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Alle meine Schaefchen

Alle meine Schaefchen

Titel: Alle meine Schaefchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Holgate
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sie und schlief sofort wieder ein.
    Am nächsten Morgen kam Ellis, der Kuhspezialist und mein Mentor in Kuhfragen, um sich die Patientin anzusehen.
    »Du hast Glück gehabt. Ich hab’ schon Kühe erlebt, die die Besinnung verloren haben und dann durch ihre Halsketten erdrosselt wurden.«
    »Was hältst du von ihr?«
    Nachdenklich kniff er sich die Nase. »Sieht nicht besonders gut aus, Jacky, nicht besonders gut. Vielleicht erholt sie sich wieder, wenn das Wetter besser wird. Doch manchmal muß man sich eben damit abfinden, daß sie nie wieder richtig auf die Beine kommen.«
    Es sah ganz so aus, als würde uns das knochige kleine Kälbchen teuer zu stehen kommen.
    »Wollt ihr es behalten?« fragte Ellis, als er das kleine Tier erblickte.
    »Wer würde es jetzt kaufen wollen? Es sieht aus, als hätte es eine Hungersnot gegeben. Wir werden versuchen, es großzuziehen. Nächstes Jahr werden wir es auf der Auktion an der >Schmiede< anbieten.«
    »Schade, daß es keine Färse ist.«
    »Das bedaure ich auch.«
    Auch wenn ich blind war für die Qualitäten des Kälbchens, die Kinder waren es keineswegs. Sie machten es zu ihrem Schmusetier. In einem Aufsatz für die Schule beschrieb Vicky in allen Einzelheiten seinen Charme: >Seine Mutter, Whitey Cow, starb fast daran, als es auf die Welt kam<, schrieb sie. >Mein großer Bruder hätte es lieber gesehen, wenn es eine Färse geworden wäre. Mein Vater behauptet, daß es Beine wie Streichhölzer habe, und auf seinen Rippen könne man Klavier spielen. Aber Nick und ich finden, daß es sehr süß ist. Wenn wir William rufen, kommt er angelaufen. Ganz schnell trinkt er seine Milch und hat wunderschöne große Augen. Mein Vater sagt, wir verhätscheln ihn.<
    Sie erhielt dafür eine Zwei plus und einen Goldstern.
     
    Etwa zwei Wochen nach ihrem Zusammenbruch ließen John und ich Whitey wieder zur Herde zurück. Es war jetzt milder draußen geworden, und die übrigen Kühe hatten bereits seit einigen Tagen von dem Frühlingsgras gekostet. Es spielt keine Rolle, wie oft man dieses Schauspiel bereits beobachtet hatte: Immer wieder ist es ein besonderer Tag auf dem Kalender der Bauern, wenn die Kühe nach einem langen Winter im Stall wieder auf die Weiden getrieben werden.
    Normalerweise wäre die große Friesenkuh gieriger als alle anderen nach dem zarten jungen Gras gewesen. Aber jetzt trottete sie langsam zurück zu ihrem Gehege auf dem Hof und war es zufrieden, von dem dort gestreuten Heu zu fressen, während die anderen davoneilten, um sofort nach dem Melken das Grasen auf der Frühlingsweide zu genießen. Ihr Benehmen war besorgniserregend und gar nicht nach ihrer Art.
    Ich verdächtigte das arme Mädchen, zu simulieren: War nicht eine eigene Wohnung mit Zimmerservice viel reizvoller als die Gesellschaft von zwanzig drängelnden Kühen? Im Verlauf des Jahres sollte sich herausstellen, daß ich unrecht hatte, dem armen alten Mädchen nicht diese kleine Bequemlichkeit zu gönnen. Aber glücklicherweise sind wir ja nicht in der Lage, in die Zukunft zu schauen.
    »Wenn sie erstmal auf den Geschmack gekommen ist, wird’s anders aussehen«, sagte John und gab der Kuh einen freundlichen Klaps auf die Flanke. Dann schloß er das Gatter zur Weide hinter ihr. »Aber wie dem auch sei, während der nächsten paar Tage ist sie nur dein Problem. In einer Stunde werde ich vor der >Schmiede< abgeholt. Fröhliche Ostern!«
    Glücklicher Junge: Auf der Insel Wight würde er ein Rugby-Wochenende verbringen.
     

16.

Das Karfreitag-Schwein und ein Osterei
     
    Bald nachdem John uns wegen seines Rugby-Urlaubs verlassen hatte, verschlechterte sich unsere Lage ungemein. Von allen Sorgen befreit, Schuhe und Tasche über die Schulter geschwungen, achtzehn Jahre jung und froh, der Familie und den Pflichten einmal entwischen zu können — so machte John sich auf den Weg. Vielleicht hatte sich die Sonne entschieden, mit ihm gemeinsam zur Isle of Wight zu ziehen, denn der Himmel sah immer grauer aus, und die Temperatur sank merklich ab.
    Als ich abends den Melkstall und die Gerätschaften reinigte, kam Shirley herbei und rümpfte die Nase. »Es riecht hier wie in einem Waschsalon.«
    Sie hatte recht aufgrund des Dampfes aus dem Kessel, des Geruchs nach Waschmittel und des Hypochlorit, das man zum Sterilisieren der Apparate benutzte.
    »Allerdings würden wir wohl mit einer Wäscherei mehr verdienen als jetzt«, erwiderte ich.
    »Macht nichts. Zumindest hält es dich sauber. Abendessen in einer halben

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