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Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition)

Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition)

Titel: Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Zapperi
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Tröstungen ihres Herzensfreunds verzichten musste, ergab sie sich in ihr Schicksal und ertrug fortan ergeben die Unfreundlichkeiten ihres Mannes. In zwei Briefen versicherte sie sogar, ihn aufrichtig zu lieben. Die neue Harmonie zwischen den Eheleuten trug sicher dazu bei, bei den Biographen die rosa Mär ihrer Liebe zu verankern. Der Schluss aus dieser ganzen Geschichte kann nur sein, dass Mengs Winckelmann mit seiner Fälschung für die liebevolle Zuwendung an seiner Frau bestrafen wollte. Mit dem gewählten Sujet, für das es kein Vorbild in der antiken Ikonographie gibt, zielte Mengs auf die Homosexualität seines Freundes und hatte damit Erfolg, denn Winckelmann war vom homoerotischen Inhalt des falschen antiken Gemäldes fasziniert. In einem Brief an Muzel-Stosch vom 15. Dezember 1760 beschrieb er es diesem mit den begeisterten Worten: «Es ist Jupiter welcher den Ganymedes küßet in Lebensgröße, ja der Bardasse ist in der Größe eines schönen wohlgebildeten jungen Menschen von Achtzen Jahren.» «Bardasse» leitet sich vom italienischen Wort «bardassa» her, was Lustknabe bedeutet – wie der, mit welchem Giacomo Casanova Winckelmann einmal überrascht hatte. Mengs hatte wahrscheinlich Winckelmanns Brief an seine Frau gelesen und sich darüber sehr geärgert. Der ganze Ton regte ihn auf. Wie konnte der Freund seine Frau wie eine Dame behandeln, während er selbst die Tochter eines Müllkehrers, die er hatte heiraten müssen, von Herzen verachtete? Auch die angeheirateten Verwandten, denen Winckelmann Grüße schickte, ertrug er nicht. Er wollte nichts von ihnen wissen und war verärgert, dass Winckelmann sich ihnen gegenüber so freundlich zeigte. Das falsche antike Gemälde wurde im September 1760 in der Öffentlichkeit bekannt, also zwei Jahre nach der Abfassung von Winckelmanns Brief an Margherita. In diesem Zeitraum muss es entstanden sein und es war zweifellos die Reaktion auf Winckelmanns Schreiben. Nur dieser Brief kann einen so großen Affront gegenüber einem geliebten Freund erklären.

12.
Der Marquis de Sade und die Statue der heiligen Cäcilia
    Donatien-Alphonse-François, Marquis de Sade, der Schriftsteller, welcher der Perversion des Sadismus den Namen gab, reiste zweimal nach Italien, 1772 und 1775/76. Der erste Aufenthalt war nur kurz, das zweite Mal blieb Sade dagegen fast ein ganzes Jahr. Bei beiden Reisen handelte es sich in Wirklichkeit um eine Flucht. 1772 feierte der zweiunddreißigjährige Marquis in Marseille eine Orgie mit fünf Prostituierten, denen er Konfekt mit einem starken Aphrodisiakum zu kosten gab. Drei von ihnen aßen davon so viel, dass sie schwer erkrankten. Unter der Anklage der Giftmischerei wurde Sade in Aix-en-Provence vor Gericht gestellt und am 3. September 1772 wegen dieses Delikts und Sodomie zum Tod verurteilt. In Abwesenheit allerdings, weil der Marquis in der Zwischenzeit mit seiner Schwägerin Anne-Prospère de Launay, seiner damaligen großen Liebe, nach Venedig geflohen war. 1775 veranstaltete er wiederum eine Orgie mit ein paar sehr jungen Mädchen im eigenen Schloss La Coste, was ihm aufs Neue eine Anzeige bei der Polizei einbrachte, worauf er sich der drohenden Verhaftung noch einmal durch die Flucht entzog. Beide Male reiste Sade deshalb inkognito unter dem Decknamen Comte de Mazan. Dieses Tarnmanöver schützte ihn indes nicht sonderlich, denn die französische Polizei kam ihm schnell auf die Spur und setzte ihm während der zweiten Reise Spitzel auf die Fersen, die ihre Oberen über jede Bewegung des Marquis detailliert informierten. Diese zweite italienische Reise gab Sade immerhin Gelegenheit, sein literarisches Talent auf die Probe zu stellen und sich am Genre der Reisebeschreibung zu versuchen, das damals groß in Mode war.
    Nach seiner Rückkehr nach Frankreich im Juni 1776 wurde Sade im Februar 1777 in Paris verhaftet und in der Festung Vincennes eingekerkert, von wo aus er im Mai 1778 nach Aix-en-Provence überführt wurde, um sich vor dem dortigen Parlament zu verantworten. Er erreichte, dass das Todesurteil aufgehoben wurde, und kam wieder auf freien Fuß. Die Freiheit dauerte jedoch nur neununddreißig Tage. Über seinem Haupt schwebte eine von seiner Schwiegermutter, der Présidente de Montreuil, bewirkte Lettre de cachet , aufgrund derer er am 26. August 1778 erneut verhaftet und in die Festung Vincennes zurückgebracht wurde. Hier nahm er die Arbeit an dem schon in Italien begonnenen Bericht über seine Italienreise wieder

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