Ackerbau und Unzucht
Das ist alles.«
»Gehört Ihnen der Regenmantel,
auf dem sie liegt?« fragte Greer.
»Ja. Ich zog ihn aus, ehe ich
ins Wasser sprang. Nachher wollte ich sie nicht in den Schmutz legen.«
Mit bleichem Gesicht richtete
sich der Doktor jetzt auf.
»Tod durch Ertrinken, würde ich
sagen. Mehr kann ich erst erfahren, wenn wir sie in der Stadt haben. Sie hat
mehrere Stunden im Wasser gelegen.«
»Lassen Sie die Jungens noch
ein paar Aufnahmen machen, dann können Sie sie meinetwegen gleich mitnehmen.«
»Ist gut«, sagte der Arzt, und
sein Gesicht wurde grün bei dem Gedanken, was ihm nun bevorstand.
»Wir gehen jetzt ins Haus. Hier
können wir doch nichts mehr tun«, wandte Greer sich an die anderen.
»Leutnant«, bemerkte ich
schüchtern. »Das Nachthemd ist weiß.«
»Das sehe ich auch«, antwortete
er unwillig.
»Keine Flecken, nichts«,
beharrte ich.
»Schließlich hat sie
stundenlang im Wasser gelegen«, sagte der Arzt.
»Diese Flecken gehen nicht
raus. Versuchen Sie’s mal, wenn Sie nach Hause kommen.« Ich wies auf seine
grünverschmierten Hosenbeine.
Greer besah sich seine eigene
verschmutzte Hose und kniete neben der Toten nieder. Er untersuchte das
Nachthemd gründlich, ohne es zu berühren.
»Sie war allein — ganz allein«,
sagte ich. »Was halten Sie von der herzerweichenden Geschichte des alten
Hazelton? Irgendwann in der Nacht schlich sie aus dem Haus und ging
schnurstracks ins Wasser!«
Greer richtete sich auf und
blickte sich um. »Der ganze Teich ist von diesem Gürtel aus Sumpfgras und
Binsen umgeben«, sagte er dann nachdenklich. »Sie ist nicht hindurchgegangen,
aber dennoch ins Wasser gelangt.«
»Ist sie vielleicht geflogen?«
konnte ich mir nicht enthalten zu fragen.
Er nickte. »Sie wurde getragen.
Also ist es Mord!«
»Die wollen Sie reinlegen«,
meinte ich gelassen.
Er lächelte grimmig. »Da wären
wir ja wieder beim Thema, Boyd. Ihr Einwand mit den Flecken war ausgezeichnet.
Aber Sie brauchen mich nicht zu erinnern, was Hazelton über den Selbstmord
sagte — ich habe es gehört.«
Er wandte sich an Tigh . »Sie bleiben hier, bis die Leiche abgeholt wird.
Kommen Sie dann nach ins Haus. Dieses Nachthemd möchte ich von allen Seiten
möglichst nah fotografiert haben, so schön weiß, wie es jetzt ist.«
»Jawohl, Leutnant.«
Er winkte mir zu, und wir
gingen zum Farmhaus. Ein Blick auf Greers Gesicht belehrte mich, daß er noch
immer nicht zu sprechen wünschte, also hielt ich meinen Mund.
Vor der Haustür drehte er sich
zu mir um. »Sie kommen mit hinein, Boyd, doch Sie mischen sich in nichts ein,
haben Sie verstanden? Keine Fragen, keine Antworten, keine Einwände, kein
Geplauder. Sie sind wie eine Auster. Nur ein Wort, und Sie sitzen wieder in
Ihrer Zelle, und zwar so schnell, daß Sie sich nicht erinnern können, jemals
draußen gewesen zu sein.«
»Schon gut, schon gut«, grinste
ich »Ich hab’ kapiert.«
Das Wohnzimmer prunkte noch
immer mit frühem Kolonialstil, doch niemand kümmerte sich darum, und es hatte
viel von seiner Imposanz verloren. Die Menschen hier
im Raum wirkten wie Darsteller in einer griechischen Tragödie, zehn Sekunden
nach dem Finale.
Galbraith Hazelton saß gealtert
und zusammengesunken in einem Sessel und starrte geistesabwesend ins
Kaminfeuer. Martha und Sylvia West saßen Seite an Seite auf dem Sofa, das
Entsetzen war ihnen ins Gesicht geschrieben. Der einzige, der ruhig und
unbeteiligt wirkte, war Houston am Ende des Sofas.
Greer war in die Mitte des
Zimmers getreten, ein kaltes Funkeln ganz hinten in seinen intelligenten Augen,
doch das Gesicht blieb ausdruckslos. Ich hielt mich bei Karnak an der Tür, und
wenn ich nicht ich wäre, müßte ich verlegen gewesen sein. Das ist das Gute an
einem so perfekten Profil, es gibt einem ein tolles Gefühl von Sicherheit,
selbst in den peinlichsten Situationen.
»Miss West«, sagte Greer so
plötzlich nach langem Schweigen, daß sie erschreckt zusammenzuckte. »Sie haben
als erste bemerkt, daß Miss Clemmie verschwunden war?«
»Das ist richtig«, sagte sie
mit dünner Stimme. »Sie trinkt morgens vor dem Aufstehen gern eine Tasse
Kaffee. Ich brachte sie, und da war das Bett leer.«
»Und dann?«
»Ich habe mir nichts weiter
dabei gedacht — sie konnte ja im Bad sein — und stellte den Kaffee auf den
Nachttisch. Es mag zwanzig Minuten später gewesen sein, da ging ich noch einmal
nachsehen. Das Bett war noch immer leer und der Kaffee unberührt, da habe ich
dann angefangen, im Haus
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