8 Science Fiction Stories
gelesen hatte – das stand mit Sicherheit fest –, dennoch auf eine seltsame, unerklärliche Weise imstande gewesen war, eine innere Verwandtschaft zwischen sich und Harold zu erkennen, und daß er nicht gezögert hatte, dies offen zuzugeben. Außerdem war es Harold völlig unmöglich, die Gedanken des Fremden zu analysieren, obgleich dieser mit unverhülltem Geist einherschritt. Diese Gedanken waren sicher ganz normal und logisch, nur – ihr Schwingungsbereich lag knapp an der äußersten Grenze des Neuralbandes. Sie oszillierten zwischen wahrnehmbarer und nicht wahrnehmbarer Frequenz. Der Versuch, sie zu entschlüsseln, war ebenso sinnlos wie der eines Funkers, mit einem AM-Empfänger die Ausstrahlungen eines FM-Senders zu erhalten. Diese Gedankenmuster mochten ganz normal sein, ihre Schwingungszahlen jedoch waren höchst eigenartig.
Den Kopf noch immer geradeaus gerichtet, betrat der Gegenstand seiner Überlegungen ein Wohnhaus und fuhr mit dem Lift hinauf ins zehnte Stockwerk. Dort angelangt, schloß er eine Tür auf, sah sich zum erstenmal um, bedachte Harold mit einem Lächeln, winkte einladend.
Harold zögerte nicht. Er betrat den Raum, und der andere schloß hinter ihm die Tür. Er erblickte zwei Wesen, die zur selben Gattung gehörten wie der Fremde. Das eine saß auf der Kante eines Tisches und ließ die Beine herabbaumeln; das andere lag ausgestreckt auf einer Sitzbank und war in eine Zeitschrift vertieft.
»Melor, sieh mal …«, begann das Wesen auf der Sitzbank. Es sah auf, erblickte den Besucher, schenkte ihm ein freundliches Lächeln. Dann nahm sein Gesicht einen überraschten Ausdruck an, und es sagte: »Beim Ewigen Licht, Sie sind’s! Wo hast du ihn bloß aufgelesen, Melor?«
Der Geist dieses Wesens war nicht minder verblüffend, und Harold fand sich außerstande, ihm auch nur das geringste zu entnehmen. Dasselbe galt für das andere Geschöpf, das auf dem Tisch saß: Auch seine Gedanken irrten kreuz und quer über die Trennlinie.
»Ich fand ihn auf der Straße«, erwiderte das Wesen, das Melor genannt wurde, »und lud ihn ein, mitzukommen. Er hat einen überaus anziehenden Geruch.« Es setzte sich nieder, bedeutete Harold, es ihm gleichzutun. Auf das Wesen mit der Zeitschrift blickend, fuhr Melor fort: »Was meintest du eigentlich mit diesem ›Sie sind’s‹? Kennst du ihn?«
»Nein.« Der andere schaltete neben sich ein Telegerät ein. »Vor ein paar Minuten gaben sie einen Aufruf an die Bevölkerung durch. Er wird gesucht – dringend.« Das Wesen betätigte einen zweiten Schalter. »Seht, hier ist die Aufnahme!«
Der Bildschirm flackerte. Dann, als er sich beruhigt hatte, erschien das mürrische Gesicht eines Mannes, der, gekleidet in eine prunkvolle Uniform, mit gewichtiger Stimme zu sprechen begann.
»Alle Bürger werden zu verstärkter Wachsamkeit angehalten, um ein entsprungenes, kürzlich von der Front eingeliefertes Spezimen aufzuspüren und, wenn möglich, festzunehmen. Der Name: Harold Harold-Myra. Die Beschreibung …« Er fuhr fort, erging sich in Einzelheiten, schloß dann: »Sein Verhalten ist recht ungewöhnlich, und er besitzt noch keinen eigenen Personalausweis. Alle Bürger sollten sich vor Augen halten, daß er über unbekannte Eigenschaften verfügen mag und daß die Behörde ihn lebend haben möchte. Wenn erforderlich, so rufen Sie den Polizei-Notdienst auf Knopf vier. Hier das Bild des Gesuchten.«
Der Schirm erlosch, flammte wieder auf, zeigte Haralds Gesichtszüge an Hand eines Farbfotos. Im Hintergrund erkannte er einen Teil des Gefängnisses. Diese Mikroaugen hatten ganze Arbeit geleistet!
»Pah!« meinte das Wesen auf der Sitzbank höhnisch. Es
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