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Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Titel: Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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warten. Packen Sie jedenfalls alle
einschlägigen Briefe dazu, Kate, und für Macklefield müssen wir eine
Aufstellung der Sachen machen, die wir mitgenommen haben. Aber das
können wir ebenfalls später erledigen.«
    Er nahm eine große Tüte aus seinem Koffer und sammelte die
Papiere zusammen, während Kate in der Küche den Kaffee- und den
Zahnputzbecher abspülte und rasch überprüfte, ob alles, was sie benutzt
hatte, wieder an Ort und Stelle war. Als sie wieder zu Dalgliesh
zurückkehrte, spürte sie, dass ihm das Haus gefallen hatte und er
versucht gewesen war, noch einmal auf das Dach zu steigen. Auch er
könnte in dieser unbeschwerten Abgeschiedenheit zufrieden leben und
arbeiten. Doch sie verspürte Erleichterung, als sie wieder auf der
Absolution Alley stand und schweigend zusah, wie er die Tür zuzog und
zweimal abschloss.

2
    B enton hielt es für unwahrscheinlich, dass
Robin Boyton ein Frühaufsteher war. So war es bereits nach zehn, als er
und DC Warren sich zu Fuß zum Rose Cottage aufmachten. Das Cottage war
ebenso wie das Nachbar-Cottage, das die Westhalls bewohnten, aus Stein
erbaut und hatte ein Schieferdach. Links davon gab es eine Garage mit
einem Stellplatz für ein Auto, davor befand sich ein kleiner Garten,
der hauptsächlich aus niedrigen Sträuchern bestand, durchzogen von
einem schmalen Pfad mit Mosaikpflaster. Die Veranda war von kräftigen,
ineinander verschlungenen Zweigen überwuchert, ein paar verschrumpelte,
bräunliche Knospen und eine rosafarbene Rose in voller Blüte erklärten
den Namen des Cottage. DC Warren drückte die glänzend polierte Klingel
rechts von der Tür, es verging allerdings eine ganze Minute, bis Benton
Schritte vernahm, dann wurden Riegel zurückgeschoben und die
Schlossfalle klickte. Die Tür öffnete sich weit, und Robin Boyton stand
vor ihnen. Er schien absichtlich den Eingang zu blockieren. Nach einem
Moment des unbeholfenen Schweigens trat er auf die Seite und sagte:
»Kommen Sie herein. Ich bin gerade in der Küche.«
    Sie betraten einen kleinen, rechteckigen Eingangsraum, dessen
einziges Möbel eine Eichenbank war, die neben einer Holztreppe stand.
Die Tür nach links war offen. Die Sessel, das Sofa, der polierte runde
Tisch und, soweit zu erkennen war, eine Reihe Aquarelle an der
gegenüberliegenden Wand ließen darauf schließen, dass es sich um das
Wohnzimmer handelte. Sie folgten Boyton durch die offene Tür rechter
Hand. Der Raum ging über die ganze Länge des Cottage und war
lichtdurchflutet. An dem Ende, an das der Garten anschloss, befand sich
die Küche mit einem doppelten Spülbecken, einem grünen Herd, einer
Arbeitsfläche in der Mitte und einem Essbereich mit einem rechteckigen
Eichentisch und sechs Stühlen. An der Wand gegenüber der Tür stand eine
große Anrichte mit Fächern, die Krüge, Becher und Teller enthielten,
während unter dem vorderen Fenster ein Sofatisch und vier Sessel
platziert waren, die allesamt alt waren und nicht zueinander passten.
    Benton ergriff die Initiative und stellte DC Warren und sich
selbst vor, dann ging er auf den Tisch zu. »Wollen wir uns hierhin
setzen?«, fragte er und nahm mit dem Rücken zum Garten Platz.
»Vielleicht möchten Sie gegenüber sitzen, Mr. Boyton«, forderte er ihn
auf, so dass Boyton keine andere Wahl blieb, als den gegenüberliegenden
Sessel zu nehmen, und ihm das Licht durch die Fenster direkt aufs
Gesicht fiel.
    Er wirkte immer noch stark mitgenommen, ob es nun Trauer,
Angst oder vielleicht eine Mischung aus beidem war, und er sah aus, als
hätte er nicht geschlafen. Seine Haut war aschfahl, Schweiß perlte ihm
auf der Stirn, die blauen Augen waren dunkel verhangen. Aber er hatte
sich kürzlich rasiert, und Benton nahm unterschiedliche Gerüche
wahr – Seife, Aftershave und, wenn Boyton sprach, auch eine
Spur Alkohol im Atem. In der kurzen Zeit seit seiner Ankunft war es ihm
gelungen, eine ziemliche Unordnung zu schaffen. Das Abtropfgestell war
voller Teller mit verkrusteten Essensresten und verschmierten Gläsern,
und in der Spüle stapelten sich mehrere Töpfe. Sein langer schwarzer
Mantel hing über einer Stuhllehne, schmutzige Turnschuhe standen neben
der Terrassentür, und die aufgeschlagenen Zeitungen auf dem Sofatisch
vervollständigten das Bild des allgemeinen Durcheinanders. Es war ein
Raum, der vorübergehend bewohnt wurde, jedoch ohne Freude.
    Als Benton Boyton ansah, dachte er bei sich, dass ihm dieses
Gesicht in Erinnerung bleiben würde; die dicken blonden Locken,

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