Achtung, Superheld! (German Edition)
haben?«, fragte Rohan, ohne seine Augen vom Himmel abzuwenden. »Diese Aufnahmen, die sie mit dem großen Teleskop gemacht haben?«
»Mmh.«
»Tja, ich brauche kein Teleskop. Jetzt gerade gucke ich mir das Meer der Stille an.«
»Es gibt ein Meer auf dem Mond? Du spinnst.«
»Es ist überhaupt kein richtiges Meer. Es heißt bloß so. Tatsächlich ist es eine riesige Wüste, nur dass sich der Sand niemals bewegt – weil es natürlich keinen Wind auf dem Mond gibt.«
»Wie unheimlich«, sagte Daniel.
»Irgendwie ja. Aber schön ist es trotzdem.«
»Rohan?«
»Ja?«
»Hast du manchmal Angst, deine Fähigkeiten zu verlieren? Angst vor … du weißt schon, vor dem, was passiert, wenn du dreizehn wirst?«
»Natürlich hab ich Angst«, antwortete Rohan. »Wir alle haben Angst, doch es gibt nichts, was wir tun können. Es wird jedem von uns passieren, egal, was Mollie sagt.«
»Mollie? Was sagt Mollie denn?«
Rohan seufzte. »Mollie ist einer meiner besten Freunde, aber wegen ihr gibt es immer Probleme. Immer stellt sie die Regeln infrage, vor allem die eine. Die dritte Regel: Mit dreizehn ist es vorbei. Sie kann einfach nicht akzeptieren, dass manche guten Dinge dazu bestimmt sind, irgendwann zu enden.«
»Aber du kannst es? Du nimmst einfach hin, dass du all das hier … verlierst, wenn du dreizehn wirst?«
»Eric glaubt, wir könnten durch gute Taten unsere Zukunft beeinflussen. Er denkt, wir könnten wie Johnny Noble erwachsen werden und Superhelden oder so was sein. Ich meine, das ist ein schöner Gedanke und sicher wäre es großartig, wenn es stimmen würde …«
»Aber …«, sagte Daniel.
»Meine Familie glaubt an Pflichterfüllung. Und ja, ich weiß, der Rest von euch macht sich über mich lustig, weil ich ein guter Junge sein will, doch ich kann es nicht ändern: So bin ich nun mal. Ich glaube, wir haben diese Kräfte aus einem bestimmten Grund bekommen, und im Gegenzug müssen wir verantwortungsvoll damit umgehen und die Regeln befolgen. Um unsere Pflicht zu erfüllen. Vielleicht ist es unser Schicksal, unsere Fähigkeiten aufzugeben, wenn wir dreizehn werden«, sagte Rohan und wandte endlich den Blick vom hellen Mond ab. »Du kannst nicht gegen das Schicksal ankämpfen, Daniel. Und solange man es versucht, kann man nicht glücklich sein.«
Daniel sah seinen Freund mit völlig neuen Augen. Rohan war ihm immer ein wenig seltsam vorgekommen, mit seinen Kinderkrawatten und den spießigen Halbschuhen, doch jetzt schien er … fast weise zu sein.
»Wow«, sagte er. »Vielleicht solltest du Mollie mal zum Abendessen einladen und ihr all das erklären.«
»Das würde nicht funktionieren«, erwiderte Rohan. »Mollie hasst Currys.«
Daniel lachte.
Rohan wünschte ihm gute Nacht und verschwand im Haus. Als Daniel seine Windjacke zuknöpfte, erschreckte ihn eine Stimme aus der Dunkelheit.
»Hallo, Neuer.«
Daniel blickte auf und sah Mollie, die am Rand des Gartens stand.
»Oh, hi«, erwiderte er. »Ich hab dich gar nicht gesehen.«
»Das liegt daran, dass ich gerade erst gekommen bin«, sagte Mollie und zeigte in den Himmel.
»Oh, verstehe«, antwortete Daniel. Mann, sie ist wirklich schnell. »Ich dachte, du wolltest nach Hause?«
Mollie zog die Nase kraus. »Ich hab Eric erledigt und dann wurde mir langweilig. Da dachte ich mir, ich schau mal nach, ob die Jungs noch hier sind.«
»Hm, tja, eigentlich war ich gerade auf dem Weg nach Hause.«
»Cool. Ich begleite dich.«
Daniel musterte sie überrascht. Normalerweise suchte Mollie fast nie Kontakt zu ihm, und dies war definitiv das erste Mal, dass sie von sich aus Zeit mit ihm allein verbringen wollte. Sein Misstrauen war sofort geweckt.
Die ersten Minuten gingen sie schweigend nebeneinander her. Daniel verstand nicht, warum es ihm immer so schwerfiel, mit Mollie zu reden, doch es hatte etwas mit der Art zu tun, wie sie ihn ansah – als ob sie ihn prüfte oder darauf wartete, dass er etwas tat oder sagte. Daniel beschloss, die Gelegenheit zu nutzen und etwas zu sagen, das er schon längst hatte loswerden wollen.
»Ich hab mich nie bei dir bedankt.«
Mollie verzog das Gesicht. »Für was hast du dich nie bedankt?«
»Der erste Tag hier, als wir eingezogen sind. Du hast Georgie davor bewahrt, vors Auto zu laufen.«
Mollie zuckte die Achseln. »Das war doch nichts.«
»Doch, das war es! Und ich hab nicht mal gesehen, wie du es gemacht hast. Bist du wirklich so schnell?«
Das entlockte Mollie ein Lächeln. »Wenn es nötig ist –
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