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Airport-Klinik

Airport-Klinik

Titel: Airport-Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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    »Bitte, Heinrich. Hilf mir doch!«
    Er nickte nur. Er blickte auf das, was da am Boden entstand, starrte ihr ratlos ins Gesicht, starrte die anderen an, beugte sich über sie und flüsterte, als habe er Angst, diese fremden Menschen könnten es mithören: »Kannst du gehen? Da drüben ist eine Toilette.«
    »Ich glaube«, flüsterte sie.
    »Dann versuch es mal. Ich stütze dich.«
    Und wieder biß sie die Zähne zusammen, als er sie hochschob – doch es ging.
    Oh Gott, es schien ihr, als müsse sie durch ein Spalier von Blicken gehen; und die Blicke waren wie Peitschen, die auf sie einschlugen. Wieso half denn niemand? Wo war denn die nette Dame vom kirchlichen Sozialdienst? Die hatte doch gesagt, sie sollte hier warten. Und sie bekämen im Restaurant sogar etwas zu essen, ehe sie den Bus zusammen besteigen konnten.
    »Hören Sie, ich werde den Notarzt rufen«, war eine Stimme zu hören. »Wo gehen Sie denn hin?« Es war der junge Mann.
    »Dorthin!« Heinrich hob die Hand und deutete auf ein Hinweisschild auf grünem Grund. Es zeigte das Symbol einer Frau. »In die Toilette. Wo sollen wir denn sonst hin?«
    In der Airport-Klinik war es Oberpfleger Fritz Wullemann, der den Hörer abnahm, als der Anruf von einem der Mädchen des Informationsdienstes kam, kühl, professionell: »Wir haben da ein etwas ausgefallenes Problem. Da ist 'ne Frau, und die bekommt ein Kind.«
    »Was soll denn daran ausgefallen sein?«
    »Mir ist nicht nach Witzen zumute.«
    »Und wo?«
    Ein leises Getuschel war zu hören, dann kam die Antwort: »Ich hab hier einen jungen Mann, der uns Bescheid gab. Anscheinend hat sich die Dame auf die Damentoilette bei der Gepäckausgabe ›Inland‹ verzogen.«
    ›Verzogen‹, dachte Fritz Wullemann, ›verzogen‹ nennt sie das, die blöde Zicke!
    Er schmiß den Hörer auf die Gabel, drehte sich um: »Los! Dalli, dalli!« Ja – aber wer …? Und in diesem Moment hatte der liebe Gott ein Einsehen: Der junge Arzt Olaf Honolka schob den Kopf durch die Tür. Na, Gott sei Dank!
    »Wo iss 'n der Chef? 'ne Frau kriegt 'n Kind.«
    Honolka riß die Augen auf: »Was?«
    »Nu frag nich, Doktor. Et iss nu mal so.«
    »Ja aber, ich habe …«
    »Du brauchst auch jar nich, Doktorchen … Wenn du mit deinen scheenen Locken in der Damentoilette aufkreuzt, dann laufen die Damens doch schreiend davon. Sogar Gebärende. Wo iss 'n der Chef?«
    »Beim Gipsen.«
    »Na, dann hol ihn. Lauf schon!«
    Das Bild, das sich Wullemann und Chefarzt Dr. Hansen dann bei ihrer Ankunft bot, war eher komisch als besorgniserregend: Da stand eine ältere, grauhaarige Frau, die Plakette des kirchlichen Sozialdienstes am Aufschlag ihrer Schneiderjacke, und schob mit ausgebreiteten Armen ein paar Frauen zurück, die entweder protestierten oder sie ungläubig anblickten. »Haben Sie doch Verständnis. Es gibt ja schließlich genügend Toiletten hier im Airport.«
    »Ein Kind, sagen Sie?«
    »Ja. Ein Kind sage ich.«
    »Ach Gottchen, die Arme!«
    »Können wir mal vorbei?« Hansen und Wullemann öffneten und betraten den kühlen, von Wasserplätschern erfüllten Raum und hörten bereits das Stöhnen. Die Kacheln reflektierten das Licht. Und dort, am Boden … ein Mann beugte sich über die Frau, die da auf dem Rücken lag, die Knie hoch, die Hände auf dem Leib, das Gesicht verzerrt, in der typischen Haltung der Gebärenden.
    Der Mann hielt ihren Kopf, der immer wieder hin- und herpendelte. Und neben dem Paar lag blutige Wäsche. Blutige Flüssigkeit floß auch über die Bodenfliesen.
    »Na, hoffentlich komm wer da nich zu spät, Doktor«, brummte Wullemann.
    Sie kamen nicht zu spät. Die Austreibungs-Periode hatte eingesetzt, ohne Zweifel. Der Puls heftig, sehr gesund. Dabei war die Frau schon an die Vierzig, wenn nicht darüber, soweit sich in ihrem Zustand überhaupt ein Alter schätzen ließ.
    »Wie alt ist sie denn?«
    »Einundvierzig«, sagte der Mann neben ihr mit flatternder Stimme.
    »Sie brauchen nicht hier zu bleiben.«
    »Aber das muß ich doch. Ich kann doch mei Maria net allein lasse.«
    Er sprach ein sonderbares Deutsch, mit schwäbischem Akzent, aber er stammte nicht aus Schwaben. Man sah's. Doch das war nun weiß Gott nicht wichtig, wo er zu Hause war.
    Zwei Minuten darauf kam die nächste Wehe. Ein Transport war im Moment nicht möglich. Sie preßte. Aus dem Leib wölbte sich bereits schwarz und naß der Kopf des Kindes.
    »Tief einatmen!« Hansen beugte sich über ihr Gesicht. Er lächelte. »Es geht wunderbar, Sie werden

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