Aethermagie
geschrieben.
Betäubt ließ sie es geschehen, dass einer der beiden Uniformierten ihren Kopf hinunterdrückte, während der andere sie in den Motorwagen schob. Sie landete unsanft, weil sie sich mit den gefesselten Händen nicht abstützen konnte, auf dem weichen Polster, die Tür schmetterte zu.
Die Fenster der hinteren Kabine waren geschwärzt, sie konnte nicht hinaussehen. Ein schwaches Licht erhellte das Wageninnere, es reichte so eben aus, dass sie die Umrisse der Sitze und Türen wahrnehmen konnte. Durch die geschlossenen Türen hörte sie gedämpfte Stimmen und Schritte, die über den Kies knirschten.
Dann öffnete sich die Wagentür, und der Kommissär stieg ein. Er klopfte mit dem Gehstock gegen die Trennscheibe zum Chauffeur. Der Wagen ruckte an und schaukelte vom Hof. Kato wollte sich zumindest die Richtungen merken, in die sie abbogen, aber sie verlor im Dunkeln zu schnell die Orientierung.
»Wie lange wollen Sie mich festhalten?«, fragte Kato.
Er zuckte die Achseln. »Das liegt nicht in meinem Ermessen.«
»Was erwartet mich?«
Pejić antwortete nicht. Er tappte mit dem Stock auf den Boden und blickte in Abständen auf die Uhr, die er jedes Mal an ihrer Kette aus der Tasche zog und danach wieder einsteckte.
Kato gab es auf, von ihm Antworten zu erwarten. Sie legte den Kopf an die Rückenlehne und schloss die Augen. Ihre Müdigkeit war nicht verschwunden, aber natürlich war sie jetzt viel zu aufgeregt, um dösen zu können. Ihr Herz schlug schnell und beinahe schmerzhaft, sie konnte ihr Blut rauschen hören und das Klopfen des Pulses in ihrer Kehle und ihren Schläfen fühlen.
Der Wagen fuhr eine scharfe Kurve, hielt kurz an und fuhr dann weiter. Kato hörte, wie ein schweres Tor mit einem metallischen Geräusch zufiel. Dann verstummte das dumpfe Puckern des Motors. Pejić beugte sich zu ihr und schloss die Fesseln auf, die er dann in seiner Tasche verschwinden ließ. Kato rieb sich erleichtert die Handgelenke.
Der Kommissär wartete, bis ein Uniformierter Katos Tür geöffnet und ihr höflich die Hand gereicht hatte, um ihr beim Aussteigen zu helfen, dann verließ er selbst den Motorwagen.
Kato sah sich flüchtig um. Ein enger, auf drei Seiten von hohen Mauern umschlossener Hof, die vierte Seite bildete die Front eines mehrstöckigen Hauses. In der Dunkelheit wirkte es beinahe schwarz, aber die Lampe über der Tür zeigte, dass die Fassade in einem dunklen Rotton gestrichen war, der Kato an geronnenes Blut erinnerte. Sie schauderte unwillkürlich.
»Hier entlang, Fräulein von Mayenburg«, hörte sie den Kommissär rufen. Er stand in der Tür, die sich nun geöffnet hatte und in einen schwarz gestrichenen Flur führte. Kato schauderte wieder. Sie holte tief Luft, als wollte sie ins Wasser springen, und folgte Pejić ins Innere des Gebäudes.
Ein kahler, fensterloser Raum. In der Mitte ein Tisch, zwei Stühle. An einer der in einem glänzenden dunklen Grünton gestrichenen Wände ein großer Spiegel – keine gute Qualität, wie Kato mit einem flüchtigen Blick feststellte. Ihr Spiegelbild erschien matt, von Schlieren und Blasen durchzogen und verzerrt.
An der Decke über dem Tisch hing eine Lampe, die ein kaltes Licht abgab. Kato beschirmte die Augen, versuchte den Salamander darin auszumachen, aber das Licht war zu grell und blendete zu stark.
Wie lange saß sie schon hier und wartete? Und worauf wartete sie eigentlich? Kato gähnte und suchte nach einer bequemeren Sitzposition.
Die Tür hinter ihr war verschlossen. Die beiden Uniformierten hatten sie hierher gebracht, durch eine Reihe von dunklen Fluren, in denen ihre Schritte unnatürlich laut hallten. Abgesehen davon hatte sie auf ihrem Weg durch das Haus außer einigen fernen Stimmen und Geräuschen wie von zuschlagenden Türen nichts gehört und es war ihnen niemand begegnet.
Das Zimmer, in dem sie jetzt schon seit einer Ewigkeit wartete, lag zwei Stockwerke unter dem Erdboden. Auf dem Weg hierher war sie an vergitterten Kammern vorbeigekommen, die nichts anderes sein konnten als Arrestzellen.
Dann schoben ihre Begleiter sie in diesen Raum, die Tür schlug hinter ihr zu, und sie hörte, wie ein Schlüssel herumgedreht wurde und ein Riegel zuschnappte. Eingesperrt.
Kato gähnte wieder. Wenn sie sich einfach auf dem Tisch zusammenrollte? Sie war so schrecklich müde, dass die Schläfrigkeit sogar jede Spur von Angst oder Sorge vertrieb. Schlafen – mehr wollte sie nicht. Wenn es sein musste, sogar in einer dieser grausigen
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