber sie hätten wenigstens genug Wasser, um es bis zum Orpheus-Eingang zu schaffen.
Kelly deutete auf Cricket. »Sie ist leichter als ich«, sagte er. »Sie wird gehen.«
»Nein!«, widersprach Tom. »Sie ist zu schlecht beieinander.«
Kelly hielt Tom die Pistolenmündung zwischen die Augen. Dann fuhr er Cricket an. »Du kletterst jetzt das Seil hinunter, Mädchen, sonst erschieße ich deinen Vater, und zwar auf der Stelle.«
16.58 Uhr
NASA-Lager
Jenkins-Kamm
Labyrinthhöhle
Draußen in der Ferne verhallte das Donnergrollen, doch der Regen prasselte weiter auf das Zeltdach der Kontrollzentrale. Der beißende Geruch der elektrischen Entladung hing noch in der Luft. Die Rufe der Rettungshelfer und das Stöhnen der Verwundeten wurden übertönt von dem Sirenengeheul der Rettungswagen und dem Knattern der Hubschrauber, die auf der Jenkins-Wiese landeten.
Dr. Swain zuckte zusammen, als ein NASA-Sanitäter die klaffende Wunde an seinem Hinterkopf nähte. »Tut ganz schön weh, hm?«, fragte Chester. Sein Neffe hatte mehr Glück gehabt. Er war mit dicken Striemen davongekommen, als ihm bei dem Erdbeben das Halteseil ins Gesicht geschnellt war. Minuten später hatte Swain den Jungen unter dem Computertisch entdeckt, wo er sich verkrochen hatte.
»Was uns nicht umbringt, macht uns stärker«, gab Swain zurück. »Gibt es Daten über das Erdbeben?«
»Ich wollte dir nur mein Mitgefühl zeigen, Onkel Jeff«, sagte Chester.
»Ich brauche Informationen, Chester, keine Emotionen«, erwiderte der Physiker. »Ich muss dahinterkommen, was passiert ist und warum.«
Chester machte den Mund auf, dann schüttelte er den Kopf und setzte sich an einen der wenigen Computer, die noch intakt waren.
Der Sanitäter stach mit einer Nadel tief in die Wunde. Swain hätte am liebsten laut aufgeschrien, aber er biss stattdessen die Zähne zusammen. Unweit von ihm saß Boulter, der sich den Kopfhörer seines Funkgeräts herunterriss, vorsichtig seine gebrochene Nase betastete und dann zu Angelis hinübersah. Ein zweiter Sanitäter war damit beschäftigt, die Schulter des Missionsleiters zu verarzten, der einen Bruch erlitten hatte.
»Meine Leute berichten, dass der Orpheus- und der Paradiso-Eingang komplett zugeschüttet sind«, sagte Boulter. »Der Nautilus-Eingang ist zwar noch nicht ganz eingestürzt, aber niemand kann sagen, wie lange das noch so bleibt. Sie wagen es noch nicht zu graben; der Gesteinsschutt ist immer noch in Bewegung. Irgendwelche Signale von den Sendegeräten in der Höhle?«
In den ersten Minuten nach dem Beben hatten sie einen Teil der technischen Ausrüstung des großen Zelts retten können, aber die elektronische Landkarte, die an den Stützpfeilern gehangen hatte, war zerstört worden. Angelis warf einen
Weitere Kostenlose Bücher