Alasea 01 - Das Buch des Feuers
nähren. Sie mussten dies unter strengster Geheimhaltung tun, da der Herr der Dunklen Mächte von Gul’gotha danach trachtete, sie auszulöschen. Deshalb wurde die Gebrochene Bruderschaft gegründet.«
»Ein Geheimbund?« fragte Elena atemlos.
›Geheim‹ wäre zu milde ausgedrückt, dachte Er’ril. Seines Wissens kannten nur einige wenige Männer, die heute noch lebten, den Klüngel, dessen Hauptquartier versteckt zwischen den versunkenen Ruinen von A’loatal lag. Kaum jemand wusste, dass die verlorene Stadt immer noch existierte; ihr Zugang wurde bewacht durch die Reste von Magik, die noch nahe bei ihrem Herzen bewahrt wurde. Viele hatten die geheimnisumwobene Stadt gesucht, doch nur ein kleines Häuflein hatte ihren Verbleib entdeckt und es gewagt, sie zu betreten. Diejenigen, die dies getan hatten, waren niemals zurückgekehrt.
»Doch die Bruderschaft beging einen entscheidenden Fehler«, sagte Bol.
Er’rils Augen weiteten sich. Was war das?
Bol fuhr fort. »Geblendet von den mächtigen Energien von Chi, wussten sie die dem Land angeborene Magik nicht zu schätzen, auch nach dem Verlust von Chi nicht.«
»Doch welchen Nutzen haben ein paar schwache Zaubergaben, die den Elementarkräften des Landes mühsam entrungen werden können?« fragte Er’ril. »Welche Wirkung hat das gegen die dunkle Macht der Gul’gotha-Horden?«
Bol wandte sich an Elena. »Jetzt verstehst du, warum die Schwesternschaft gegründet wurde. Männer erkennen nur den Grad der Macht, während Frauen Kett- und Reihfaden eines Kräftegewebes erkennen.«
»Was hat es mit dieser Schwesternschaft auf sich?« wollte Er’ril wissen. »Ich lebe seit vielen Jahrhunderten und habe noch nie das leiseste Raunen über eine solche Gruppe gehört. Wer hat sie gegründet?«
»Es ist keine offene Gruppe wie unsere Bruderschaft. Man muss dafür geboren sein.«
»Wie das?«
Bol schwenkte den Pfeifenkopf. »Du hast gefragt, wer die Schwesternschaft gegründet hat. Eine Person. Du kennst sie vielleicht sogar oder weißt von ihr.«
»Wer ist es?« Er’ril richtete sich in seinem Sessel senkrechter auf.
»Svesa’kofa.«
Der Name hatte eine Wirkung, als ob ihm ein Ziegelstein auf den Bauch gefallen wäre. »Die Hexe von Geist und Stein!« Er erinnerte sich daran, wie er das letzte Mal die Erwähnung ihres blasphemischen Namens gehört hatte, und zwar von Greschym in der Nacht der Erschaffung des Buches. Der einhändige Magiker hatte davor gewarnt, dass das Buch die Wiedergeburt der Hexe ankündigen werde.
»Ja«, sagte Bol. »Sie ist eine ferne Vorfahrin von mir. Sehr fern. Sie war schon eine uralte Legende, als du noch ein Junge warst.«
»Du kannst deinen Stammbaum bis zu dieser bösen Hexe zurückverfolgen?«
»An ihr war nichts Böses.« Bols Wangen röteten sich. »Sie war eine Frau, die mit Gaben gesegnet war, die denen der Männer gleichkamen oder sie in mancher Hinsicht sogar übertrafen. Sie trug das Zeichen der Rose. Doch die Männer wurden mit der Vorstellung nicht fertig, dass eine Frau über eine gleichwertige Macht verfügte wie sie. Lügen wurden in die Welt gesetzt, um sie in Misskredit zu bringen.«
Er’ril merkte, wie Elena bei den Worten ihres Onkels zusammenzuckte, doch das Herz pochte ihm so laut in den Ohren, dass er ihr keine weitere Beachtung schenkte. »Unmöglich! Chi segnet niemals Frauen mit seinen Gaben!«
»Wer hat etwas von Chi gesagt?«
»Wie bitte? Willst du etwa andeuten, dass elementare Magik gleichwertig wie Chi ist?«
Bol blies die Wangen auf und sandte Pfeifenrauch in den Raum. »Zu gewissen Zeiten, ja, das glaube ich. Doch es war keine elementare Magik, die ihre Macht mit Svesa’kofa teilte.«
»Was dann?«
»Du eilst der Geschichte schon wieder voraus.«
Er’ril biss sich auf die Zunge, um sich davon abzuhalten, den Alten zu maßregeln. Offenbar musste dieser die Geschichte in seiner eigenen Geschwindigkeit erzählen. »Gut. Weiter«, murmelte er.
»Gegen Ende von Svesa’kofas Lebensspanne verließ sie ihre Magik, nicht jedoch ohne ihr zuvor zu versprechen, zu ihren Nachfahren zurückzukehren, wenn sie am meisten gebraucht würde. Svesa’kofa wurde vor einem schwarzen Schatten gewarnt, der sich über das Land Alasea ausbreiten würde. Wann genau diese finstere Zeit hereinbrechen würde, wurde ihr nicht verkündet. Also gründete Svesa’kofa einen Bund, der sich aus ihren weiblichen Nachfahren zusammensetzte. Sie lehrte sie, sich auf die Rückkehr der Magik vorzubereiten. Svesa’kofa
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