Alasea 03 - Das Buch der Rache
gepolsterte Stühle zum Sitzen ein.
Aus einem der Stühle sprang ein vertrauter, spindeldürrer Geselle in abgetragenen Kleidern auf und begrüßte Mikela. Seine Gesichtszüge wirkten verkrampft und seine Lippen dünn und grüblerisch. Die geschlitzten, bernsteinfarbenen Augen unter dem mattbraunen Haar glichen denen seines Zwillingsbruders. »Mogwied«, rief Mikela und wünschte sich, sie könnte das Stirnrunzeln des Mannes in einen etwas hoffnungsvolleren Gesichtsausdruck verwandeln. »Dein Bruder Ferndal ist unten und bewacht mein Pferd. Er wird sich freuen, dich gesund zu sehen.«
Diese Neuigkeiten trugen jedoch nur wenig dazu bei, die Stimmung des Mannes zu heben. Die Miene des Gestaltwandlers wurde eher noch finsterer. »Es wird mir gut tun, meinen Bruder wiederzusehen«, meinte er nur.
Mikela richtete ihren fragenden Blick auf Tol’chuk. Der Og’er zog seine Mutter zu einem der Betten. »Sei Mogwied nicht böse«, murmelte er und versuchte sein Bestes, leise zu sprechen. »Unser aller Herzen sind schwer.«
Als sie näher kamen, bemerkte Mikela, dass das Bett nicht leer , und ihre Sinne prickelten stärker, als sie die aufkommende elementare Wind Magik spürte. Sie wusste, wer in dem Bett lag: Merik, der Elv’e, Edler aus dem Hause Morgenstern. Doch auch als sie direkt neben dem Bett stand, erkannte sie ihn kaum. Merik, dessen hagere Gestalt halb von Leintüchern bedeckt war, war nicht mehr der Mann, den sie zuletzt in Schattenbach gesehen hatte. Die Haut über seinem Brustkorb war größtenteils versengt; der Gestank von verbranntem Fleisch haftete an ihm wie die heilenden Verbände, die um seine Brust gewickelt waren. Die Lippen waren geschwollen und rissig, das schöne Silberhaar bis zur Kopfhaut versengt. Glücklicherweise schien er zu schlafen, er hatte die Augen geschlossen und atmete tief und regelmäßig. Mikela spürte, dass diese kleine Erholung nur der Wirkung der Balsame und Elixiere Mama Fredas zu verdanken war.
Mikela konnte seinen Anblick nicht länger ertragen. »Was ist geschehen?«
»Er wurde gefangen genommen und von einem der Sucher des Herrn der Dunklen Mächte gefoltert.« Tol’chuk erzählte von den Ereignissen, die sie schließlich hierher geführt hatten: wie er seinen Gefährten Merik in letzter Minute vor einem schrecklichen Zwergenherrscher gerettet und wie Mogwied in der Burg der Stadt zwei Bösewächter überlistet hatte. »Wir flüchteten auf die Kähne, als der Turm der Anlage bröckelte und schließlich fiel. Merik ging es jedoch immer schlechter, seine Verletzungen sind zu schwerwiegend. Wir konnten ihn zwar vor dem Zauberbann retten, aber das Eitern und Faulen seiner üblen Wunden nicht verhindern. Wir hatten großes Glück, dass uns ein Gastwirt gleich nach unserer Ankunft in Port Raul Mama Freda empfahl.«
»Ich glaube nicht, dass das Glück war, Tol’chuk«, murmelte Mikela. Sie wusste, dass Großmut selten war in der Hafenstadt und auch meist mit einem hohen Preis verbunden. Der Wirt hatte wahrscheinlich Angst, sich anzustecken, und war froh, dass er die Gruppe zu der Heilerin weiterschicken konnte, statt in seiner Herberge eine Seuche zu riskieren.
»Glück oder nicht, nun sind wir hier.« Tol’chuk gab Tikal, der nun in seinen Taschen wühlte, ein Stück Keks. Der Tamrink schluckte das kleine Geschenk im Ganzen hinunter und leckte sich anschließend jeden Finger einzeln ab.
»Doch, es war Glück«, meinte Mama Freda dazu. »Die Süße Mutter selbst hat über euch gewacht.« Sie hob Tikal von den Schultern des Og’ers, trug ihn zu einem der Polsterstühle und setzte sich. »Ich brauchte ein Kraut, das nur in Yrendl wächst ein seltenes Gut, das ich hier weiterzüchte , um sein Fieber zu senken Noch ein Tag, und er wäre mit Sicherheit tot gewesen.«
Tol’chuk nickte. »Merik geht es schon viel besser.«
Mikela runzelte die Stirn. Wenn es dem Elv’en heute schon besser ging, wagte sie sich gar nicht vorzustellen, wie er wohl gestern ausgesehen hatte. Sie sah sich im Raum um. »Und was ist mit Kral? Wo ist er?« Der Mann aus den Bergen war das einzige Mitglied der Gruppe, das sie noch nicht gesehen hatte.
Mogwied antwortete. »Er hält am Nordtor der Stadt nach dir Ausschau. Wir wussten nicht, durch welches Tor du Port Raul betreten würdest.«
»Er wird nicht vor Eintritt der Dunkelheit zurück sein«, fügte Tol’chuk hinzu.
»Seit wir Schattenbach verlassen haben«, erzählte Mogwied, »ist der große Gebirgler immer ruheloser geworden. Er ist
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