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999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

Titel: 999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Adolfo Martigli
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Neben ein paar streunenden Hunden war er der Einzige auf der Straße. Alle Fenster und Türen waren verriegelt. Die Nachricht ihrer Ankunft hatte offensichtlich bereits die Runde gemacht. Das Schild eines Gasthauses erregte seine Aufmerksamkeit. Die Tür war verrammelt, aber aus dem Innern drang Stimmengewirr. Marzio klopfte mehrmals an die Tür, aber niemand öffnete ihm. Also versuchte er zu bitten, und zwar in der lokalen Sprache.
    » Ouvrez! Je vous en prie.«
    Endlich näherten sich Schritte. Jemand spähte durch das Guckloch, und als er sah, dass Marzio allein war, entriegelte er das Schloss und ließ ihn eintreten. Während Marzio sich umschaute, wurde die Tür bereits wieder hinter ihm verschlossen. In einer Ecke saß ein Mann, den er gut kannte, bei einem Krug Wein. Er hatte einen abwesenden Gesichtsausdruck – vielleicht war er ja betrunken, obwohl das so gar nicht zu ihm gepasst hätte.
    »Valdo«, murmelte er und ging auf den einsamen Trinker zu.
    »Marzio?«, das Erstaunen vermischte sich mit der Vernebelung des genossenen Weines. »Was machst du denn hier?«
    Marzio nahm ein Glas, trank es in einem Zug leer und füllte es sich erneut.
    »Ich muss mit dir trinken, um alles zu erzählen.«
    Sie leerten zwei Krüge, bis sie sich alles gesagt hatten. Dann hörte sich Marzio die Geschichte über Dados Tod an und weinte mit ihm.
    »Daran bin allein ich schuld«, sagte Marzio unter Schluchzen.
    »Nein«, erwiderte Valdo wütend, »die Schuld haben immer die hohen Herren! Sie laufen ihren Träumen hinterher. Ihre Hirngespinste sind ihnen wichtiger als ihre Männer, die sie in ihren Wahnsinn mit hineinziehen. Verflucht seien alle Mächtigen – möge der Engel der Vernichtung mich erhören und sie einen nach dem anderen zerstören! Soll er sie aus ihren Palästen treiben, die Hundsfotte den Armen ihrer Huren entreißen und ihre Söhne vor ihren Augen töten. Und nun geh, Marzio, geh zurück zu deinem Herrn, erzähl ihm alles und lass dich gut dafür bezahlen.«
    Fränzchen stieß eine lange Reihe wüster Verfluchungen aus, als er die Geschichte im Detail von Marzio erzählt bekam. Dann machte er seinem Zorn Luft, indem er seine Männer erst mit Tritten aufscheuchte und dann wieder um sich versammelte.
    »Wenige Meilen vor uns reitet eine ganze Kompanie von Savoyarden«, rief er aufgeregt. »Der Graf ist bei ihnen, und ich muss ihn haben, koste es, was es wolle. Wir werden an ihnen vorbeireiten und ihnen eine Falle stellen. Wir sind vierzig Männer, und in Rom warten viertausend Goldflorinen auf uns: Diejenigen, die überleben, dürfen sie sich teilen. Aber seid gewarnt: Ich werde jeden töten, der uns den Rücken zuwendet!«
    »Und du?«, fragte Fränzchen, an Marzio gewandt. »Willst du kämpfen?«
    »Mit Eurer Erlaubnis, Eure Eminenz, möge meine Aufgabe hier enden. Wenn es Euch beliebt, würde ich gerne mit meinem Gefährten weiterziehen.«
    »Das steht dir frei«, sagte Fränzchen sanft und zuckte mit den Schultern.
    Als Marzio ihm jedoch den Rücken kehrte, durchbohrte Cibo ihn hinterrücks mit seinem Schwert, durchstach sein Herz und drückte so lange zu, bis die Spitze seiner Klinge zum Brustkorb heraustrat.
    »Er erwähnte nicht, mit welchem seiner beiden Gefährten er weiterziehen wolle – ob mit dem Toten oder dem Lebenden!«, sagte er fröhlich und drehte sich grinsend zu seinen Männern um. Aber niemand gab mehr einen Laut von sich.
    * * *
    Seit Menschengedenken wurde er nur der Wald Gottes genannt, noch bevor die Bewohner dort ihr Holz sammeln gingen. Es war ein heiliger, friedlicher Ort. Die Druiden sammelten hier ihre magischen Kräuter im Schatten alter Eichen, und diejenigen, die den Wald durchquerten, wussten, dass es sicherer war, im Schatten der Bäume als über die sonnendurchfluteten Lichtungen zu reiten. An jenem Tage versteckte sich hinter jeder Eiche ein mit Pfeil und Bogen bewaffneter Schütze, und jeder Einzelne von ihnen fragte sich, ob er nach diesem Tag in Wohlstand leben oder fern der Heimat sterben würde.
    Sie mussten nicht lange warten. Die herannahende Kolonne bestand aus gut ausgerüsteten Rittern in Reisearmatur. Sie trugen die Farben Savoyens und die goldenen Lilien Frankreichs, die sich im dichten Blattwerk mit dem Licht des Waldes vermischten. Der Vorreiter gab eine zügige Geschwindigkeit vor. Fränzchen wartete, bis die ersten Reiter an ihm vorbei waren, und versuchte unterdessen, Graf Mirandola in der Gruppe auszumachen. Wenn er den Angriff überleben würde, hätte

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