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Alicia II

Alicia II

Titel: Alicia II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Thurston
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bril­lant. Das wirft sie um un­ge­fähr …«
    »Hör auf! Ali­cia, es ist un­mensch­lich.«
    »Das Er­neu­ern ist un­mensch­lich.«
    »Du sagst das mit all der Lie­be des Re­vo­lu­tio­närs zu hoh­len Sprü­chen.«
    »Ver­dammt, Voss, ich bin ein Re­vo­lu­tio­när! Ich will dar­an teil­ha­ben. Wenn ich könn­te, wür­de ich in die Tie­fe hin­ab­stei­gen und dir bei dei­ner Auf­ga­be hel­fen.«
    »Aber die mensch­li­chen Le­ben …«
    »Was für mensch­li­che Le­ben, ver­dammt noch­mal?«
    Ali­ci­as Au­gen fun­kel­ten vor Zorn. Sie wä­ren schön ge­we­sen, hät­ten wir über ein we­ni­ger wahn­sin­ni­ges The­ma ge­spro­chen.
    Ich ließ ei­ni­ge Au­gen­bli­cke ver­strei­chen, bis ich von neu­em er­regt wei­ter sprach.
    »Wir re­den hier nicht von ge­le­gent­li­chen At­ten­ta­ten, von Lei­chen auf der Stra­ße. Du hast ge­hört, daß Ben ge­sagt hat, es könn­ten Mil­lio­nen von Men­schen ge­tö­tet wer­den, Mil­lio­nen …«
    »Dar­in hast du un­recht, Voss«, er­wi­der­te Ali­cia. »Du denkst an sie im­mer als Men­schen. Als mensch­li­ches Le­ben. Aber das sind sie nicht, siehst du das nicht ein? Es sind die Über­bleib­sel von Lei­chen, die längst zu Staub zer­fal­len sind. Ihr Le­ben ha­ben sie ge­habt, man­che von ih­nen ha­ben mehr als ein Le­ben ge­habt, das weißt du. Es ist nicht das­sel­be wie Mord oder gar Mas­sen­mord. Die­se – nen­ne sie In­di­vi­du­en, wenn du willst, oder sonst­wie, nur nicht Men­schen oder Le­ben – sie al­le war­ten in ih­rer Pe­ri­ode der Dun­kel­heit dar­auf, daß je­mand an­ders er­mor­det wird, da­mit sie sei­nen Kör­per er­ben kön­nen. Du sprichst von Mas­sen­mord? Sie sind die Mör­der, je­der ein­zel­ne von ih­nen. Mas­sen­mord ist nicht das, was du ih­nen an­tust, es ist die Aus­lö­schung je­des Aus­ge­mus­ter­ten, der sein Le­ben hin­ge­ben muß, da­mit sie fünf oder sie­ben zu­sätz­li­che Jahr­zehn­te ge­win­nen. Es ist kein Mord, Voss. Mit kei­nem Ar­gu­ment kannst du mich da­zu brin­gen, die Eli­mi­nie­rung ei­ner Mil­li­on in­di­vi­du­el­ler Mör­der als ei­ne Art phi­lo­so­phi­schen Mas­sen­mords an­zu­se­hen.«
    »Du ver­stehst das nicht, du …«
    »Na­tür­lich ver­ste­he ich es. Ich ver­su­che ge­ra­de, dir klarzu­ma­chen …«
    »Dar­um geht es nicht ein­mal. Ich … es ist mir … ich kann nicht …«
    Ich hör­te auf zu re­den, ich fand nichts mehr zu sa­gen. Ich konn­te Ben und Ali­cia nicht ein­mal an­se­hen. Als ich es schließ­lich doch tat, war ich er­staunt, daß sich in ih­ren Ge­sich­tern kei­ne ko­chen­de Wut, kei­ne re­bel­li­sche Feind­se­lig­keit zeig­ten. Sie be­trach­te­ten mich mit ei­ner Freund­lich­keit, der sich wahr­schein­lich Sym­pa­thie bei­misch­te.
    Ich kam mir vor wie auf dem Zeu­gen­stand, und die Ju­ry war auf mei­ner Sei­te, wür­de je­doch trotz­dem ge­gen mich stim­men.
    »Voss«, sag­te Ben in sei­nem On­kel-Dok­tor-Ton, »ich weiß, was du denkst. Für mich ist es das glei­che. Es wi­der­spricht mei­nem Glau­ben, mei­nem Be­rufs­ethos. Ich ver­flu­che die Tat­sa­che, daß das Wort See­le in Mo­de ge­kom­men ist statt ei­nes ver­nünf­ti­ge­ren wie Psy­che oder Ani­ma. Aber Psy­che oder Ani­ma ha­ben nicht das glei­che emo­tio­na­le Ge­wicht. Man wuß­te schon, was man tat, als man sie gar nicht erst in Ge­brauch kom­men ließ. Es gibt kei­ne Al­ter­na­ti­ve zum Mas­sen­mord, und mir macht es gar nichts aus, un­se­re Tat so zu nen­nen. Ich zie­he es vor, an die Ma­te­rie in­ner­halb der Be­häl­ter als Men­schen, als Le­ben zu den­ken. Ich will sie tö­ten. Ich will nicht an die künf­ti­gen Le­bens­span­nen den­ken, an die mög­li­chen Bei­trä­ge zum Woh­le der Mensch­heit, die von die­sen ex­tra-spe­zi­el­len Er­neu­er­ten ge­leis­tet wer­den kön­nen, falls ich ih­re Exis­tenz nicht aus­lö­sche. Da­mit lie­fe ich in ei­ne der ideo­lo­gi­schen Fal­len, die all die Jah­re das Er­neu­ern ge­recht­fer­tigt ha­ben. Die we­ni­gen wert­vol­len Er­neu­er­ten müs­sen ge­op­fert wer­den, um der Mensch­heit als gan­zer wie­der Wert zu ge­ben. Nicht nur Wert, son­dern auch Hoff­nung und Kraft. Wir müs­sen in dem ein­zi­gen Le­ben, das uns

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