Absolute Beginners
uns rumstand, rief ich ihr zu: »Ist er es? Ist er wirklich der für dich ?« Und Suzette sagte: »Nein, das bist du! Aber ich werde ihn heiraten!« Und genau in diesem Moment hörte die Musik auf, weil ich in der Aufregung des Augenblicks vorher die Nadel zu nah an der Mitte angesetzt hatte.
Also sagte ich allen gute Nacht und angenehme Ruhe und vielen Dank für die Einladung und verließ die Wohnung und trat in die Londoner Dämmerung hinaus. Und es dämmerte wirklich schon: oder vielmehr, um genau zu sein, war es gerade der Augenblick, an dem Tag und Nacht miteinander kämpfen, aber du hast keinen Zweifel, wer triumphieren wird. Gerade fuhr ein Taxi vorbei und bremste höflich für den Wanderer, aber ich wollte Zesty-Boys Fünfer noch nicht anbrechen und außerdem noch ungefähr zehntausend Mal daran denken, was Suze gesagt hatte, also machte ich mich zu Fuß auf den Weg durch die City zu meinem Zuhause oben im Norden, in Napoli.
IM JULI
Stell dir vor, wie ich bei Ebbe am Fluss bis zu den Waden im Matsch stehe und versuche, den Hoplite und die Ex-Deb auf einem gestrandeten Kahn in Pose zu bringen. »Mach nicht so ein Getue «, sagte der Hoplite; und »Mach bloß schnell«, sagte die Ex-Deb-of-Last-Year.
Die Sache war die. Die Ereignisse des letzten Monats hatten mich davon überzeugt, dass die einzige Möglichkeit für mich, jemals eine schnelle Mark zu machen, darin bestand, in die Liga der Spitzenfotografen einzubrechen – d. h. ein paar Abzüge zu produzieren, die so sensationell wären, dass ich in den Zeitungen und Magazinen groß rauskommen und es sogar (das war mein geheimer Traum) schaffen würde, irgendwo eine sagenhafte Ausstellung zu veranstalten, zu der meine vielfältigen Kontakte ihre stinkreichen Freunde mitbringen würden. Wenn du genauer darüber nachdenkst, so wie ich das tagelang getan habe, wirst du feststellen, dass das kein so wilder Einfall ist, wie es vielleicht erscheint. Schließlich verdienen die Kids heutzutage eine Menge Geld, wie ich schon erklärt habe, und was die Fotografie angeht, tja, zur Zeit scheint es sehr in Mode zu sein, Fotografen wie Filmstars zu behandeln, weil, glaube ich, die Kulturgeier ihre komplette Kunstgeilheit mit Schnappschüssen stillen, wobei diese im Grunde verdammt leicht zu begreifen sind – und, sollte ich das erwähnen müssen, auch herzustellen, soweit das nötig ist.
Aber, wie das immer so ist, musste ich auch hier meinen Kniff, meinen Zugang, meine Haltung, meinen Blickwinkel finden. Und nachdem ich tagelang über dem Problem gebrütet hatte, entschied ich mich für einen Plan, der meiner Meinung nach nicht schiefgehen konnte. Er bestand einfach darin, eine Geschichte um die zwei Figuren zu spinnen, die alle interessieren – d. h. die Teenager und die Debütantinnen. Kapierst du? Der Teenager von niederer Herkunft – das Gegenteil eines Märchenprinzen – begegnet der Debütantin, dem armen, kleinen, reichen Mädchen. Daddy und Pop sind beide nicht einverstanden (ebenso wie Mum und Mummy), deshalb müssen Teenage Tom und Diana Debutante einander klammheimlich an ausgesuchten Orten verteilt in der ganzen Hauptstadt treffen (die ich wegen ihrer irren Pittoreskheit auswählen wollte), und die ganze fertige Sammlung würde ein schonungsloses und aufschlussreiches Porträt der Gegenwartskultur ergeben.
Die Hauptschwierigkeit bestand darin, die beiden Hauptrollen zu besetzen, denn obgleich ich haufenweise Teenager kenne und auch die eine oder andere Deb, wollte ich Leute, bei denen ich mich darauf verlassen konnte, dass sie das Geheimnis wahren würden, und die mir eine Menge ihrer wertvollen Zeit ohne direkte Entlohnung zur Verfügung stellen würden, und, vor allem, mussten sie sensationell aussehen, wenn ich sie mit meiner Rolleiflex für die Nachwelt festhielte. Die Ex-Deb war die offensichtliche Wahl für die weibliche Rolle, da ihre Erscheinung, wenn auch nach meinem Geschmack vollkommen bedeutungslos, einfach hinreißend ist – ich meine, sie ist so verdammt glorios, dass sie schon nicht mehr real ist –, doch die große Frage war natürlich: würde sie mitmachen? Tja, Dean Swift sei Dank tat sie das. Denn die Ex-Deb, obwohl man sie nicht direkt als Junkie bezeichnen kann, steigt auf die Nadel, wenn sie das Schönsein nicht mehr ertragen kann, und der Dean konnte ihr, nachdem ich sie einander vorgestellt hatte, in der Frage des Nachschubs helfen. Wenn du mir sagen willst, dass es unmoralisch ist, sie auf diese Art zu angeln, stimme ich dir
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