Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alice Bhattis Himmelfahrt - Hanif, M: Alice Bhattis Himmelfahrt

Alice Bhattis Himmelfahrt - Hanif, M: Alice Bhattis Himmelfahrt

Titel: Alice Bhattis Himmelfahrt - Hanif, M: Alice Bhattis Himmelfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohammed Hanif
Vom Netzwerk:
hast gesagt, du hast vor mir noch nie eine Frau gekannt. Woher kennst du jetzt auf einmal diese Frauen und ihre besonderen Übungen?“
    Teddy hebt den Saum ihrer Tunika, fährt mit der Hand über ihren Bauch und umfasst dann den Teil, wo der Brustkorb in den leicht gewölbten Magen übergeht. „Ich kenne Leute, die Leute kennen, die Frauen kennen. Sie leben davon, flache Bäuche zu verkaufen. Jetzt einatmen.“
    Alice holt rasch und tief Luft. „Nein, nicht so“, ermahnt er sie und kneift sie spielerisch.
    Alice ist erregt, nicht durch die körperliche Berührung, sondern bei dem Gedanken, dass ihr frischgebackener Ehemann ihr das Atmen beibringt.
    „Du bist eine ausgebildete Fachkraft und weißt nicht, wie man atmet“, sagt ihr Mann und zieht mit den Fingerspitzen den Weg nach, den die Luft durch ihren Körper nimmt. Er beginnt an ihrer Kehle, führt dann die Hand langsam zwischen ihren Brüsten hindurch bis zu ihrem unteren Bauch. Sie atmet langsam ein. Er gibt ermunternde Laute von sich. „Jetzt die Luft anhalten und bis drei zählen“, sagt er, als sie nicht weiter einatmen kann. Er legt seine Hand direkt unter ihren Brustkorb. „Jetzt ausatmen“, sagt er, und sie atmet langsam aus. Ihr wird ein bisschen schwindlig, als die Luft aus ihren Lungen entweicht.
    Alice öffnet die Augen und sieht, dass Teddys Miene äußerst konzentriert wirkt, fast als versuche er, jemandem, der noch nicht tot ist, eine Kugel aus dem Kopf zu entfernen.
    „Beim Ausatmen musst du den Bauch einziehen, zuerst nach innen, dann nach oben.“ Er drückt ihren Bauch mit der flachen Hand nach innen, dann aufwärts, wie um ihn zu zwingen, hinter ihrem Brustkorb zu verschwinden. „Nein, nein, sobald du anfängst, ihn einzuziehen, musst du daran denken, dass du ihn auch nach oben ziehst. Die Bewegungen sollten ungefähr in der Mitte ineinander übergehen. Frauen können ja angeblich mehrere Dinge gleichzeitig tun, und du kannst nicht mal zwei Dinge mit deinem Bauch machen?“, sagt Teddy mit gespielter Entrüstung. Es kitzelt, und sie bricht in Lachen aus. „Schau her.“ Teddy hebt sein T-Shirt an, klemmt sich den Saum unters Kinn und atmet mit geschlossenen Augen. Beim Ausatmen zieht sein Bauch sich zurück, verschwindet hinter seinem Brustkorb und es entsteht ein Loch, das Alice an den Buddha in Askese erinnert. Oder war es Yasu, als er dann im Grab lag?
    Später liegt sie auf seiner Trainingsbank und hält, den Blick zur Decke gerichtet, mit gestreckten Armen die Hantelstange. Teddy steht über ihr. Er nimmt zwei Fünf-Kilo-Scheiben und schiebt auf jede Seite der Stange eine. Ihre Arme zittern ein wenig. Er bückt sich, legt ihr die Hände auf die Schultern und drückt sie fest auf die Bank. Er korrigiert ihre Haltung, spreizt leicht ihre Beine und richtet ihre Füße nach innen aus, dann presst er ihre Knie mit den Händen nach unten und fordert sie auf, anzufangen. Sie lässt die Arme sinken und bringt das Gewicht dann wieder mit voller Kraft nach oben. „Nicht so ruckartig“, sagt er. „Keine Eile. Du bist nicht in einem Wettkampf. Mach sie zu einem Teil von deinem Körper und bewege sie, wie wenn du ein Baby in den Schlaf wiegen würdest. Einfach sachte wiegen. Arme hoch, einatmen. Arme runter, ausatmen. Trag nicht du die Gewichte, lass dich von ihnen tragen.“ Jedes Mal, wenn sie die Stange hebt, spürt sie ein Ziehen im unteren Bauch. Ihre zitternden Arme stabilisieren sich. Er schaut ihr mit dem strahlenden Blick eines stolzen Vaters und der gespannten Aufmerksamkeit eines strengen Gurus zu. Ein Vogelschwarm flattert durch ihre Brust, sooft ihre Augen sich begegnen.
    Nachdem sie bis fünfundzwanzig gezählt hat, lässt sie die Stange sinken. Sie merkt, dass das Leuchten in seinen Augen erloschen ist, als wäre ihm plötzlich etwas eingefallen, das er versucht zu vergessen. Er reibt sich die Augen, wie jemand, der zu viel gesehen hat.
    „Du siehst erschöpft aus, dabei stemme doch ich das Gewicht“, sagt sie und wischt sich mit dem Saum seines T-Shirts die Brauen.
    Kommissar Malangi hat ihm einmal einen Vortrag darüber gehalten, wie man Frauen glücklich macht. Es sei die leichteste Übung der Welt. „Du brauchst ihr keine goldenen Armreifen, keine Seide, nicht mal Blumen zu schenken. Du brauchst keine Gedichte zu schreiben und ihr auch nicht die Füße zu massieren. Du musst ihr nur die Hand auf die Schulter legen, wenn sie es am wenigsten erwartet. Schau ihr in die Augen, wenn sie Gemüse hackt. Und sie freut sich

Weitere Kostenlose Bücher