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Alle Familien sind verkorkst

Alle Familien sind verkorkst

Titel: Alle Familien sind verkorkst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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Nichts. Alles weg.«
    »So einfach kann das nicht sein.«
    »Fast. Ich muss Ihnen noch ein oder zwei Spritzen mit einem Serum aus Cissys Plasma geben. Aber im Grunde ist es weg. Es ist tatsächlich so einfach.«
    »Ich -«
    »Ja, Janet?«
    »Ich -«
    »Wie fühlen Sie sich, Janet?«
    »Ich fühle mich wie nicht von dieser Welt.«
    »Schwerelos?«
    »Nein - anders.«
    »Wie denn?«
    »Wie weißes Licht. Ich fühle mich wie ... die Sonne.«

26
    Auf dem Tisch standen fünfzehn Desserts, und Janet platzte fast, nachdem sie zwei davon verdrückt hatte. Außerdem war ihr immer noch schwummerig von dem Bluttausch mit Cissy. Sie sagte: »Florian, ich will Sie nicht anlügen. Der Brief, den ich Ihnen geben wollte, ist eine Fälschung.«
    Florian erstarrte für einen Moment. »Ich bin froh, dass Sie mir das gesagt haben, Janet, denn dann hätten wir keine Freunde bleiben können.«
    »Warum wollen Sie den Brief unbedingt haben, Flor? Sagen Sie 's mir - warum?«
    »Was glauben Sz'e?!«
    »Weil - weil Sie früh Ihre Mutter verloren haben. Weil Sie offenbar alles Englische lieben, und ich schätze, mit dem Kauf dieses Briefes versucht man als anglophiler Reicher, diese Energien und Emotionen zu kanalisieren.«
    »Sehr gut, Janet. Meine liebe Maman fehlt mir tatsächlich, aber das ist nicht der Grund, weshalb ich diesen Brief will oder die Karte - oder was immer da auch drin ist.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Janet, das, was ich wirklich haben will, ist der Umschlag. «
    »Wie bitte?«
    »Oh, ich bin sicher, die Karte darin ist der Inbegriff von Liebe und Unschuld, aber mir geht es nur um den Umschlag.«
    »Florian, was reden Sie da?«
    »Janet, denken Sie doch mal an den Vorgang des Briefeschreibens. Jemand muss an diesem Umschlag geleckt haben, oder? Und ich glaube kaum, dass Lecken eine Aufgabe ist, mit der man irgendeinen beliebigen Menschen betraut, geschweige denn den Butler oder gar Daddy.« »Und?«
    »Im Klebstoff des Umschlags, Janet, ist eine beträchtliche Anzahl von stabilen, unversehrten somatischen Zellen eingelagert.«
    »Somatische Zellen?«
    »Nichtgeschlechtliche Zellen - weder Spermien noch Eizellen. In ein paar Jahren - nicht jetzt gleich natürlich, aber in ein paar Jahren - wird es, so unaufhaltsam, wie CDs Vinyl-Platten ersetzt haben, beinahe lächerlich einfach sein, Säugetiere - egal welche - aus somatischen Zellen zu klonen. Man muss diese Zellen nur in die richtige Nährlösung legen, und fertig ist der Retortenprinz. Ihre Tochter führt, glaube ich, an Bord der Raumfähre Tests durch, die auf dieses Verfahren abzielen. Die Welt ist wirklich klein.«
    »Ich ... ich bin überwältigt, Flor.«
    »Es ist bestimmt nicht leicht, das alles auf einmal zu verdauen. Übrigens, ist der Start immer noch für übermorgen um 7 Uhr 40 geplant?«
    »Ja.«
    »Bravo.« Florian sah Cissy an. »Bist du satt, Schatz?«
    »Mir reicht es.« Cissy war es zufrieden, einfach dazusitzen und ihre frisch verletzte Handfläche zu betasten.
    Janet tauchte ihre Zunge tief in die Bodenmulde des Martiniglases, um den letzten Tropfen Gin herauszuschlecken. Sie blickte auf. »Es kann doch nicht so schwer sein, königliche Kopf schuppen zu kaufen, Florian.«
    »Doch, Janet, das ist es - wie schön, dass Sie wie eine Geschäftsfrau denken. Aber die Verfügbarkeit von Zellen ist nur die Hälfte des Problems.«
    »Was ist die andere?«
    »Die andere Hälfte sind die Telomere.«
    »Hä?«
    »Die menschliche DNS sieht aus wie ein Schnürsenkel, Janet, und an jedem Ende sitzen kleine Kappen namens Telo mere. Je nachdem, was für Gene Ihre Familie besitzt - oder ob Sie eine hundertvierzehnjährige Französin sind, die jeden Tag ein Glas Rotwein trinkt - fransen die Telomere nach ungefähr siebzig Jahren aus. Ihre DNS löst sich auf, Sie altern, und Sie sterben.« »Und?«
    »Das Problem ist, wenn ich zum Beispiel Sie klonen würde, Janet - und glauben Sie mir, im Moment wird in Laboren auf der ganzen Welt geklont wie verrückt -, wären die Telomere des daraus resultierenden Babys bereits sechzig Jahre alt und entsprechend verschlissen.«
    »Fünfundsechzig.«
    »Also hätten wir praktisch ein fünfundsechzig Jahre altes Baby. Das heißt, je jünger die Zellen sind, die ich zu fassen kriege, desto wertvoller werden sie. Capisce?«
    »Ja, ich capisce.«
    »Und darüber hinaus dienen mir diese Zellen als Muster, anhand dessen ich in Zukunft weitere prinzliche Zellen verifizieren kann.«
    »Natürlich.«
    Als Anmerkung fügte Florian hinzu:

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