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Abgründe

Abgründe

Titel: Abgründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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aufgetaucht. Er war in der Nacht nach Hause gekommen und der Spurensicherung in die Arme gelaufen, die immer noch in dem Reihenhaus beschäftigt gewesen war. Er war völlig außer sich, als er erfuhr, was passiert war, und wurde in einem Streifenwagen zum Krankenhaus gebracht. Finnur hatte ihn kurz vernommen, und dabei hatte sich herausgestellt, dass er als Reiseleiter arbeitete und an dem Tag mit einer kleinen Gruppe von Franzosen in Landmannalaugar gewesen war. Beim HotelRangá hatte jemand anderes die Gruppe übernommen, und Ebeneser war in die Stadt gefahren. Diese Aussagen konnte Finnur ganz schnell verifizieren. Ebbi behauptete, nicht die geringste Ahnung zu haben, wer oder was hinter diesem Überfall steckte, seiner Meinung nach musste es sich um einen Einbrecher gehandelt haben. Da er völlig durcheinander war, hielt Finnur es für richtig, die weitere Vernehmung auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.
    Es war bereits Viertel nach elf, als Hermann das Café betrat und sich zu Sigurður Óli setzte. Sie waren für elf Uhr verabredet gewesen.
    »Denkst du vielleicht, dass ich nichts Besseres zu tun habe, als in irgendwelchen Cafés auf dich zu warten?«, fragte Sigurður Óli mit einem Blick auf seine Armbanduhr schroff.
    »Ich musste noch etwas erledigen«, sagte Hermann. »Was willst du von mir?«
    »Es hat nur so viel gefehlt«, sagte Sigurður Óli und unterstrich es mit Daumen und Zeigefinger, »dass die Frau, die versucht hat, euch das Geld aus der Tasche zu ziehen, heute Nacht gestorben wäre. Und es ist keineswegs sicher, ob sie diesen Tag überlebt. Falls ja, kann man wohl davon ausgehen, dass sie schwere mentale Schäden davonträgt. Jemand hat ihr den Schädel eingeschlagen.«
    »War das der Überfall, von dem heute Morgen in den Nachrichten berichtet wurde?«
    »Ja.«
    »War das Lína? Ich habe bloß die Nachrichten gehört. Namen wurden nicht genannt. Aber ein Geldeintreiber wurde erwähnt.«
    »Wir halten es für wahrscheinlich, dass sie von einem Geldeintreiber überfallen wurde.«
    »Und?«
    »Kennst du solche Leute?«
    »Ich?«
    »Ja, du.«
    »Glaubst du etwa, dass ich dahinterstecke?«
    »Ich weiß von niemandem, der bessere Gründe gehabt haben könnte als du.«
    »Moment mal, das war gestern Abend, am gleichen Tag, als ich mit dir geredet habe. Willst du damit sagen, dass ich einen Überfall auf sie arrangiert habe, am gleichen Tag, an dem ich dich gebeten habe, die Sache für uns aus der Welt zu schaffen?«
    Sigurður Óli sah ihn schweigend an. Am Vormittag hatte er als Erstes den neuen Mantel in die Reinigung gebracht. Nicht auszuschließen, dass er nach dem Sturz gestern Abend, als er sich bei der Verfolgungsjagd in den Johannisbeersträuchern gewälzt hatte, völlig hinüber war.
    »Für jemanden in deiner Position ist es immer besser, Fragen direkt zu beantworten statt zu versuchen, Ausflüchte zu machen oder einem die Worte im Mund zu verdrehen«, erklärte Sigurður Óli. »Deine Überlegungen, was ich glaube oder nicht glaube, sind mir ehrlich gesagt scheißegal. Du und deine Alte und euer schmieriger Sex mit anderen ist mir ebenfalls scheißegal. Antworte gefälligst auf meine Fragen, dann lass ich dich zumindest nicht sofort einbuchten.«
    Hermann nahm eine kerzengerade Haltung an.
    »Ich habe dieser Frau nichts getan«, sagte Hermann, »das schwör ich.«
    »Wann hattest du zuletzt Verbindung mit ihr?«
    »Sie hat mich vor drei Tagen angerufen, um mir zu sagen, dass sie nicht länger auf das Geld warten wolle. Sie drohte damit, die Bilder in Umlauf zu bringen. Ich habe sie um etwas mehr Zeit gebeten. Sie gab mir zwei Tage und sagte, sie würde sich nicht noch einmal bei mir melden, ich müsste ihr das Geld nach Hause bringen. Sie drohte damit, dass die Aufnahmen ansonsten auf sämtlichen Porno-Webseiten dieser Welt zu sehen sein würden.«
    »Und das Geld solltest du gestern abliefern, am gleichen Tag, an dem sie überfallen wurde?«
    »Wir haben dieser Schickse niemanden auf den Hals gehetzt«, sagte Hermann. »Wie kommt man überhaupt an so einen Geldeintreiber heran? Annoncieren die in der Zeitung? Ich wüsste gar nicht, wie ich so jemanden auftun sollte.«
    »Hast du nie mit diesem Ebbi gesprochen?«
    »Nein, immer nur mit Lína.«
    »Weißt du, ob ihr die einzigen Opfer seid?«
    »Nein, das weiß ich nicht. Aber es ist wohl ziemlich wahrscheinlich, dass wir nicht die Einzigen sind.«
    »Du hättest ihnen also das Geld nach Hause bringen und im Gegenzug die Fotos

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