Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Aethermagie

Titel: Aethermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
Vom Netzwerk:
Ordens gewesen, ein Pater Guardianus, der mit Kraft und großem Verstand die Angelegenheiten des Ordens gelenkt, geleitet und bestimmt hatte. Sein Verschwinden war ein Schlag gewesen, den sein Magister Superior kaum hatte abfedern können, obwohl er selbst einer der Stützpfeiler der Vereinigung war.
    Katya hob lauschend den Kopf. Wer auch immer dort draußen gerade mit festem Schritt nahte, er würde Licht ins Dunkel tragen. Alles Weitere ergab sich daraus.
    Die Schritte hielten vor der Tür an. Jemand klopfte, die Tür wurde geöffnet und die große, kräftige Gestalt des Wärters füllte den Rahmen beinahe vollständig aus. Er trug einen langen, streng geschnittenen Mantel, und seinen Kopf bedeckte ein steifer Hut, den er nun beim Eintreten abzog und mit einer nachlässigen Bewegung auf den kleinen Tisch neben der Tür warf. Das graudurchschossene Haar, das seine Tonsur umrahmte, die schweren Lider über Augen, die weder grün noch grau waren, die kräftige Nase, deren Rücken einmal gebrochen gewesen sein musste, der Mund mit dem freundlichen, aber auch unerbittlichen Schwung seiner Winkel … wenn dieser Mann ein Hochstapler war, der sie aufs Glatteis führen sollte, dann war er so überaus sorgfältig nach seinem Äußeren gewählt worden, dass seine Ähnlichkeit mit dem verschollenen Pater Guardianus selbst seine engsten Vertrauten getäuscht hätte.
    Katya ließ ihre Zigarette achtlos auf dem Rand der Untertasse liegen, sprang auf und reichte dem Mann beide Hände zum Gruß. »Pater Guardianus«, sagte sie, und ihr Herz schlug einen Trommelwirbel bis in ihre Kehle. »Josip. Bei der Ewigkeit, du bist es wahrhaftig!«
    Die Anspannung, die beim Eintreten noch in seinem Gesicht gewesen war, wich einem Lächeln, das aus jeder seiner Falten und Fältchen zu strahlen schien wie eine Sonne. Grünwald ergriff Katalins Hände. »Katya«, sagte er. »Ich hatte nicht gehofft, dich so bald wiederzusehen.« Er zog ihre Hände an sein Herz und beugte sich vor, um Katya auf die Stirn zu küssen.
    Dann ließ er sie los und verneigte sich tief und ehrerbietig vor Horatius Tiez, der zwinkernd zu ihm auflächelte. »Zeitmeister«, sagte er. »Ich bin froh, dass Ihr wohlauf seid.«
    »Gesund und munter, mein Junge«, erwiderte der Professor und gab dem Pater einen sanften Klaps auf die Wange. »Du hast uns in Sorge versetzt. Es war nicht schön von dir, uns so hinters Licht zu führen.«
    Josip Grünwald öffnete seinen Mantel – darunter trug er die zerknitterte helle Kleidung des Wärters, der er zu sein vorgab – und legte ihn über die Lehne eines Stuhls. Dann setzte er sich in den Sessel neben Katya, nahm die Tasse entgegen, die Tiez ihm reichte, und schloss mit einem tiefen Seufzen für einen Moment die Augen. Seine große, derbe Hand umschloss die Tasse behutsam wie eine zarte Muschel. »Es ist gut, wieder hier zu sein«, sagte er nach einer Weile, ohne die Augen zu öffnen. »An diesem Ort schlägt das Herz der Zeitlosigkeit. Ich hatte das Gefühl dafür verloren.«
    »Zwei Jahre, Josip«, sagte Katya nicht ohne Vorwurf. »Du hast uns alle im Glauben gelassen, du seist ums Leben gekommen.«
    Er schüttelte den Kopf, immer noch mit geschlossenen Augen. Seine Erschöpfung wurde mit jedem Moment deutlicher, den er dasaß und sich an seiner Tasse festhielt. »Anselm war über alles informiert«, sagte er zu Katyas Überraschung. Sie hörte Horatius Tiez glucksen, er schien sich zu amüsieren.
    »Der Magister Superior wusste, dass du lebst und wo du dich aufhältst?«, fragte sie.
    Grünwald nickte. Er hob die Tasse an die Lippen und trank. Seine Lider hoben sich und er erwiderte Katyas Blick. Sie flammte vor Empörung, aber seine Miene war so gelassen wie der Klang seiner Stimme, als er seinem Nicken hinzufügte: »Ich hätte ein solches Unterfangen niemals begonnen, wenn ich mir nicht seiner Unterstützung sicher gewesen wäre. Vergib mir, Katalin, dass ich dich nicht ebenfalls ins Vertrauen gezogen habe. Aber ich weiß, dass gerade du verstehen wirst, wie ungemein wichtig in diesem Fall die Geheimhaltung war. Auch Ihr, Meister Horatius …«
    »Ich hätte an deiner Stelle nicht anders gehandelt«, unterbrach der Professor ihn. »Aber nun steckst du den Kopf aus der Deckung. Warum?«
    »Jewgenij«, sagte Katalin.
    »Ich wusste nicht, dass er dein Maulwurf ist.« Grünwald stellte seine Tasse ebenso behutsam ab, wie er sie gehalten hatte. »Aber auch wenn ich es gewusst hätte – ich hätte ihm nicht helfen können. Es war

Weitere Kostenlose Bücher