Abschied nehmen
würde nicht mehr an sich halten können.
„Ist ja schon gut“, sagte er und hob abwehrend die Hände. „Doch dann musst du dir auch bewusst werden, dass wir sie nicht anders schützen können. Jeder Einzelne hier in dieser Burg ist in Gefahr, wenn Wentworth mich je aufspürt.
Ich kenne diesen Mann zwar nicht gut, doch habe ich mehr Zeit mit ihm verbracht, als mir lieb ist und ich habe seine schwarze Seele kennengelernt. Er macht vor nichts Halt, Marcus! Für diesen Mann ist nichts heilig außer seiner eigenen Macht, und wenn er es sich in den Kopf setzt, euch alle für mich büßen zu lassen, dann wird es ihn herzlich wenig interessieren, wer eingeweiht war und wer nicht“, sagte er leise und schluckte schwer. „Ich hoffe, wir müssen diesen Tag nie erleben, doch wenn doch, dann wird er grausam für uns alle!“, endete er und versuchte krampfhaft seine Gedanken auf etwas anderes zu lenken, als auf die Bilder aus seinen Träumen, die plötzlich vor seinen Augen auftauchten.
Marcus war ihm dabei allerdings keine große Hilfe, denn der Hüne blieb stumm sitzen und starrte lediglich vor sich hin. So ergriff William wieder das Wort.
„Wenn du schon meine Argumente nicht gelten lässt, dann hoffe ich zumindest, du erhörst meine Bitte, Marcus“, begann er beinahe flüsternd, denn die Worte, die er gewillt war zu sprechen, lagen schwer auf seinem Herzen. „Kannst du dir vorstellen, wie es ist, der Frau, der du dein Herz geschenkt hast, Tag für Tag ins Gesicht blicken zu müssen und zu wissen, dass du sie belügst?“, fragte er und Marcus zuckte kaum merklich zusammen. „Nein, das kannst du nicht. Du und Lilidh habt keine Geheimnisse voreinander, die hattet ihr nie und sie hast du, ohne darüber nachzudenken, in die gleiche Gefahr gebracht, in der wir alle stecken, denn alles andere wäre undenkbar für dich gewesen“, sprach er und Marcus sah nun wehmütigen Blickes zu ihm auf. „Weißt du, Marcus, ich wache des Nachts manchmal schreiend auf, wenn Albträume wieder einmal meinen Schlaf stören. Ich bedrohe sie dabei mit einem Dolch, erschrecke sie damit zu Tode, während ich unser Gemach nach Wentworth und seinen Kumpanen absuche. Dann sehe ich in ihre Augen, sehe die Furcht und das Unverständnis darin, doch statt ihr erzählen zu können, was hier vor sich geht, muss ich irgendwelche Lügengeschichten erfinden und all das als harmlos darstellen.“
Marcus rührte sich noch immer nicht, sah ihn noch immer lediglich schweigend an.
„Manchmal quält mich die Sehnsucht nach meiner Familie. Sie fehlen mir und eine niederschmetternde Traurigkeit überfällt mich, doch wenn Kate mich danach fragt, und das tut sie immer, meist nicht mit Worten aber mit Blicken, muss ich mich wie eine Schlange herauswinden. Ich muss ihr dann versichern, es sei nichts, sie habe mein Verhalten missverstanden und ich weiß genau, was sie in dem Augenblick denkt. Sie denkt, ich hätte kein Vertrauen zu ihr, könnte meine Sorgen nicht mir ihr teilen und ich kann mir denken, wie traurig sie das macht.
Und das kann ich einfach nicht mehr, Marcus. Ich kann sie nicht weiter an der Nase herumführen und mir ständig irgendwelche Ausreden für sie einfallen lassen. Ich will endlich frei mit meiner Frau sprechen können und ihr das Vertrauen entgegen bringen, das sie auch mir entgegen bringt. Ich glaube das Recht steht uns beiden zu.“
Marcus schluckte schwer und senkte den Blick und nach einer kurzen Pause fuhr William fort.
„Ich habe mir auch viele Gedanken über die Konsequenzen gemacht, die meine Beichte mit sich bringen kann. Ich weiß nicht, wie sie auf all die Lügen und auf das, was ich bin, reagieren wird. Es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass sie danach gar nichts mehr von mir wissen will, doch ich muss es riskieren, denn alles andere ertrage ich einfach nicht länger“, endete er, fingerte unruhig an seinem Kilt herum und spürte den bedrückten Blick seines Freundes auf sich. Er wusste ihn nicht zu deuten, hatte keine Ahnung, was die Stille zu bedeuten hatte, doch Marcus ließ ihn nicht lange warten.
Plötzlich stand er auf, kam auf William zu und blieb einen Schritt vor ihm stehen. Dann legte er ihm seine Rechte auf die Schulter, William sah ruckartig auf und der bedauernde Blick seines Freundes sagte mehr als alle Worte.
„Was für ein Narr war ich nur“, flüsterte er trotzdem. „Was für ein dummer,
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