Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)
damals als die sinnloseste Zeit meines Lebens eingestuft habe. Tja, ein bisschen habe ich dazugelernt, damals war ich in meinen Betrachtungen halt etwas oberflächlicher als heute. Jedenfalls weiß ich mit dem Abstand von fast 18 Jahren, dass die Zeit keinesfalls sinnlos war. Sie war sogar sehr wertvoll und hat mir fürs weitere Leben eine Menge gebracht. Der Wert mancher Dinge erschließt sich eben erst im Nachhinein… .
Es begann mit der Grundausbildung, in der wir bei Wind und Wetter mehr im Feld als in der Kaserne rumturnten, durch Schafscheiße robbten und uns den Schikanen unserer Unteroffiziere hingeben mussten. Was haben wir geflucht und uns aufgeregt über diese teilweise hirnlosen, aufgeblasenen Wichtigtuer, die sich darin gefielen, auf primitive Art und Weise Macht über uns Rekruten auszuüben. Leute, die im zivilen Leben keine Chance gehabt hätten, mit derart geringer Intelligenz und Sozialkompetenz eine Führungsposition auszuüben. Im Nachhinein tun sie mir sogar leid, waren es doch arme, verlorene Seelen, die ihr eigenes Leben aus den Augen verloren haben. Von einem habe ich gehört, dass er sich schon vor Jahren umgebracht hat und ein anderer soll gnadenlos dem Suff verfallen sein, genau genommen war er es schon während seiner Unteroffizierszeit. Es gab aber auch positive Ausnahmen unter den Unteroffizieren. Das waren die, die Mensch geblieben sind, zwischen dienstlichen Befehlen und Dummfick, wie wir es nannten, unterscheiden konnten. Durch sie konnte Vertrauen aufgebaut werden, sie haben uns den Glauben gegeben, etwas nicht nur Sinnfreies zu tun. Auf jeden Fall wurde aus dem Haufen völlig wesensunterschiedlicher Jungsoldaten eine eingeschworene Gemeinschaft echter Kameraden, in der anfänglich vorhandene soziale Unterschiede später keine Rolle mehr spielten. Zu „Zecke“ habe ich heute noch Kontakt, und darüber bin ich echt froh. Damals waren wir seelenverwandt. Schlechtere Schützen musste man lange suchen, bei unserer Zielsicherheit der TOW-Panzerabwehrgeschosse hätte sich jeder Feind schlapp gelacht und beim Handgranatenwerfen waren wir die einzigen, die die Dinger nicht gezündet bekommen haben. Dazu musste man sich übrigens ganz schön blöd anstellen. Es war uns egal, wir gefielen uns in der Rolle, die Schlechtesten zu sein, haben uns selbst auf den Arm und den ganzen Zirkus (Bundeswehr) ohnehin nicht ernst genommen. Alles, was wir wollten, war springen! Und das haben wir geschafft! Der Rest war Staffage, die uns nicht sonderlich interessierte, aber eben dazugehörte. Es ist wohl so, dass man im Leben nur gut macht und letztlich schafft, was man wirklich will. Eigentlich doch gute Voraussetzungen, Santiago zu erreichen... .
Genauer betrachtet hatte die Bundeswehrzeit außer Fallschirmspringen natürlich noch eine ganze Menge mehr zu bieten. Ich denke da nur an die vielen Hubschrauberflüge im Rahmen sogenannter Luftlandeübungen und als einen Höhepunkt den deutsch-amerikanischen Fallschirmspringeraustausch sowie noch viele Kleinigkeiten am Rande. Unvergessen, wie wir einem Kameraden eine „Nummer“ im Bordell ausgegeben haben, nur weil der im Mannschaftsheim erwähnte, dass er noch nie in einem solchen Etablissement war. Ich bin sicher, über
die Hälfte der Anwesenden war das vorher auch noch nicht, nur haben die es nicht ausgesprochen. Der „arme“ Kerl wollte erst gar nicht, hatte ja eine nette Freundin, aber er kam nicht mehr raus aus der Sache. Seinem breiten Grinsen nach zu urteilen, als er mit dem wirklich bildhübschen Mädchen wieder aus dem Zimmer kam, muss es ihm gut gefallen haben… .
Weniger lustig war der Vorfall, als ich mit einem Kameraden auf dem abendlichen Heimweg zur Kaserne einen bewusstlos zusammengeschlagenen Landstreicher im Eingangsbereich eines Drogeriemarktes gefunden habe. Natürlich haben wir Hilfe gerufen, standen ein paar Tage danach aber plötzlich selbst wegen versuchten Totschlags unter Verdacht. Ein geistig verwirrter Mann, wie sich später herausstellte, wollte uns angeblich dabei beobachtet haben, wie wir die Tat begangen haben. Die Verhörmethoden der Polizei waren der Hammer. Die wollte uns nur festnageln und zu einem Geständnis drängen. Die Glaubwürdigkeit des Zeugen wurde erst eine Woche später überprüft. Gott sei Dank haben die Ergebnisse von Gewebeproben an unserer Kleidung uns entlastet. Dass wir bis zur Aufklärung der Tat nicht in U-Haft mussten, war nur unserem Hauptmann zu verdanken, der zu keiner Zeit an
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