Alex Cross 05 - Wer Hat Angst Vorm Schattenmann
nötig.
W ir glauben, dass das ›Spiel‹ in Bangkok entstand, wo drei der vier Spieler im Jahre ‘91 stationiert waren. Der Vierte, Highsmith, war Mentor von George Bayer, der bei den Vier Reitern die Figur der Hungersnot spielt. Highsmith hat immer von London aus gearbeitet.«
»Erzählen Sie mir von Highsmith«, sagte ich.
»Wie ich schon sagte, war er stets im Hauptbüro in London tätig. Er war hochrangiger Analytiker und hat später etliche Agenten geführt. Highsmith ist ein überaus intelligenter Bursche, der hohes Ansehen genießt.«
»Er hat behauptet, die Vier Reiter seien nur ein harmloses Fantasy-Spiel.«
»Das mag für ihn zutreffen, Alex. Vielleicht sagt er die Wahrheit. Seit ‘58 sitzt er im Rollstuhl. Autounfall. Seine Frau hatte ihn kurz zuvor verlassen, und er wurde nicht damit fertig.
Er ist ein Riesenbrocken, wiegt mehr als zweieinhalb Zentner.
Ich bezweifle, dass er sich in den schäbigeren Gegenden Londons herumtreibt und junge Frauen ermordet. Das hat Shafer doch hier in Washington getan, wie Sie glauben, nicht wahr?
Die Jane-Namenlos-Morde begangen?«
Jones hatte Recht, und ich bestritt es nicht. »Wir wissen, dass er an mehreren Morden beteiligt war, und ich glaube, dass wir nahe daran waren, ihn zu erwischen. Er hat seine Opfer mit einem Taxi ohne Lizenz aufgelesen, einem so genannten Zigeunertaxi. Wir haben das Fahrzeug gefunden. Ja, wir wissen über ihn Bescheid, Andrew.«
Jones faltete die dicken Finger und schürzte die Lippen. »Sie glauben, dass Shafer wusste, wie dicht Sie und Detective Hampton ihm auf den Fersen waren?«
»Er könnte es gewusst haben, aber er stand auch unter großem Druck. Er beging mehrere Fehler, die uns zu einer Wohnung führten, die er gemietet hatte.«
Jones nickte. Er schien eine Menge über Shafer zu wissen, was mir zeigte, dass auch er ihn beschattet hatte. Hatte er auch mich beschattet?
»Wie könnten Ihrer Meinung nach die anderen Spieler darauf reagieren, dass Shafer so sehr die Kontrolle verloren hat?«, fragte ich.
»Ich bin sicher, dass sie sich bedroht fühlen. Wem würde es nicht so ergehen? Shafer war für sie alle ein Risiko. Er ist es immer noch.« Jones hielt kurz inne. »Also, wir haben Shafer, der vermutlich hier in Washington Morde begangen und seine Fantasien im wirklichen Leben ausgelebt hat. Und Highsmith, der dies wahrscheinlich nicht könnte. Aber er könnte eine Art Spielleiter sein. Dann gibt es da noch einen Mann auf Jamaika, einen gewissen James Whitehead. Doch weder auf Jamaika noch auf einer der Nachbarinseln wurden Morde nach dem Muster der Jane Namenlos verübt. Das haben wir gründlich gecheckt. Und schließlich gibt es noch George Bayer in Asien.«
»Was ist mit Bayer? Ich nehme an, Sie haben auch ihn gründlich überprüft?«
»Selbstverständlich. In seinem Dossier steht nichts Besonderes – aber es gab da mal einen Vorfall, eine mögliche Verbindung, der man nachgehen sollte. Voriges Jahr sind in Bangkok zwei Mädchen spurlos verschwunden, die in Pat Pong in einer Striptease-Bar gearbeitet haben. Sie haben sich auf den lärmenden, von Menschen wimmelnden Straßen einfach in Luft aufgelöst. Die Mädchen waren sechzehn und achtzehn, Stripperinnen und Prostituierte. Man fand sie zusammengenagelt, Alex, in Missionarsstellung. Sie trugen nur Strapsgürtel und Strümpfe. Selbst im fröhlichen alten Bangkok hat das einen ganz schönen Wirbel gemacht. Klingt das nicht verdammt ähnlich wie die beiden Mädchen, die in Eckington ermordet wurden?«
Ich nickte. »Damit haben wir zumindest zwei ungelöste Jane Namenlos in Bangkok. Hat jemand Bayer verhört?«
»Bis jetzt noch nicht, aber er wird beschattet. Denken Sie daran, was ich vorhin gesagt habe. Über die Politik, die Angst vor einem Skandal. Gegen Bayer und die anderen wird ermittelt, aber uns sind bis zu einem gewissen Punkt die Hände gebunden.«
»Mir nicht«, erklärte ich Jones. »Sie wollten doch, dass ich das sage, nicht wahr? Das haben Sie doch erwartet? Deshalb wollten Sie sich heute Abend mit mir treffen.«
Jones wurde sehr ernst. »Genau so läuft es in der Welt, fürchte ich. Lassen Sie uns von jetzt an zusammenarbeiten.
Wenn Sie uns helfen … Ich verspreche Ihnen, dass ich alles in meiner Macht stehende tun werde, um herauszufinden, was Christine Johnson zugestoßen ist.«
D ie Verhandlung wurde schneller als erwartet wieder aufgenommen – bereits am darauf folgenden Mittwoch. In der Presse wurde darüber spekuliert, wie ernst die
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