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Afrika Saga 02 - Feuerwind

Afrika Saga 02 - Feuerwind

Titel: Afrika Saga 02 - Feuerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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können.
    »Hamburg im Juni duftet nach Jasmin und Heckenrosen«, schrieb sie.
    »Es ist eine beeindruckend schöne Stadt.« Bald darauf kam auch der zweite Brief und danach viele mehr. Aber irgendwann, der Zeitpunkt war nicht genau festzulegen, versiegte der Strom. Anfänglich verstimmte sie das, sie fühlte sich von Maria vernachlässigt, wurde sogar zornig, bald aber spürte sie eine unbestimmte Angst, versuchte mit Logik und dem Gesetz der Wahrscheinlichkeit dagegen anzugehen. Es gelang ihr immer seltener. Die Angst um ihre Tochter nistete sich in ihr ein. Morgens wachte sie damit auf, und es war ihr letzter Gedanke, bevor sie in den Schlaf glitt.
    Diese Angst war es auch, die sie jetzt, nach dem vierten Pferdewechsel, bewog, gegen ihren Impuls anzugehen, den Rest der Strecke zu Fuß zurückzulegen. Sie hatte keine Zeit, einer derartigen Schwäche nachzugeben. Energisch schob sie sich ein weiteres Stück Ingwer in den Mund und kaute heftig. Der Kutscher schien ihre Gedanken zu ahnen und grinste sie mit einem boshaften Funklen in seinen wässrigen Augen an, was sie mit einem eisblauen Blick beantwortete, der ihm das Grinsen aus dem Gesicht wischte. Sie warf den Kopf in den Nacken, raffte ihre Röcke und begab sich ein letztes Mal in dieses Folterinstrument, das sich Postkutsche nannte. Die Tatsache, dass ihr die Reise zurück nach Durban in demselben Gefährt bevorstand, verdrängte sie energisch. Daran zu denken, schien ihr masochistisch.
    Kurz darauf ratterten sie weiter, und sie begann, den Verdacht zu hegen, dass der Postillion aus schierer Gemeinheit jeden Termitenhügel und jedes Schlagloch mitnahm. Der Weg schraubte sich höher und höher, mehr als einmal rutschte das Rad unter ihr weg, wenn die Kutsche dem steil abfallenden Abhang zu nah kam, und sie musste alle Selbstbeherrschung aufbringen, um nicht zu schreien. Es war neblig und eiskalt hier oben, oft tauchten sie in eine Wolke ein oder fuhren über den Wolken, was den Vorteil hatte, dass sie den Grund der tiefen Schluchten nicht sehen konnten, weil er mit weißer Watte gefüllt schien. Endlich erreichten sie die Ausläufer von Natals Hauptstadt, und bald darauf quietschten die starken Radbremsen, und das Fahrzeug wurde deutlich langsamer.
    Die junge Frau, die sich wieder neben sie gesetzt hatte, gab einen hustenden Laut von sich und übergab sich zum wiederholten Mal.
    Obwohl sie es bisher fertig gebracht hatte, aus dem Fenster zu spucken, schleuderte jetzt ein Windstoß einen Teil in die Fahrgastkabine zurück, Catherine aufs Kleid.
    »Entschuldigung«, schluchzte die Frau.
    »Ist schon gut«, erwiderte Catherine und schwor sich, in diesem Leben nie wieder eine Postkutsche zu benutzen. Nicht in Afrika.
    Am Morgen des darauf folgenden Tages, als sie aus der Poststation trat, wo sie das Telegramm aufgegeben hatte, und gerade missmutig überlegte, ob sie sich ein Pferd mieten sollte, um zurückzureiten, kam das Wunder in Gestalt von Francis Court daher. Er trabte mit seinem luxuriösen Vierspänner auf den Marktplatz, um ebenfalls ein Telegramm aufzugeben, und begrüßte sie aufs Herzlichste. Es stellte sich heraus, dass er plante, am nächsten Tag mit seiner eigenen, sechsspännigen Kutsche nach Durban zu reisen. Mit dem tiefsten Seufzer der Erleichterung sank Catherine an diesem Abend nach einem üppigen Abendessen in netter Gesellschaft in ein weiches Bett und schlief traumlos bis zum Morgengrauen. Die Fahrt nach Durban erwies sich als Vergnügen, denn die Kutsche war weich gepolstert, und Francis Court verstand es, aufs Interessanteste zu plaudern, und hatte obendrein für einen üppig gefüllten Picknickkorb gesorgt.

3
    Am Tag, nach dem der Schmetterling sein Leben ließ, bemerkte man in Durban außer einer rasch verwirbelnden Rauchwolke am äußersten Horizont nichts von der Tragödie, die sich in den fernen Hügeln entwickelte.
    Mila Dillon schaute flüchtig hoch, sah die dünnen Rauchfetzen, war aber zu beschäftigt, um einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden. Sie stand mitten im hitzigen Gewühl auf dem Marktplatz im Zentrum der Stadt und stritt sich mit einem krummbeinigen, kleinen Mann mit Bowlerhut über den Preis für einen Sack Kartoffeln. Die Luft war staubig, es roch nach überreifem Obst, frischem Blut, Fleisch, das schon länger abhing, Gewürzen aus Fernost und rottendem Seetang. Stechender Latrinengestank lag über allem. Hunderte von Hühnern gackerten in Käfigen, die zwischen den Achsen eines jeden Ochsenwagens baumelten,

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