Abschaffel
dessen Bild ihm häufig als Vorstellung kam, wenn er onanierte. Vor über zehn Jahren hatten Abschaffel und dieses Mädchen einmal in der gleichen Firma gearbeitet. Er war damals ganz jung gewesen, das Mädchen einige Jahre älter. Sie stand benachteiligt in der Welt und in der Firma, sie war zu dick, zu schwer, zu dumm, zu häßlich und zu ungeschickt. Gern wäre sie trotz allem geliebt worden, und sie bot sich den Angestellten an. Sie war gezwungen, sich deutlicher als andere anzubieten, aber sie wurde abgewiesen von den jungen Angestellten, nicht einmal die Lehrlinge benutzten sie für ihre ersten Erfahrungen, obwohl sie auch für Lehrlinge bereit war. Sie roch aus dem Mund, sie hatte gelbe Zähne, und ihre Wäsche war häufig alt und riechend geworden. So nah, um all dies festzustellen, damit die Ablehnung begründet werden konnte, waren ihr schon viele gekommen, auch Abschaffel. Er war einmal mit ihr in der Registratur auf dem Dachgeschoß des Firmengebäudes gewesen, sie waren allein und standen sich zwischen Ordner-Wänden gegenüber. Abschaffel griff ihr an die Brust, dann kam sie ihm nahe mit dem Gesicht, und es traf ihn ihr Mundgeruch, der ihn augenblicklich lähmte. So wurde das Mädchen herumgestoßen zwischen rasch wieder abgebrochenen Kontakten zu verschiedenen Männern, und niemand sagte ihr, wie sie mit all diesen Ablehnungen leben sollte. Abschaffel erinnerte sich dieses Mädchens in seiner vollständigen Widerwärtigkeit, ja, er fügte seinem Bild noch einige Scheußlichkeiten hinzu, als er wirklich zu onanieren begann. Und er stellte sich vor, wie er, Abschaffel, dieses Mädchen aus seiner Zurückgesetztheit erlöste. Er brachte ihr bei, sich jeden Tag zweimal die Zähne zu putzen, sich den Mundraum zu spülen und alle zwei Tage zu baden und danach frische Unterwäsche anzuziehen. Er half ihr beim Baden, ja, er stellte sich vor, wie er als überwachende Person, das Handtuch über die Schulter geschlagen, an der Tür stand und gutmütige Ratschläge in das Badezimmer hineinsprach. Und er half ihr wirklich, er wusch ihr den Rücken und den Busen, und es gefiel ihr endlos. Sie war so dankbar, daß sie kaum sprechen konnte. Nach dem Bad frisierte sie sich, duftete sich ein von allen Seiten und präparierte sich für den Mann Abschaffel. Denn es war klar in seiner Vorstellung, daß all ihre Vorbereitungen nur im Hinblick auf einen Mann getroffen wurden. Und Abschaffel schlief mit ihr nach dem Baden; er verbrauchte alles, was sie für ihn hergerichtet hatte; ihre Frisur löste sich auf, und während der Beischlafbewegungen wandelten sich ihre kosmetischen Gerüche um, und zum Vorschein kamen wieder die üblen Originalgerüche, der schweißtreibende Höhepunkt endlich ließ sie verschwitzt und stinkend zurück, und jetzt, als es Abschaffel kam, war sie endgültig zurückgekehrt in ihren und seinen Schmutz. In diesem Schmutz lief sie umher, hilflos und ohne Kontakt wie immer, bis Abschaffel sich wieder ihrer erinnerte, sie herausnahm aus ihrem Schmutz und ihr zeigte, wo das Bad sei, und ihr half beim Waschen und bei der Rückkehr in die Begehrlichkeit, damit er sie wieder und wieder beschmutzen konnte.
Für eine Minute sank Abschaffel zurück auf sein Bett. Obgleich er erst gestern onaniert hatte, war ihm heute wieder viel Sperma gekommen. Seine Phantasie vom schmutzigen und von ihm gereinigten und von ihm wieder beschmutzten Mädchen verschwand, und er fragte sich, was er jetzt machen sollte. Es ängstigte ihn die Vorstellung, daß er sich noch dreißig Jahre lang mit seinem Geschlechtsleben beschäftigen mußte. Durch das Onanieren war der Sonntag im ganzen um nicht mehr als zehn Minuten vorangekommen. Schon jetzt wollte er alles über den Verlauf des Tages wissen, und er wünschte sich, den Tag ganz eilig durchleben zu können. Ja! Schneller leben als die anderen. Abschaffel onanierte erneut, diesmal mit starkem Widerwillen und ohne jegliche Phantasie, weil er gar nicht onanieren wollte und es trotzdem tat. Er dachte überhaupt nichts und wartete nur auf die allmähliche Zuspitzung des Reizes. Und nicht mehr weiß und voll wie frischer Schnee, wäßrig und grau kam der Samen beim zweitenmal. Abschaffel wischte sich das Geschlecht ab und stand auf. Es war elf Uhr geworden, und er beschloß, auf das Frühstück zu verzichten und gleich eine Art Mittagessen zu machen. Er stellte einen Topf mit Wasser auf, ließ das Wasser kochen und zerbrach einen Beutel Spaghetti in das Wasser hinein. Die Spaghetti
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