999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)
Ordensschwester, um sich Giovanni nähern zu dürfen. Als diese nickte und Margherita vor ihm Platz nahm, erkannte Giovanni eine große Hoffnungslosigkeit in ihrem Blick.
»Margherita.«
Als das Antlitz seiner Geliebten sich mit Tränen benetzte, versuchte Giovanni, ihre Hand zu nehmen, aber sie zog sie sofort zurück.
»Mein Liebster«, flüsterte sie kaum hörbar.
»Hört mir zu, Margherita«, sagte er leise, »wir sind hier, um Euch fortzubringen. Ich bin hier mit einem Freund – Ihr kennt ihn, denn er warnte Euch, als ich in Gefahr war. Draußen warten vier Pferde auf uns – Ihr seid frei.«
Margherita deutete ein sanftes Lächeln an, schüttelte aber den Kopf.
»Ach, Giovanni, Ihr wisst nichts. Giuliano hat eine besondere Enthebung erwirkt, die es ihm ermöglicht hat, mich zu verstoßen. Ich bin nicht mehr seine Gemahlin.«
»Umso besser … dann können wir zusammen sein, ohne uns verstecken zu müssen. Ihr werdet meine Frau werden, Margherita.«
»Das ist nicht möglich. Ich werde bewacht. Es ist wie in einem Gefängnis hier, und in zehn Tagen werden sie mich zwingen, das Gelübde abzulegen. Mich erwartet die Klausur.«
Giovanni schüttelte überzeugt den Kopf. »Nichts dergleichen wird geschehen, Liebste. Wir bringen Euch heute fort von hier, bald. Sie haben kein Recht, Euch gegen Euren Willen hier zu behalten. Und von ein paar Ordensschwestern lassen wir uns bestimmt nicht aufhalten! Ich werde nun hinausgehen und Ferruccio herbeirufen. Und Leonora. Ihr kennt sie nicht, aber Ihr könnt ihr vertrauen. Sobald wir draußen sind, suchen wir das Weite. Uns erwartet ein neues Leben, Margherita!«
»Ich habe Angst, Giovanni.«
Diesmal nahm er fest ihre Hand und küsste sie. Die Schwester kniete weiter betend vor dem Altar und drehte ihnen den Rücken zu. Sie sahen einander tief in die Augen und gaben sich einen bebenden Kuss. Giovanni stand auf, aber Margherita hielt ihn zurück.
»Geht nicht, ich bitte Euch.«
»Liebste, ich kehre gleich zurück, und dann wird uns niemand je wieder trennen können.«
Giovanni warf einen letzten Blick auf die Ordensschwester, die konzentriert Rosenkränze herunterbetete. Dann kehrte er in den Säulengang zurück – fand jedoch niemanden mehr vor. Suchend ging er umher und fand Ferruccio und Leonora schließlich in einiger Entfernung. Sie saßen neben dem Wärter, der auf einer Bank lag.
»Er hat eine Beule auf dem Kopf«, sagte Ferruccio, »aber ich habe ihm nicht allzu sehr geschadet. Er wird aber sehr wütend sein, wenn er wieder zu sich kommt.«
In diesem Moment hörten sie das Geräusch herannahender Schritte. Einen Augenblick später erblickten sie einen Mann mit gezücktem Schwert. Giovanni erstarrte.
»Kennst du ihn?«, fragte Ferruccio, während er in Habachtstellung ging und Leonora sich entfernte.
»Ja«, antwortete Giovanni versteinert, »er heißt Ulrich und ist der Wachkommandant von Giuliano, Margheritas Gemahl.«
Ulrich von Bern trat zur Seite, und zu Giovannis Schreck trat aus der Tür hinter ihm Giuliano Mariotto de’ Medici. Er hatte Margherita am Arm gepackt und zerrte sie brutal hinter sich her. Hinter ihm kam die Äbtissin zum Vorschein.
»Die Friedenstaube unseres Herrn hat verhindert, dass diese geweihten Mauern mit Sünde und Wollust besudelt werden. Geht fort und wagt nicht, den Willen Gottes herauszufordern! Gregorio! Komm her!«
Aber der Riese rührte sich nicht.
Giovanni kam näher, während Ferruccio ihm folgte und hinter ihm stehen blieb.
»Giuliano, lasst sie gehen. Lasst uns in Frieden gehen. Ihr habt sie verstoßen, und sie gehört Euch nicht mehr.«
»Wie könnt Ihr es wagen!«, schrie die Äbtissin. »Gregorio!«
»Seid still!«, knurrte Giuliano. »Das ist meine Angelegenheit. Geht lieber beten!«
Eufemia Cosmopula hielt sich geschockt die Hand vor die Brust. Wie konnte er es wagen? Er auch? Ein devoter Christ und betrübter Ehemann. Er hatte sie eindringlich vor jedem gewarnt, der es wagen würde, mit Margherita in Kontakt zu treten – denn es wären, so versicherte er der frommen Frau, sicherlich Gesandte des Dämons! In diesem Falle, hatte die Äbtissin ihm versprochen, Margherita beizustehen, um der armen Sünderin zur Buße und zur Rettung ihrer Seele zu verhelfen. Wie konnte er sich jetzt nur gegen sie wenden? Ihr wurde schwarz vor Augen, und sie musste sich an eine Mauer lehnen, um nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Und wo war Gregorio?
»Ich wusste, dass Ihr kommen würdet. Ihr konntet nicht
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