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Alissa 2 - Die geheime Wahrheit

Alissa 2 - Die geheime Wahrheit

Titel: Alissa 2 - Die geheime Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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vertraute ihm vollkommen und beinahe mehr als sich selbst.
    Nur in einem Punkt waren sie immer uneins: wie schnell Alissa Fortschritte machte, aus ihrer Sicht nämlich viel zu langsam. Nutzlos begegnete jedem ihrer Argumente klug und so geschickt, dass sie sich jedes Mal fragte, warum sie es nicht von vornherein selbst so betrachtet hatte. Für Nutzlos würde sie geduldig sein, höflich und besonnen. Doch ihre neue Vernunft und Zumutbarkeit, wie Strell das nannte, reichten selten über die abgesenkte Feuerstelle im Garten hinaus. Sosehr sie sich auch bemühte, immer wieder ging ihr Temperament mit ihr durch. Strell hatte jedoch keine Schwierigkeiten mehr damit. Manchmal hätte sie sogar schwören können, dass er sie absichtlich reizte.
    »Tu es endlich, Pfeifer«, fauchte Bailic frustriert. »So schwierig ist das nicht!«
    Sie steckte den Finger in den Mund und sah Strell an. Er hatte die geballten Fäuste unter dem Tisch verborgen und versuchte, sich die unterdrückte Wut nicht anmerken zu lassen. Alissas Blick glitt zu seiner verstümmelten rechten Hand, als sie glaubte, in seiner Haltung auch ein wenig Furcht zu erkennen. »Ich versuche es ja«, stieß Strell gepresst hervor. »Wenn Ihr mir zeigen würdet, was Ihr von mir wollt, könnte ich es vielleicht verstehen.«
    Bailic rieb sich über das extrem kurz geschnittene Haar. Abrupt fuhr er herum und trat an den Tisch, auf dem er nun stets ihr Buch liegen ließ, so nahe, dass es sie fast verrückt machte. Er ignorierte das Buch, öffnete eine Schublade und nahm eine kleine Schachtel heraus. Mit drei raschen Schritten stand er am Fenster, legte sie auf die Bank und öffnete den Deckel.
    Alissa legte ihre Nadel beiseite und beugte sich vor, um den Inhalt zu sehen. Staub? , dachte sie erstaunt. Es war tatsächlich Staub, genau der Staub, gegen den Hausbedienstete ihr Leben lang ankämpften. Abgesehen von den Stallungen hatte sie keinen Staub mehr gesehen, seit sie von zu Hause aufgebrochen war. Die anderen Räume der Feste wurden allnächtlich durch einen noch immer wirkenden Bann vom Staub befreit. Doch hier war ein Schächtelchen voll davon.
    Bailic nahm eine kräftige Prise, schloss den Deckel und blies unter Alissas erstauntem Blick den Staub in die Luft. Die Sonnenstrahlen, die durch die hohen Fenster hereinfielen, füllten sich plötzlich mit einem atemberaubenden Glitzern. »Pass auf«, herrschte Bailic Strell an, ein barscher Gegensatz zu dem Augenschmaus, den er durch den Staub geschaffen hatte. Ohne Vorwarnung drängte sich ein Teil eines Sonnenstrahls zu einer kleinen Kugel zusammen, als der Staub darin unter dem offensichtlichen Einfluss eines Feldes zusammengepresst wurde. Ebenso plötzlich wurde er wieder befreit; die Staubkörnchen tanzten wieder in der Sonne. »Jetzt du«, befahl Bailic, setzte sich steif auf die Bank und beobachtete Strell und Alissa mit scharfem Blick.
    Strell seufzte und starrte auf die schimmernden Streifen Sonnenlicht.
    Aufregung durchfuhr Alissa. Sie hatte die Erlaubnis; sie konnte Strell helfen. Einen Moment lang dachte sie darüber nach, wie sie es am besten anstellen sollte. Es war ja nur ein Feld. Staub war etwas anderes als Seidenpflanzen-Samen, aber so anders nun auch wieder nicht. Sie bemühte sich, interessiert, aber nicht allzu konzentriert dreinzublicken, und richtete ihr Bewusstsein auf ein bestimmtes Stückchen eines Sonnenstrahls aus. Ihr Feld schrumpfte darum herum und gewann an Schärfe. Eine Kugel voll schillerndem Staub hing in der Luft wie ein Fleckchen Sonne. »Strell!«, rief sie und ließ gleichzeitig das Feld wieder fallen. »Du hast es geschafft!«
    »Ich habe es geschafft!«, sagte er mit weit aufgerissenen Augen. »Ich habe es tatsächlich geschafft!« Er lächelte, und Alissa strahlte vor Stolz.
    Bailic rutschte auf der harten Bank ein Stück beiseite. »Es hat ganz den Anschein.« Erneut öffnete er die Schachtel, nahm eine Handvoll Staub heraus und schleuderte ihn in die Luft. Das Sonnenlicht glitzerte auf dem feinen Pulver. Die Körnchen waren zu leicht, um sogleich herabzusinken; sie trieben und tanzten durch die Luft und verliehen dem Raum einen besonderen Schimmer.
    Ein Feld formte sich, größer als alle, die Alissa jemals gehalten hatte – es umfasste beinahe den gesamten Raum. Es schrumpfte rasch zusammen, und Alissa erschauerte, als sie sich einbildete, dass es mit einem unheimlichen Gefühl durch sie hindurchglitt. Bald war es nicht mehr viel größer als ein Kürbis. Sie dachte, Bailic sei

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