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Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Titel: Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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Chandler-Powell zu
überreden, sie nicht im Manor aufzunehmen. Nach der Tat dachte ich,
nein, ich hatte ihr nur einen Schrecken einjagen, ihr die Wahrheit über
sich ins Gesicht sagen wollen, sie sollte wissen, dass sie ein junges
Leben und ein großes Talent zerstört hatte. Falls Annabel wirklich vier
Seiten Dialog und Schilderungen abgeschrieben haben sollte, so war doch
der Rest des Romans wunderbar geschrieben und stammte allein von ihr.
Als ich die Hand von ihrem Hals nahm und wusste, es würde nie mehr eine
Verbindung zwischen uns geben, da fühlte ich mich befreit, es war eine
Erleichterung, die gleichermaßen körperlich wie mental war. Es kam mir
vor, als hätte ich durch diese eine Tat die ganze Schuld, Frustration
und Trauer der vergangenen Jahre weggewaschen. In einem einzigen,
beglückenden Augenblick war alles verschwunden. Einen Rest dieser
Befreiung spüre ich immer noch.
    Mittlerweile glaube ich, dass ich ihr Schlafzimmer in der
Absicht zu töten betreten habe. Weshalb hätte ich sonst die
Operationshandschuhe anziehen sollen, die ich später im Badezimmer
einer unbewohnten Suite zerschnitten habe? In dieser Suite hatte ich
mich versteckt, nachdem ich das Manor wie jeden Tag durch den
Vordereingang verlassen und es später mit meinem Schlüssel durch die
Hintertür wieder betreten habe, bevor Chandler-Powell es für die Nacht
verriegelte. Mit dem Aufzug bin ich in die Patientenetage
hinaufgefahren. Ich musste nicht befürchten, entdeckt zu werden. Wer
würde schon auf die Idee kommen, ein leerstehendes Zimmer nach einem
Eindringling zu durchsuchen? Nach der Tat habe ich wieder den Aufzug
benutzt. Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass ich die Tür
aufschließen musste, aber sie war gar nicht abgeschlossen. Sharon war
vor mir hinausgegangen.
    Was ich nach Robin Boytons Tod gesagt habe, entsprach im
Wesentlichen der Wahrheit. Er hatte sich in das Hirngespinst verrannt,
wir hätten die Todeszeit meines Vaters gefälscht, indem wir seine
Leiche tiefgefroren haben. Ich glaube kaum, dass er selbst auf diese
Idee gekommen war. Die stammte von Rhoda Gradwyn, und sie wollten das
gemeinsam durchziehen. Deshalb hat sie nach mehr als dreißig Jahren
beschlossen, sich die Narbe entfernen und die Operation hier
durchführen zu lassen. Aus diesem Grund war Robin bei ihrem ersten
Besuch hier und dann später noch einmal, zur Operation. Die Idee war
natürlich lächerlich, aber ein paar Umstände ließen sie glaubwürdig
erscheinen. Deshalb bin ich nach Toronto geflogen, um Grace Holmes zu
besuchen, die bei meinem Vater war, als er starb. Ich hatte auch noch
einen zweiten Grund für den Besuch: Ich wollte ihr eine Geldsumme
überreichen statt der Pension, die sie meiner Meinung nach verdient
hatte. Meinem Bruder habe ich nicht erzählt, was Rhoda Gradwyn und
Robin planten. Ich hatte genügend Beweise, um die beiden wegen
Erpressung anzuzeigen, falls sie das vorhatten. Aber ich habe weiter
mitgespielt, Robin sollte sich noch tiefer in die Sache verstricken,
bevor ich mich rächen und meinen Triumph auskosten wollte.
    Ich habe mich in der alten Speisekammer mit ihm verabredet.
Der Deckel der Gefriertruhe war geschlossen. Ich habe ihn gefragt, was
er sich genau vorstellte. Er machte ein moralisches Anrecht auf ein
Drittel des Erbes geltend. Wenn wir ihm das ausbezahlten, würde er
keine weiteren Ansprüche stellen. Ich habe ihn darauf hingewiesen, dass
er gar nicht enthüllen dürfte, dass ich den Todeszeitpunkt gefälscht
hätte, ohne selbst der Erpressung beschuldigt zu werden. Er stimmte mir
zu, dass wir uns gegenseitig in der Hand hatten. Ich bot ihm ein
Viertel des Erbes und fünftausend Pfund sofort an. Das Geld hätte ich
in der Gefriertruhe versteckt. Ich brauchte seine Fingerabdrücke auf
dem Deckel und wusste, dass er zu gierig war, der Versuchung zu
widerstehen. Vielleicht hatte er Zweifel, aber nachsehen musste er
trotzdem. Wir sind zur Gefriertruhe gegangen, und als er den Deckel
anhob, habe ich ihn plötzlich an den Beinen gepackt und ihn
hineingeworfen. Als Schwimmerin habe ich kräftige Schultern und Arme,
außerdem war er nicht schwer. Ich habe den Deckel zugeschlagen, und der
Riegel ist eingerastet. Ich war völlig erschöpft und außer Atem, aber
das konnte nicht an der körperlichen Anstrengung liegen. Es war so
einfach gewesen, als würde man ein Kind umschubsen. Aus der Truhe kamen
Geräusche, Rufe, Klopfen, gedämpftes Flehen. Ein paar Minuten bin ich
an die Gefriertruhe gelehnt stehen

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