Alien Tango
Gerüchteküche aufgeschnappt?«
Es entstand eine lange Pause, in der Martini mit den Augen rollte,
flehentlich zum Himmel aufsah, als wollte er Gott bitten, ihn doch jetzt gleich
zu sich zu holen, und mit den Zähnen knirschte. »Natürlich war es nicht so.
Aber warum überrascht es mich so gar nicht, dass du anderen eher glaubst als
mir? In Ordnung, ich erzähle dir alles, wenn wir da sind, wann auch immer das
sein wird. Gott sei Dank, ich bin ja so froh, dass sich der Notfall noch nicht
erledigt hat, ich hätte ihn wirklich ungern verpasst. Ja, das war jetzt
sarkastisch gemeint. Nein, ich glaube nicht, dass das ihr Einfluss ist, ich war
schon früher sarkastisch, du hast es einfach nicht bemerkt.«
Noch eine lange Pause, während der er die Augen geschlossen hielt
und aussah, als hätte er Migräne. »Ja, da hast du recht, ich habe lieber bei
Tante Terry gelebt. Ihr Tod ist jetzt zwanzig Jahre her, wie schön, dass du
deinen Groll inzwischen überwunden hast. Nein, wirklich, ich will nicht zu
einem großen Familienessen kommen. Nie. Genau. Ja, in Ordnung, dann sehen wir
uns, sobald wir diese Sache hier erledigt haben. Nein, nicht mehr heute Abend.
Wenn es so weitergeht, dann frühestens morgen. Großartig. Denk doch bitte
daran, dass ich keinen Hackbraten mag. Ja klar, wir sehen uns etwa dreimal im
Jahr, Gott bewahre, dass du da etwas kochst, das ich mag. Ja, ich weiß, dass
dein Hackbraten in gleich zwei Universen berühmt ist. Bestimmt schmeckt er mir
dieses Mal.«
Längere Pause. »Ja, in Ordnung, ich weiß. Ja, natürlich, Christopher
auch. Das würde ich ihn doch auf keinen Fall verpassen lassen. Paul und James
sind auch dabei, und Tim, er ist ein menschlicher Agent, den du noch nicht
kennst. Ja, natürlich bringe ich sie alle mit, keiner soll doch den Hackbraten
verpassen. Ich hab dich auch lieb.« Er legte auf und hämmerte sachte mit dem
Kopf gegen die Wand.
Ich strich ihm über den Rücken. »Alles in Ordnung, Jeff?«
»Bitte versprich mir, dass du auch noch mit mir zusammensein willst,
nachdem du sie kennengelernt hast.« Wieder klang er entnervt und traurig.
»Das weißt du doch.«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, weiß ich nicht. Ich kann mir ehrlich
gesagt nicht vorstellen, dass du dann noch mit mir
zusammensein willst.« Er rieb sich die Stirn. »Vielleicht kann ich ja vorher
heldenhaft in diesem Einsatz sterben.«
»Ich will aber nicht, dass du stirbst.« Ich versuchte es zu
verbergen, doch sein Verhalten machte mir wirklich Sorgen.
Natürlich merkte er es trotzdem. Er zog mich in seine Arme und
drückte mich an sich. Ich legte den Kopf an seine Brust und streichelte ihm
wieder über den Rücken. »Es tut mir so leid«, sagte er schließlich. »Das wird
eine Katastrophe, und ich weiß einfach nicht, wie ich dich vor ihnen beschützen
soll.«
Ich rieb meine Nase an seiner Brust. »Auf dem College war ich mal
ganz kurz mit einem Typen zusammen, dessen Familie die größten Neonazis aller
Zeiten waren. Ich wusste nichts davon, bis er mich eines Tages mit zu sich nach
Hause genommen hat, um mich vorzustellen. Mein Onkel Mort, der von der Marine,
musste buchstäblich einrücken und mich mit einem kompletten Einsatzkommando
seiner Ledernacken da rausholen, weil ich Angst hatte, die würden mich
umbringen, sobald sie herausfanden, dass ich Jüdin bin. Ich kann mir wirklich
nicht vorstellen, dass deine Familie noch schlimmer sein kann.«
»Tja, stimmt wohl. Ich glaube nicht, dass jemand in meiner Familie
dich umbringen will.«
»Siehst du? Dann ist doch alles in Ordnung.«
»Gott, ich liebe deinen Optimismus.«
»Wie geht es dir so in empathischer Hinsicht?« Das war meine
verschleierte Art zu fragen, ob ich das Adrenalin bereithalten musste oder
nicht.
Martini seufzte. »Nicht berauschend, aber es wird schon gehen.«
»Ich hatte gehofft, der Einsatz würde dich nicht allzu
fertigmachen.« Die Sorge um ihn überwältigte mich, wie immer, wenn er auf einen
empathischen Zusammenbruch zusteuerte.
»Das ist es nicht, Kleines.« Martini umarmte mich noch fester.
»Ehrlich gesagt sind meine Eltern, besonders meine Mutter, schlimmer als jeder
Einsatz.«
»Tja, so sind Eltern eben manchmal.«
»Deine nicht.«
»Meine haben einfach akzeptiert, was ich tue und mit wem ich
zusammen bin.« Ich vertiefte mich mit allen Sinnen in die Vorstellung einer
Blume. Manchmal funktionierte das, und ich konnte auf diese Weise etwas vor
Martini verbergen. Und Blumen würden ihn wohl kaum darauf bringen, dass ich
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