Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
Vom Netzwerk:
Majestät in Hosen zeigen!«, protestierte die Näherin. »Das ist unanständig und respektlos, und alle Edlen werden über Euch klatschen.«
    »Das tun sie eh schon«, gab Alanna zurück.
    Die Frau schüttelte erbost den Kopf. »Die einzigen Damen, die Kniehosen tragen, sind die, die nicht besser sind, als sie zur Not sein müssen.« Rispah hustete laut, um ihr
Lachen zu verbergen, während ihr die Näherin einen wütenden Blick zuwarf.
    »Ich bin keine Dame – ich bin Ritterin«, knurrte Alanna. »Und als solche werde ich dem Hof meinen Respekt zollen.«
    »Sir Alanna hat recht und du auch«, warf Thayet diplomatisch ein. Sie hielt eine Skizze hoch, die sie gerade angefertigt hatte. »Wäre das ein angemessener Kompromiss?«
    »Mit einem kleinen Gold- oder Silberstreifen am Saum?«, fügte Eleni freundlich hinzu, als die Näherin die Stirn in Falten zog.
    Alanna betrachtete den Entwurf. Er zeigte Hemd, Waffenrock und weiche, weite Reithosen anstatt der Kniehosen. Der Waffenrock war länger als gewöhnlich, er reichte bis zum Knie, war aber an den Seiten bis zur Taille hinauf geschlitzt, um der Trägerin Bewegungsfreiheit zu lassen.
    »Gut so?«, fragte Thayet.
    »Mir gefällt es«, antwortete Alanna.
    »Hm«, kommentierte die Näherin immer noch skeptisch.
    Rispah legte der Frau freundlich den Arm um die Schultern. »Aus der dunkelgrauen Seide, mit – ach so, natürlich! Ich kann verstehen, wenn es Euch vielleicht zu viel wird, wo ja auch noch Prinzessin Thayets und Frau Coopers Ballkleider genäht werden müssen. Vielleicht wäre Frau Weber, die mit ihrem Laden drüben in ...«
    »Es wird mir ganz und gar nicht zu viel!«, fauchte die Näherin und riss sich von Rispah los. »Ganz und gar nicht! Immerhin führe ich ein Geschäft von erstem Rang. Diese Weber verkauft schlechtes Tuch, und ihre Nähte platzen schon bei der ersten Verbeugung wieder auf...« Rispah zwinkerte Alanna zu. Der Streit war bereinigt, und keiner hatte seine Ehre eingebüßt.

    Alanna wurde es unbehaglich, als sie spürte, wie Eleni sie von Kopf bis Fuß musterte. Rasch zog sie sich wieder an.
    »Ohrringe!«, rief Georgs Mutter.
    Alanna vergaß ihr unbehagliches Gefühl und starrte sie an. Sie traute ihren Ohren kaum. »Könnte ich?«, flüsterte sie. Schon ihr ganzes Leben lang hatte sie die Schönheiten am Hof um ihre Ohrgehänge beneidet, und zwar so sehr, dass sie sich weigerte, den einzelnen Ohrring, der einem Mann erlaubt war, zu tragen. Es war einfach nicht dasselbe. Glöckchen, dachte sie, ich besorge mir welche mit vielen kleinen Glöckchen daran, die klingeln, wenn ich mich bewege. Für unterwegs sind sie ja unpraktisch, aber für einen Ball oder hier im Haus ... »Ja, bitte!« Im Handumdrehen hatten Eleni und Thayet sie in einen Sessel bugsiert. Rispah erhitzte die Nadel. »Dürfte eigentlich kein Problem sein«, grinste die Rothaarige, »da du eine Ritterin bist, bist du auch an Blut gewöhnt. Halt still!«
    Alanna biss die Zähne zusammen, als die Nadel eines ihrer Ohrläppchen durchstieß. Ihr wurde flau im Magen, und in ihren Ohren rauschte es. »Weißt du, was die Töchter mir sagten, als ich meine durchgestochen bekam?«, sagte Thayet, als Rispah an Stelle der Nadel einen Seidenfaden durchzog. »Wer schön sein will, muss leiden.«
    »Soll das ein Trost sein?«, stieß Alanna hervor. Sie schloss die Augen, bevor die Nadel ein zweites Mal zustach. Diesmal verwandelte sich das Rauschen in ihren Ohren zu einem Tosen. Dann wurde ihr schwarz vor Augen.
    Jemand wedelte mit Riechsalz unter ihrer Nase herum. Alanna nieste einmal, dann ein zweites Mal. »Was ist passiert?« , fragte sie. Rispah gab den Versuch auf, ihr Lachen zu unterdrücken, Eleni wischte sich die Tränen mit einem Taschentuch
ab. Sogar die Näherinnen schmunzelten. Alanna sah Thayet finster an. »Was ist los, Thayet?«
    »Du bist in Ohnmacht gefallen«, stieß die Prinzessin hervor und brach in schallendes Gelächter aus.
     
    Während die Näherinnen arbeiteten, erzählten Rispah und Eleni den Neuankömmlingen, was im Palast und in der Stadt inzwischen alles passiert war. Das Bild, das sie zeichneten, war trostlos. Jonathans zukünftige Untertanen fragten sich, ob ein Fluch auf ihm lag. Herzog Gareth war vom Tod seiner Schwester und seines Schwagers hart getroffen, er war in den Ruhestand getreten. Zwar zweifelte keiner an den Fähigkeiten seines Sohnes Gary, der nun praktisch Premierminister war, aber seinen Vater hatten alle gekannt und respektiert, während

Weitere Kostenlose Bücher