Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle meine Schaefchen

Alle meine Schaefchen

Titel: Alle meine Schaefchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Holgate
Vom Netzwerk:
hatte gerade gebadet, ihre Wangen waren noch leicht gerötet, und das Haar hatte sie oben auf den Kopf gesteckt — sie sah zauberhaft jung aus.
    »Wenn die Rinder verkauft werden, mußt du mir alles geben, was über hundertdreißig Pfund hinausgeht«, sagte sie mit Bestimmtheit und ließ mich gar nicht erst zu Wort kommen.
    Ein merkwürdiges Ansinnen, denn wir hatten doch ein gemeinsames Bankkonto... oder vielmehr waren wir gemeinsam in den roten Zahlen.
    »Warum?«
    »Weil wir unbedingt Urlaub machen müssen. Und alles, was auf das Konto geht, wird irgendwie verschluckt.«
    »Und was willst du damit machen?«
    »Ich steck’s in einen Strumpf und versteck’ es unter der Matratze.«
    »Na, mit dem Geld, das wir von den Rindern einnehmen, werden wir nicht weit kommen«, lachte ich.
    »Mag sein...« pflichtete sie mir bei. »Wahrscheinlich nicht. Aber es soll ja auch erst der Anfang sein von unserem Spezialfond.«
    »Unserem...?«
    »Von Vicky und mir. Hast du geglaubt, ich würde einen Alfie hier irgendwo in den Gebäuden verstecken?«
    »Nein, natürlich nicht«, mußte ich ihr jetzt beipflichten.
    »Na, sei man nicht so sicher, Farmer Holgate«, sagte sie mit einem schelmischen Augenzwinkern. »Wir sind uns also einig?«
    Wir waren uns einig.
     
    Der Tag, an dem die Auktion stattfinden sollte, fing schlecht an. Schwerfällig trotteten die ersten Kühe in den Melkstall und nahmen ihre üblichen Positionen ein. Mit unserem System konnten wir sechs Kühe nebeneinander in einer Reihe aufstellen, und drei konnten dann gleichzeitig gemolken werden, und zwar floß die Milch in Kannen, die an Waagen mit Zifferblättern herabhingen. Das Gewicht der Milch wurde angezeigt. Eine volle Fünfundvierzig-Liter-Kanne hatte das Gewicht von hundert Pfund Milch.
    Ich trieb sie hinein, hängte hinter ihnen die Ketten ein und stellte den elektrischen Motor an, der die Melkmaschine antrieb. Nichts geschah: er gab keinen Laut von sich! Nachdem ich erfolglos an allem herumgefummelt hatte, was mir nur einfiel, und auch umsonst die Zündungen ausgewechselt hatte, holte ich den kleinen Dieselmotor herbei, der für derartige Pannen vorgesehen war. Nach der Art vieler mit Benzin betriebener Rasenmäher mußte man auch diesen mit einem Zugseil anlassen. Aber in diesem Moment, wo ich ihn so notwendig brauchte, brachten meine Anstrengungen nichts als ein kurzes feuchtes Keuchen zustande. Die Zeit drängte. Die Kühe fingen an, unruhig zu werden und schoben sich hin und her. Ich versuchte es noch einmal: Der Motor hustete, begann sich zu drehen, lief während einiger Sekunden und hörte dann auf. Das brachte mich derart in Wut, daß ich heftig gegen den elektrischen Motor trat. Meinen Zeh durchzuckte ein stechender Schmerz — aber es hatte sich gelohnt. Denn als ich nochmals auf den Anlasser drückte, sprang der Motor tatsächlich an.
    Als ich oben an meinem Stand ankam, war der Milchwagen bereits da und wartete. Mir war das äußerst peinlich, denn man durfte Jock einfach nicht aufhalten.
    »Hatte Ärger mit dem Motor«, erklärte ich ihm.
    Seine eine Augenbraue ging in die Höhe, aber dann lachte er plötzlich laut über meinen Ausdruck im Gesicht.
    »Gräm dich nicht deswegen; noch bevor ich mit meiner Tour fertig bin, werd’ ich noch unpünktlicheren Leuten mit noch schlimmeren Ausreden begegnet sein.«
    Ich sah ihm nach, als er davonfuhr.
    Am Abend vorher hatten wir den rostroten Jungstier und seine Kumpane in ein gesondertes Gehege gebracht, damit wir sie leichter beisammenhalten konnten. Mit dem Verkauf würde man zwar nicht vor elf Uhr beginnen, aber es war ratsam, das Vieh weit vor dieser Zeit in die Verkaufsboxen zu schaffen, damit interessierte Käufer es sich in aller Ruhe ansehen konnten. Es sei denn, man hatte etwas zu verheimlichen.
    Das Aufregende einer solchen Auktion milderte für Nick und Vicky den Schmerz über Ferdinands Verlust etwas. Während ich frühstückte, halfen sie John, die Jungstiere zu striegeln und zum Abmarsch fertig zu machen. Als wir aufbrachen, zeigten die Uhrzeiger zehn nach zehn.
    Alles verlief glatt, bis wir die Hälfte des Weges zurückgelegt hatten. Plötzlich rief John, der mit seiner Schwester hinterherlief, während ich mit Nick vorausging: »Ho! Anhalten!«
    »Was ist los?«
    »Ferdinand hinkt sehr stark.«
    Der rostrote Jungstier vermochte kaum noch, seinen rechten Hinter huf auf den Boden zu stellen. Wie ein verkrüppeltes Tier stolperte er herum.
    »Was ist denn passiert?«
    »Ich hab’ nichts

Weitere Kostenlose Bücher