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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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erneut ging ein aufgeregtes Raunen durch die Menge. Und dann schritten wir durch eine lange Gasse, die zu dem freien Platz rechts von uns führte, Seite an Seite die beiden Königinnen. Hinter ihnen kamen ein paar Adelige des Hofes, darunter auch der große Fürst Nasta, und dann folgte eine Leibwache, bestehend aus etwa fünfzig Soldaten. Der Anblick der letzteren ließ mich erleichtert aufatmen. Bald hatten sie alle auf dem freien Platz ihre Position eingenommen; die beiden Königinnen in vorderster Reihe, links und rechts neben ihnen die Höflinge, und dahinter in einem doppelten Halbkreis die Gardisten.
    Wieder herrschte für einen Augenblick absolute Stille. Ich sah, wie Nylephta plötzlich aufblickte und versuchte, meinen Blick auf sich zu ziehen; sie schien mir mit ihrem Blick irgend etwas mitteilen zu wollen, und ich folgte mit meinen Augen so unauffällig wie möglich den ihrigen. Ihr Blick wanderte langsam hinunter an die Stelle, wo sich die Bodenplatte aus Messing befand, auf deren äußerster Kante wir standen. Dann machte sie mit dem Kopf eine leichte, kaum merkliche Seitwärtsbewegung. Ich verstand nicht sogleich, was sie damit sagen wollte, und sie wiederholte die Bewegung. Diesmal glaubte ich, daß sie uns sagen wollte, daß wir von der Bodenplatte zurücktreten sollten. Ein weiterer Blick, und ich war ganz sicher – die Messingplatte bedeutete Gefahr für uns! Sir Henry stand rechts von mir, Umslopogaas links. Ohne meinen Blick, der geradeaus auf den Altar gerichtet war, abzuwenden, flüsterte ich leise und unauffällig zuerst auf Zulu und dann auf englisch, daß sie langsam, Zoll für Zoll, zurücktreten sollten, bis ihre Schuhe den festen Marmorboden erreicht hätten, der sich unmittelbar an die Kante der Messingplatte anschloß. Sir Henry flüsterte die Nachricht Good zu, und dieser gab sie an Alphonse weiter, und dann schoben wir uns langsam, unendlich langsam, zurück; wir gingen dabei in der Tat so behutsam vor, daß niemand, abgesehen von Nylephta und Sorais, die aus den Augenwinkeln unser Zurückweichen verfolgten, auch nur das geringste mitbekam. Als wir weit genug waren, schaute ich wieder Nylephta an, und ich sah, daß sie mit einem kaum merklichen Nicken ihrer Befriedigung Ausdruck gab. Agon hatte die ganze Zeit über tief versunken den Altar angestarrt; vermutlich befand er sich in einem Zustand kontemplativer Ekstase, und ich hatte meinen Blick auf sein Kreuz geheftet, ebenfalls in einem – wiewohl ganz anders gearteten – Zustand der Ekstase. Plötzlich warf er seine langen Arme hoch, und mit feierlicher, bebender Stimme verfiel er in eine Art liturgischen Gesang. Der Bequemlichkeit halber möchte ich hier eine grobe, aber wirklich sehr grobe Übersetzung dieses Gesanges beifügen, obwohl ich natürlich zu dem Zeitpunkt die Bedeutung des Inhaltes überhaupt noch nicht verstand. Es war ein Bittgesang an die Sonne, der ungefähr wie folgt lautete:
     
    Es herrscht Stille über der Erde und über den Wassern!
    Fürwahr, die Stille brütet über den Wassern wie der Vogel in seinem Nest;
    Die Stille schlummert auch auf dem Busen der tiefen Finsternis. Nur hoch oben im All spricht Stern mit Stern.
    Die Erde ist ohnmächtig und schwach vor Sehnsucht und naß von den Tränen ihres Verlangens;
    Die sternenumgürtete Nacht umarmt sie, aber sie kann ihr keinen Trost spenden.
    Sie liegt gehüllt in die Tücher des Nebels wie der Leichnam im Totengewand.
    Und sie streckt ihre blasse Hand gen Osten.
    Und siehe! Weit hinten im Osten erhebt sich der Hauch eines Lichtes;
    Die Erde erblicket das Licht und erhebt sich. Sie schaut über den Rand ihrer hohlen Hand hinweg.
    Und dann erheben sich Deine mächtigen Engel von Deiner Heiligen Stätte, o Sonne,
    Sie werfen ihre flammenden Speere in den Leib der Dunkelheit und machen ihn schrumpfen.
    Sie erstürmen den Himmel und stürzen die bleichen Sterne von ihrem Thron;
    Ja, sie schleudern die unbeständigen Sterne zurück in den Schoß ihrer Mutter, der Nacht;
    Sie lassen den Mond erblassen, so daß sein Gesicht matt und bleich wird wie das Antlitz eines sterbenden Menschen,
    Und siehe da! Du erscheinst in all deiner Pracht, o Sonne!
     
    Oh, Du Schöne, die Du gehüllet bist in ein Gewand aus Feuer!
    Der unendliche Himmel ist Deine Straße; Du rollst über sie hin wie ein Triumphwagen.
    Die Erde ist Deine Braut; Du küssest sie, und sie gebiert Dir ihre Kinder;
    Ja, Du bist der allmächtige Vater und der Spender allen Lebens, o Sonne!
    Die kleinen Kinder

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