Alasea 01 - Das Buch des Feuers
Nachfahrin unseres Königs.«
Merik sank auf die Knie und hob sein Schwert auf. Seine Bewegungen und sein Gesicht drückten so sehr Niederlage aus, dass selbst der Umstand, dass er die Waffe wieder an sich nahm, bei Kral keinerlei Beunruhigung auslöste. Merik hielt den Griff des Schwerts in seinen dünnen Händen. Mit einer Kraft, die Elena ihm niemals zugetraut hätte, zerbrach er es über dem Knie. »Ich bin gekommen, einen König zu suchen, und habe stattdessen eine Königin gefunden.« Er bot das zerbrochene Schwert Elena dar. »Mein Leben gehört dir.«
Elena blinzelte, verwirrt durch diese seltsamen Worte.
Onkel Bol ersparte es ihr, antworten zu müssen, doch seine Worte waren alles andere als tröstlich. »Er’ril stirbt! Ich brauche Hilfe!« rief er von der anderen Seite der Höhle herüber.
Alle Augen wandten sich dem Onkel zu. Elena sah, wie der Körper des Schwertkämpfers sich krümmte; er warf den Kopf nach hinten, seine Augen waren geöffnet, aber blind. Sein Atem drang stoßweise aus der Brust.
Der tote Falke fiel Elena aus den Händen.
Er’ril schwamm durch ein Meer aus Schwärze. Er kämpfte gegen dessen Sog an, aber er ermüdete schnell, seine Glieder wurden bleiern vor Anstrengung. Dunkelheit verdichtete sich um ihn herum, floss durch seinen Körper, zäh wie Lebensmark im Winter, und er sank unter die Oberfläche.
Während er in die Tiefe trudelte, gab er seine Gegenwehr auf, nicht so sehr, weil er sich seinem Schicksal ergab, sondern einfach nur, weil er praktisch veranlagt war. Er hatte seine Kraft in diesem Kampf vergeudet. Während sich seine Energie wieder in ihn zurückzog, sahen seine Augen allmählich verschiedene Farbtöne, die durch die Schwärze um ihn herum fluteten. Die kräftigste Strömung war das brackige Grün eines Morastes. Ein Wort kam ihm in den Sinn: Gift. Irgendwie wusste er, dass die Klingen der Kobolde in unheilvolle Alchemie getaucht worden waren.
Worte aus weiter Ferne kribbelten ihm im Ohr.
»Was tut sie?«
»Leg den Dolch nieder!«
»Ich fühle keinen Herzschlag.«
»Er ist tot.«
»Nein!«
Er’ril wusste, dass all das eigentlich eine Bedeutung für ihn haben müsste, doch Dunkelheit durchdrang seinen Geist und ringelte sich in seinen Schädel hinein. Sie sprach ebenfalls mit einer Stimme, flüsterte beschwichtigend. Er lauschte.
Die Stimme tröstete ihn, und die Schwärze, durchzogen von grünem Eis, arbeitete sich durch sein Blut zu seinem Herzen. Warum war es so kalt geworden?
Während selbst diese Frage aus seinem Bewusstsein schwand, mischte sich eine neue Stimme ein. Er versuchte, sie zu verdrängen, doch er war zu schwach. »… Kämpfe. Mach weiter. Bitte, verlass mich nicht!« Kannte er diese Stimme? Er ließ sich von den Strömungen der Schwärze davontragen. Es war gleichgültig.
Er schwebte… in Frieden.
Dann brach ein grelles Licht durch die Schwärze, um ihn mit bohrenden Krallen zu packen. Bei dieser Berührung kämpften Eis und Feuer in seinem Blut gegeneinander. Er wand sich in diesem Griff. Noch nie hatte er solche Todesqualen erlitten. Jede Verletzung, die er jemals davongetragen, jeder Schmerz, den er jemals durchgemacht hatte, kehrten in einer einzigen sengenden Feuerlanze zu ihm zurück. Er stieß einen schrillen Schrei aus, als die Klaue seinen Körper aus dem Meer der Schwärze in eine brennende Helligkeit riss. Nein! Das schmerzte zu sehr! Er versuchte, dem Griff zu entkommen, wieder zurückzutauchen in die kühle Dunkelheit, aber er gab ihn nicht frei.
Das Licht brannte durch ihn hindurch, vertrieb die Schwaden von Schwärze aus seinem Schädel. Die Streifen grünen Gifts breiteten sich nicht weiter aus, wurden aber auch nicht weggetrieben. Wie Flussschlangen schwammen sie und versteckten sich und warteten darauf, zuzuschlagen, sobald das Licht verblassen sollte.
Helle Farbkleckse tanzten jetzt durch sein Sichtfeld, wirbelten in trägen Spiralen. Er stellte fest, dass seine Augen blinzeln konnten. Jeder Wimpernschlag verlangsamte das Wirbeln, bis die Farbkleckse Gesichter wurden.
Er sah Elena, die sich über ihn neigte, Bol über ihrer Schulter und Kral neben dem Alten.
Der Mann aus den Bergen war der Erste, der sprach. »Du hast ihn gerettet! Ihn geheilt!«
Elenas Gesicht war blass, eingesunken. Ihre feuchten Augen waren von Schmerz gezeichnet. Sie zog die Hand von der seinen. Er’ril sah, dass ihre Hand von Blut leuchtete. Ihr Daumen war am Ansatz tief eingeschnitten. Er sah den Dolch in ihrer Hand. Es war
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