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Airframe

Airframe

Titel: Airframe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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Fax auf den Tisch warf. »Pacino ist abgesprungen«, bemerkte sie beiläufig.
    Jennifer drückte den PAUSE-Knopf. »Was ist?«
    »Al Pacino ist eben abgesprungen«, sagte Deborah.
    »Wann?«
    »Vor zehn Minuten. Hat Marty stehenlassen und ist auf und davon.«
    »Was? Wir haben vier Tage lang Background-Material am Set in Tanger abgedreht. Sein Film kommt dieses Wochenende raus - und Pacino war für den großen Zwölfer eingeplant.« Ein zwölfminütiger Bericht in Newsline, der meistgesehenen Nachrichtensendung des Landes, war eine Art von Publicity, die mit Geld nicht zu bezahlen war. Jeder Star in Hollywood wollte in die Sendung. »Was ist passiert?«
    »Marty hat sich in der Maske mit Pacino unterhalten und dabei erwähnt, daß er ihn darauf ansprechen wolle, daß er seit vier Jahren keinen Erfolg mehr gelandet hat. Schätze, Pacino hat sich auf den Schlips getreten gefühlt. Und ist deshalb abgehauen.«
    »Vor laufender Kamera?«
    »Nein. Vorher.«
    »O Gott«, sagte Jennifer. »Das kann Pacino doch nicht tun. Sein Vertrag verpflichtet ihn zu Publicity. Das war doch seit Monaten vereinbart.«
    »Naja, trotzdem. Er hat’s getan.«
    »Was sagt Marty dazu?«
    »Marty ist stinksauer. Marty sagt, was er denn erwartet hätte, das ist eine Nachrichtensendung, wir stellen unangenehme Fragen. Sie wissen schon, typisch Marty.«
    Jennifer fluchte. »Das ist genau das, wovor jeder Angst hatte.«
    Marty Reardon war berüchtigt für seinen schroffen Interviewstil. Obwohl er vor zwei Jahren die Nachrichtenabteilung verlassen hatte, um - für ein viel höheres Gehalt - als Moderator für Newsline zu arbeiten, sah er sich immer noch als kämpferischen Nachrichtenmann, der, hart, aber gerecht, kein Blatt vor den Mund nimmt. Tatsächlich aber brachte er seine Interviewpartner gerne in Verlegenheit, indem er ihnen ungemein persönliche Fragen stellte, auch wenn die mit der Story gar nichts zu tun hatten. Eigentlich hatte niemand Marty für den Pacino-Beitrag einsetzen wollen, weil er keine Berühmtheiten mochte und nicht gerne »Lobhudeleien« machte, wie er es nannte. Aber Frances, die sonst für die Prominenz zuständig war, interviewte in Tokio die Prinzessin.
    »Hat Dick schon mit Marty gesprochen? Können wir da noch was retten?« Dick Shenk war geschäftsführender Produzent von Newsline. In nur drei Jahren hatte er mit viel Geschick aus dem ehemaligen sommerlichen Lückenfüller ein ganzjährig ausgestrahltes Nachrichtenereignis zur besten Sendezeit gemacht. Shenk traf alle wichtigen Entscheidungen, und er war der einzige mit genug Autorität, um mit einer Primadonna wie Marty fertig zu werden.
    »Dick ist noch beim Mittagessen mit Mr. Early.« Shenks Mittagessen mit Early, dem Präsidenten des Senders, dauerten immer bis in den späten Nachmittag.
    »Dick weiß es also nicht?«
    »Noch nicht.«
    »Toll«, sagte Jennifer. Sie sah auf die Uhr: 14 Uhr. Wenn Pacino abgesprungen war, hatten sie ein Zwölf-Minuten-Loch zu füllen, dafür aber weniger als zweiundsiebzig Stunden Zeit. »Was haben wir denn im Kasten?«
    »Nichts. Mutter Teresa wird umgeschnitten. Mickey Mantle ist noch nicht da. Das einzige, was wir haben, ist die Story über die Rollstuhl-Basketballiga.«
    Jennifer stöhnte. »Da macht Dick nie und nimmer mit.«
    »Ich weiß«, sagte Deborah. »Stinklangweilig.«
    Jennifer nahm das Fax zur Hand, das ihre Assistentin ihr auf den Tisch geworfen hatte. Es war eine Pressemitteilung einer PR-Agentur, eine von Hunderten, die jeden Tag in der Redaktion landeten. Wie alle diese Faxe war es aufgemacht wie eine reißerische Nachrichtenagenturmeldung, komplett mit Schlagzeile.
    JAA VERZÖGERT FREIGABE DES N-22-GROSSRAUMJETS WEGEN FORTDAUERNDER ZWEIFEL AN DER LUFTTAUGLICHKEIT.
    »Was ist denn das?« fragte sie mit einem Stirnrunzeln.
    »Hector meinte, ich soll es Ihnen geben.«
    »Warum?«
    »Er glaubt, daß da was dran sein könnte.«
    »Warum? Was ist denn diese JAA überhaupt?« Jennifer überflog den Text; jede Menge Luftfahrt-Jargon, kompliziert und unverständlich. Kein Bildmaterial, dachte sie.
    »Anscheinend«, sagte Deborah, »ist das der Flugzeugtyp, der in Miami Feuer gefangen hat.«
    »Oh, Hector will eine Story über Flugsicherheit bringen? Viel Glück. Die Bilder von der brennenden Maschine hat doch schon jeder gesehen. Und die waren nicht einmal gut.« Jennifer warf das Fax beiseite. »Fragen Sie ihn, ob er sonst noch was hat.«
    Deborah ging, und Jennifer starrte das eingefrorene Bild von Charles Manson an.

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